Mit Doppelwumms gen Småland

Claudio Casula

„Piks“, „Wumms“, „Doppelwumms“: Die Politik redet mit uns wie mit Kleinkindern. Warum nur? Und wann fing das an?

Wie sie mit uns reden. Es schmerzt. Oder, um es in ihrer Sprache zu sagen: Es macht Aua. Erst kamen die Grünen mit dem „Wums“, dann Scholz mit dem „Wumms“, als den er die „staatlichen Hilfen“ in der Corona-Krise bezeichnete und der von seinem Genossen Helge Lindh mimisch und gestisch überaus eindrucksvoll in Szene gesetzt wurde, jetzt werden uns angekündigte Preisbremsen und staatliche Stützung der Energieversorgung als „Doppelwumms“ verkauft.


Offenbar glaubt die derzeit herrschende Klasse, es mit einer vorwiegend illiteraten Gesellschaft zu tun zu haben. Verabschiedete man noch 1999 tollkühn ein durchaus kompliziert klingendes Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübert ragungsgesetz – zugegebenermaßen ein recht sperriges Wortkonstrukt –, so meinte Franziska Giffey als Familienministerin ihren Gesetzen Gaga-Namen verpassen zu müssen, die auch ein Fünfjähriger versteht:
das „Gute-Kita-Gesetz“ und das „Starke-Familien-Gesetz“. Offiziell hießen die natürlich anders, aber dem dummen Volk servierte man sie in leichter Sprache.


Alexander Kisslers Buch „Die infantile Gesellschaft“ ist zwei Jahre zu früh erschienen, immer rasanter entwickelt sich das Land zurück, auf dem Weg zum Benjamin Button Europas. Am Ende verlernt er das Laufen und das Sprechen, und dann ist er hin.


Bob den Baumeister plagiiert

Wann hat das eigentlich angefangen, dass man den Souverän in Babysprache adressiert? Ihm selbst einen neuartigen, noch nicht ausgereiften und nur unzureichend getesteten, daher auch nur bedingt zugelassenen und eben nicht „risikofreien“ Impfstoff in den Oberarm zu jagen und ihm diesen Vorgang als „Piks“ schmackhaft zu machen? Ihm Masken- und Abstandszwang als „AHA-Regel“ einzubimsen?


Vielleicht begann alles schon mit Merkels „Wir schaffen das“. Wer Kinder hat und Bob den Baumeister kennt, weiß auch, von wem die Heimsuchung aus der Uckermark den Spruch hatte. Oder fing es schon vorher an? Andrea Nahles war es vorbehalten, dem Bundestag einen der peinlichsten Momente seiner Geschichte zu bescheren, indem sie das Pippi-Langstrumpf-Lied intonierte, was wiederum nicht ganz an den legendären Auftritt dreier grüner Teletubbies in Straßburg (die erste halbe Minute ist ein Muss!) heranreichte:


„Juhuuuu!“
„Hey, Terry, was machst du denn hier?!“
„Ich bin doch jetzt auch neugewählte Abgeordnete!“
„Was? Geil! Sauber!“



In der postadulten Gesellschaft wird der Plenarsaal zum Bällebad, in dem eine Emilia Fester tanzt, eine Ricarda Lang sich wagemutig in diversen Outfits präsentiert und sich auch die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas nicht entblödet, in der häuslichen Corona-Quarantäne playbackmäßig ein Kinderlied von Rolf Zuckowski darzubieten.


„Kinder an die Macht!“, knödelte Herbert Grönemeyer 1986, und jetzt ist es so weit. Die Galionsfigürchen außerhalb der Parlamente heißen Greta („I want you to panic!") und Luisa („Die Erde brennt!"), und im Bundestag hocken ebenso immature Gestalten wie Ricarda und „KuehniKev“. Sie reden also mit uns, wie sie reden, weil sie uns für blöd halten und/oder weil sie selbst blöd sind.


Hab ich mit Olaf Scholz Schweine gehütet?

Im Wahlkampf plakatierte die SPD ihren Spitzenkandidaten Scholz mit dem Slogan „Respekt für Dich“, ein Widerspruch in sich, denn seit wann ist es ein Zeichen des Respekts, fremde Leute duzend anzukumpeln? Ich jedenfalls habe mit Olaf Scholz bisher weder Schweine gehütet noch im Schützengraben des Standortübungsgeländes gelegen, schon weil Olaf nicht gedient hat. „Soziale Politik für Dich“, ruft einem das Sozen-Plakat entgegen, als schöbe man gerade seinen Einkaufswagen durchs schwedische Möbelhaus.


Die Kommunikation der Regierenden unterkomplex zu nennen, wäre maßlos untertrieben, Deutschland mutiert zum Småland, minus die gute Laune. Wo einem der Ministerpräsident eines nicht ganz unbedeutenden Bundeslandes in einem Video demonstriert, dass man Energie spart, wenn man vorm Schlafengehen den Temperaturregler runterdreht, kommt man nicht umhin, die Gehirnerweichung schon als Volkskrankheit Nr. 1 am Horizont dräuen zu sehen. Achten Sie unbedingt bei Minute 0:15 auf den eingeblendeten Pfeil, nicht dass Sie in die falsche Richtung drehen. Wenn Opa Kretschmann jetzt noch ein TikTok-Video aufnimmt, in dem er Claudia Roths Kleider trägt und zur Heizung tänzelt, ist ihm die nächste Kanzlerkandidatur kaum noch zu nehmen.


Nicht auszuschließen, dass es demnächst heißt: Doof ist das neue schlau! Dann gilt es, Intelligenz und Bildung tunlichst zu verbergen, um nicht in Verdacht zu geraten, sich staatsfeindlicher Umtriebe zu befleißigen. Wer den Genitiv korrekt verwendet oder gar das Futur II beherrscht, kommt ins Umerziehungslager, muss auf der stillen Treppe sitzen und wird frühzeitig ohne Abendbrot ins Bett gesteckt. Ich habe Sie gewarnt.

https://www.achgut.com/artikel/mit_d...ms_gen_smaland

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