Ja, die kriminellen Schweden:

Kriminelle Banden terrorisieren und kontrollieren Göteborg

Schiessereien und Attacken, illegale Wegsperren und schwerbewaffnete Kriminelle, die Bürger kontrollieren – der Bandenkrieg in Göteborg ist in den letzten Wochen eskaliert.
In Göteborg herrscht Alarmstufe Rot. Die Polizei in Schwedens zweitgrösster Stadt ist in höchster Bereitschaft, seit im August der Konflikt zwischen den zwei dominierenden Banden eskalierte. Auslöser war ein Streit an einer Tankstelle, der zu einem Schusswechsel führte. Kurz darauf kam es zu mehreren Schiessereien, ein Mann wurde schwer verletzt. Obwohl sich rivalisierende Banden aus zwei Vororten bekämpfen, hat sich der Konflikt auf andere Teile Göteborgs ausgeweitet.

Vorige Woche waren gewisse Quartiere zeitweise menschenleer, nachdem die Bewohner aufgefordert worden waren, in ihren Häusern zu bleiben. Die Gangs stellten Wegsperren auf, an denen junge Männer, bewaffnet, mit Schutzweste und einige sogar maskiert, Autos kontrollierten. Die Banden scheuen auch das belebte Stadtzentrum nicht: Am Mittwochnachmittag traf sich eine grosse Zahl Krimineller in einem Hotel beim Hauptbahnhof zu «Friedensverhandlungen». Als man sie abwies, weigerte sich ein Dutzend von ihnen, das Lokal zu verlassen. Erst der Polizei gelang es in einem Grosseinsatz, die Lage zu beruhigen.
Göteborgs Polizeichef, Erik Nord, widerspricht der Behauptung, dass die Strassen im Griff der Kriminellen seien. Seiner Meinung nach handelt es sich um eine Machtdemonstration: «Die Bandenmitglieder fliehen, wenn wir kommen, oder wir nehmen sie fest.» Nord will die Angst der Einwohner aber nicht kleinreden. Die Polizei komme, so schnell sie könne. Ob die Friedensgespräche der Banden erfolgreich gewesen seien, sei noch nicht absehbar.
Doch keine Schweden?

Nach einer langen Periode der Ruhe herrschen in den betroffenen ethnisch-segregierten Stadtteilen Angst, Frustration und Ärger über die eskalierende Gewalt.
Der Stadtrat des nordöstlich gelegenen Angered hat einen Sicherheitsdienst beauftragt, die Angestellten von Schulen, Altersheimen und anderen kommunalen Einrichtungen falls nötig an den Arbeitsplatz zu eskortieren.
Doch keine Schweden!

Clans schaffen parallele Gesellschaften

Die Wegsperren sind laut dem Polizeichef Nord eine Folge der parallelen Gesellschaftsstrukturen, die es in mehreren schwedischen Vorstädten gibt. Göteborgs Unterwelt wird seit langem durch den Ali-Khan-Clan dominiert, den die Journalistin Johanna Bäckström Lerneby nach langjährigen Recherchen bestens kennt.
Im kürzlich erschienenen Reportage-Buch «Familjen» beschreibt sie die Ali Khans als weitverzweigtes Netzwerk von Verwandten mit langem Strafregister, das von Waffenbesitz, Drogenhandel, Betrug, Drohung und Erpressung bis zu Misshandlung und Mord reicht.
Anführer der Sippe aus Angered ist ein 63-jähriger libanesischstämmiger Imam. Im Gegensatz zu seinen männlichen Familienmitgliedern ist der in den achtziger Jahren nach Schweden eingewanderte Mann nicht vorbestraft, ihm konnten keine Verbrechen zur Last gelegt werden.
Ein anderer Zweig der berüchtigten Familie soll in Berlin und in Nordrhein-Westfalen sein Unwesen treiben. Göteborgs Polizei und eine Vielzahl von Behörden versuchen seit einiger Zeit, in einem koordinierten Einsatz die Macht der Ali Khans zu brechen. Laut Bäckström Lerneby steht der Clan unter sehr strenger Beobachtung der Polizei.
Und nun der ganze Rest:

Strengere Strafen in Dänemark

Ein Problem bei der Bekämpfung der Bandenkriminalität sind die beschränkten Rechtsmittel. Schweden kennt eine Strafreduktion für Jugendliche unter 21 Jahren, weshalb Minderjährige oft schwere Verbrechen und gar Morde ausführen. Ganz anders ist es in Dänemark, was fünf Mitglieder der «Todespatrouille» erfahren mussten. Die Bande aus dem Stockholmer Vorort Rinkeby steht seit langem im Krieg mit einstigen Kumpanen, die sich Shottaz nennen – innert fünf Jahren sind mindestens zehn Personen getötet worden, aber niemand wurde bis jetzt des Mordes überführt. Am Freitag allerdings verurteilte ein dänisches Gericht drei heute 20- bis 25-Jährige zu lebenslänglichen Strafen, zwei zur Tatzeit 17-Jährige müssen für 20 Jahre hinter Gitter. Die Mitglieder der «Todespatrouille» hatten im Sommer des vergangenen Jahres einige Shottaz nach Dänemark gelockt, wo sie zwei von ihnen mit Maschinengewehren niederstreckten. Da das Fluchtauto mit Blutspuren und Waffen gefunden worden und ein Teil der Tat von einer Kamera festgehalten worden war, zögerte der Bezirksrichter nicht: Die Männer wurden nicht nur wegen des Doppelmordes verurteilt, sondern auch wegen Bandenzugehörigkeit, was die Strafdauer verdoppelte. Ein Schock für die Kriminellen, denn in Schweden wären sie besser weggekommen: Den Jüngsten hätte vier Jahre Verwahrung gedroht, der zur Tatzeit 19-Jährige wäre in den Genuss eines Jugendrabatts gekommen.
In Stockholm hofft man auf eine Beruhigung der Situation, da alle Anführer der «Todespatrouille» Strafen absitzen und auch die Shottaz geschwächt sind. Experten befürchten jedoch, dass die Lücke schnell geschlossen wird. Viele Jugendliche ohne Arbeit und Perspektive seien zu brutalen Taten bereit, um das Führungsvakuum zu füllen. Zudem wittern neue Gruppierungen Chancen. Bestärkt durch den Gerichtsfall in Dänemark, wird in Schweden der Ruf nach härteren Strafen lauter. Um der brutalen Gewalt ein Ende zu setzen, muss nicht zuletzt der Jugendrabatt abgeschafft werden. Denn wie der dänische Staatsanwalt sagte: «Wer ‹Erwachsenen-Verbrechen› begeht, kann nicht erwarten, wie ein Kind behandelt zu werden.»
https://www.nzz.ch/panorama/kriminel...b-global-de-DE