So ist im Artikel zu lesen, dass in dieser Fahrschule 10 Prozent aller Fahrschüler die deutsche Sprache "überhaupt nicht verstehen".

Nun sollte man meinen, erst die Sprache lernen, dann einen Beruf ergreifen und Geld verdienen und dann den Führerschein machen. Auf spendable Ämter können Deutsche jedenfalls nicht hoffen, wenn es um den Führerscheinerwerb geht. Bei Flüchtlingen geht es dann wohl anders.

(Apropos: Der berufliche Werdegang des kurdischen Syrers liest sich wie eine Geschichte aus 1001 Nacht. Deutsche müßten mehrere Leben leben, um eine solche Biographie zuwege zu bringen)

Neues Gesicht im Selent-Team
Syrischer Flüchtling punktet als Fahrlehrer mit besonderen Fähigkeiten

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Voll des Lobes: Fahrlehrer Dietmar Selent (links) schätzt seinen neuen Kollegen Daij Alsaid. Er komme mit seiner ehrlichen und freundlichen Art einfach gut an – bei den Schülern und bei den Kollegen.

Hoya –  Die Sprache verstehen. Das ist für Zuwanderer und Geflüchtete nicht nur essenziell auf dem deutschen Arbeitsmarkt, sondern auch bei der Führerscheinprüfung. Denn wer nicht weiß, ob er nun rechts oder links abbiegen, stehen bleiben oder weiterfahren soll, der ist ziemlich aufgeschmissen. Schon oft sei es in der Fahrschule Dietmar Selent in Hoya zu Verständnisproblemen gekommen. Rund zehn Prozent aller Schüler würden die deutsche Sprache überhaupt nicht verstehen. Doch für solche speziellen Fälle hat Inhaber und Fahrlehrer Dietmar Selent nun ein Ass im Ärmel – und das heißt Daij Alsaid.
  • Die deutsche Sprache zu kennen ist für die Erwerbung des Führerscheins in Deutschland essentiell.
  • Schon oft kam es in der Fahrschule Dietmar Selent zu Verständnisproblemen.
  • Durch den neuen Fahrlehrer und syrischen Flüchtling Daij Alsaid kann sich das jetzt ändern.


Der 50-jährige Kurde aus Syrien hat kürzlich seine Fahrlehrerprüfung bestanden und unterstützt von nun an das Selent-Team. „Er ist ein echter Gewinn“, lobt Dietmar Selent seinen neuen Kollegen. Alsaids Muttersprache ist Kurdisch, auch Arabisch spricht er fließend. Dadurch fällt ihm die Kommunikation mit fremdsprachigen Fahrschülern leicht. „Die ersten zwei Termine spreche ich mit ihnen noch auf kurdisch oder arabisch, danach auf Deutsch. Ich lehre sie anschließend auf Keywords in den Sätzen zu achten, wie ,links‘ oder ,einparken‘“, erklärt der Nienburger seine Strategie.

Wenn alle Stricke reißen, setzt der 50-Jährige auch mal Zeichensprache ein.Man muss sich halt die passende Methode suchen“, sagt Alsaid. So habe er es beispielsweise geschafft, einen Schüler, der schon zahlreiche Male durch die Prüfung gefallen war, endlich zur Fahrerlaubnis zu verhelfen, erinnert sich Dietmar Selent. „Daij kommt mit seiner ehrlichen und freundlichen Art einfach gut an – sowohl bei denFahrschülern als auch bei den Kollegen“, fügt er hinzu.




Aber der Weg bis dahin war für Alsaid nicht immer einfach. In seinem Heimatland Syrien schloss der 50-Jährige ein Studium in angewandter Chemie ab, verrichtete Militärdienst, arbeitete in einer Druckerei sowie als Großhändler für Tierzucht. Zudem hat er eine Weiterbildung zum Apotheker gemacht und ein Krankenhaus als Laborant unterstützt. Daij Alsaid war also bereits in vielen Branchen tätig – doch ein Job als Fahrlehrer gehörte nicht dazu.

Fahrstunden wecken bei Daij Alsaid Interesse an Fahrlehrerausbildung - Jobcenter lehnt Vorschlag ab

„Als der Krieg in Syrien begann, bin ich mit meiner Familie 2014 nach Deutschland geflohen“, berichtet der Nienburger. Anschließend besuchte der 50-Jährige einen Deutschkurs und bewarb sich regionenübergreifend als Chemiker. Doch niemand gab ihm eine Chance. „Die deutsche Erfahrung fehlte mir“, gibt er zu.


Hinzu kam, dass sein Führerschein in seiner neuen Heimat die Gültigkeit verlor. „Nach sechs Monaten muss dieser erneuert werden“, erklärt Dietmar Selent. Während Alsaids Fahrstunden kam die Frage auf, wie man eigentlich Fahrlehrer wird. Er recherchierte im Internet und schlug seine Idee anschließend dem Jobcenter vor. Dort stieß er allerdings zunächst auf Ablehnung.

Die Ausbildung kostet viel Geld, sagte man mir“, erinnert sich der achtfache Vater.

Für ihn war es jedoch enorm wichtig, schnell Arbeit zu finden. „Ich will ein Vorbild für meine Kinder sein und die Vorurteile gegenüberAusländern aus dem Weg räumen. Die Sprache lernen ist der erste Schritt, aber danach muss man weitermachen“, meint der Nienburger. Aufgeben war also keine Option für den 50-Jährigen, der mittlerweile auch diePrüfung für das Sprachniveau B2 abgeschlossen hat. Schließlich lenkte das Jobcenter endlich ein und ermöglichte Alsaid die Ausbildung zum Fahrlehrer.

Fahrschule Dietmar Selent gibt Flüchtling eine Chance: Daij Alsaid will nun noch den Motorrad-Führerschein

Nach langer Suche stieß er auf die Fahrschule Dietmar Selent. „Ich war zuerst skeptisch. Aber wir tun alle so sozial, und dann gibt keiner Ausländern eine Chance. Und das, obwohl es aktuell regelrechten Fahrlehrermangel gibt. Ich habe Daij als sehr teamfähigen und wissbegierigen Menschen kennengelernt und ihm den Job gegeben“, meint Selent. Und dafür ist der 50-Jährige seinem Chef dankbar. Mittlerweile habe er sogar selbst zwei seiner Töchter ausbilden dürfen sowie mehrere Onkel und Cousins auf dem Weg zum Führerschein begleitet, erklärt Alsaid stolz.

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