Es war alter Baumbestand, der unter Schutz stand und doch weichen musste - das trotz zahlreicher Proteste.

In Lankwitz ziehen die ersten Flüchtlinge ein

Nach einigen Verzögerungen wurde die Unterkunft für Flüchtlinge an der Leonorenstraße eröffnet. 200 Bäume mussten dafür gefällt werden.



Berlin. Am Montagmittag war es noch still in den vier Häusern an der Lankwitzer Leonorenstraße. Das wird sich noch in dieser Woche ändern. Thomas Mampel, Geschäftsführer des Stadtteilzentrums Steglitz, wartet jeden Moment darauf, dass die ersten Bewohner die Auffahrt heraufkommen. Die Betten sind bezogen, alles ist bereit.
Etwas zurückgesetzt und von der Straße nicht sichtbar sind im Park hinter einem Seniorenheim modularen Unterkünfte für Geflüchtete (MUF) mit insgesamt 440 Plätzen entstanden.

200 Bäume mussten dafür gefällt werden, eine Bürgerinitiative hatte lange gegen die Fällungen protestiert – ohne Erfolg. Das Land beharrte darauf, dass die Plätze dringend gebraucht werden.

Lankwitzer Leonorenstraße: Teil des Fraenkel-Parks musste verschwinden

Ein Teil des Parks, den der jüdische Mediziner James Fraenkel (1859–1935) im Jahr 1907 angelegt hatte, ist nun verschwunden. Dafür gibt es jetzt ein kleines übersichtliches Quartier mit grauen Gebäuden, Innenhof und Spielplatz. „Es ist ansprechend geworden“, sagt Mark Weinrich. Er wohnt in der Nachbarsiedlung und hatte sich vor zwei Jahren in der Bürgerinitiative engagiert, um Park und Bäume zu retten. Jetzt ist er zur Eröffnung gekommen und angenehm überrascht. Mit der Bauausführung sei er zufrieden, sagt er während er sich auf dem Gelände umschaut. „Und sie sind durchaus auf einige Wünsche der Bewohner eingegangen“, so Weinrich. Als Beispiel nennt er die Laternen, die nun so angebracht wurden, wie es Anwohner vorgeschlagen hatten.









Seit Dezember 2018 ist die Unterkunft komplett bezugsfertig. „Seitdem sitzen wir in den Startlöchern“, sagt Thomas Mampel. Das Stadtteilzentrum Steglitz hatte sich um den Betrieb der Flüchtlingswohnungen beworben und den Zuschlag erhalten. Es dauerte aber noch drei Monate bis die Zufahrtsstraße fertiggestellt war und die Möbel angeliefert werden konnten. Seit Anfang April ist die Hälfte des Personals vor Ort, darunter Sozialarbeiter, Hauswirtschafts-Mitarbeiter und der Hausmeister. Sie verteilen sich künftig auf 16 Stellen.

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216 Wohneinheiten für Flüchtlinge gibt es in dem „MUF“ in Lankwitz

Für die Bewohner der Unterkunft wird künftig auch ein Psychologe im Einsatz sein. „Das ist das Besondere an diesem Standort“, erzählt Iris Plas von der Teamleitung Sozialdienst auf einem Rundgang durch Zimmer und Apartments. Insgesamt gibt es 216 Wohneinheiten, darunter Ein-, Zwei- und Vier-Bett-Zimmer. Immer 16 Personen auf einer Etage teilen sich die Bäder und die Küche. 24 Apartments für jeweils vier Personen sind mit eigenen Kochgelegenheiten und Sanitäranlagen ausgestattet – dort sollen Familien und Menschen mit Behinderungen leben. Für alles ist gesorgt: Geschirr, Handtücher, Besen, Eimer sind schon in Regale und Schränke eingeräumt.

Etwa 40 bis 50 Bewohner könnten noch in dieser Woche kommen, schätzt Thomas Mampel. Nach Ostern soll die Unterkunft Leonorenstraße voll belegt sein. Die Bewohnerschaft wird sich zu zwei Dritteln aus Familien und zu einem Drittel aus alleinstehenden Menschen zusammensetzen. Die meisten leben schon seit einigen Monaten in Berlin, viele Kinder und Jugendliche besuchen bereits Kitas oder Schulen. „Wir wollen nicht nur der Betreiber sein sondern auch für eine gute Nachbarschaft sorgen“, so Mampel. Die Geflüchteten sollen nicht abgeschieden hinter den Bäumen leben. Wichtig sei, Kontakte zum Umfeld aufzunehmen und eine Kommunikation mit den Anwohnern zu ermöglichen.

Lankwitzer Unterkunft bietet Kurse für Flüchtlinge

In einem Gebäude hat auch eine Ehrenamtskoordinatorin ihr Büro. Sie wird sich um Projekte im Heim kümmern, in denen sich die Bewohner engagieren können. Aber sie wird auch Anwohner und Interessierte beraten, die in der Unterkunft mithelfen können. Nähkurse, Deutschkurse oder gemeinsames Kochen – das sind Beispiele, die sich Iris Plas vorstellen kann.

Klaus-Günther Sturhahn hat noch eine andere Idee. Der 79-Jährige ist Psychologe und hatte früher eine eigene Praxis. Er war zur Eröffnung in die Leonorenstraße gekommen, um sich über Möglichkeiten der ehrenamtlichen Betreuung zu informieren. Seine Unterstützung würde er aber lieber in der Unterkunft an der Bäkestraße anbieten. „Ich wohne gleich um die Ecke und muss nur kurz zu Fuß laufen“, sagt Sturhahn. In der Bäkestraße wurden die Häuser für die Geflüchteten ebenfalls gerade in Betrieb genommen.

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