Ziel Stuttgart – Flüchtlinge brechen nach Europa auf

Die Türkei öffnet die Grenzen für Flüchtlinge Richtung Europa. Syrer brechen in Bussen auf. Zum Beispiel an einer Ausfallstraße in Istanbul. Ein Ortsbesuch.

Das Ziel heißt Stuttgart: Anas ist 27 Jahre alt und ein syrischer Medizinstudent aus Aleppo. Zusammen mit seiner Frau und seinen drei und sechs Jahre alten Kindern ist er am Freitagmorgen zur Vatan Caddesi gekommen, einer Istanbuler Ausfallstraße zur Autobahn Richtung Westen.


Mehrere Reisebusse stehen an der Straße bereit, die Flüchtlinge an die rund drei Fahrtstunden entfernte Landgrenze zwischen der Türkei und Griechenland bei Edirne bringen sollen. „Wir haben von den Bussen gehört und sind gekommen“, sagt Anas im Gespräch, bevor er in den Bus einsteigt.


Die Eltern seiner Frau leben in Stuttgart – und nun will die junge Familie auch dorthin. Hundert US-Dollar pro Passagier kostet die Busreise an die Grenze. Dass Anas und seine Familie jetzt im Bus sitzen, hat mit schweren Verlusten der Türkei im Krieg in der syrischen Provinz Idlib rund tausend Kilometer südöstlich von Istanbul zu tun.


Eigentlich hat sich die Türkei unter dem Flüchtlingsabkommen mit der EU aus dem Jahr 2016 verpflichtet, die Syrer an der Flucht nach Europa zu hindern. Doch nun sollen die Flüchtlinge drei Tage lang freie Fahrt nach Westen erhalten, melden türkische Medien. Die Syrer an der Vatan Caddesi sagen, sie hätten von einer 24-stündigen Frist gehört.

Flüchtlinge setzen sich an der türkischen Westküste in Boote

Bei Edirne waren in der Nacht schon die ersten syrischen Flüchtlinge aufgetaucht, die auf den Grenzübergang Pazarkule zuliefen, ohne dass die türkischen Grenztruppen einschritten. An der türkischen Westküste setzen sich andere Flüchtlinge in Boote, um auf die nahen griechischen Inseln zu fahren.


Von Edirne aus will sich Anas mit seiner Familie nach Griechenland durchschlagen. „Dann sehen wir weiter“, sagt er.

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Flüchtlinge in einem Bus in Istanbul. Sie wollen in die EU.Foto: Susanne Güsten / TSP
Immer mehr Syrer treffen am Morgen an der Abfahrtstelle an der Vatan Caddesi ein, um einen Platz in einem der Busse zu ergattern. Bis 9 Uhr Mitteleuropäischer Zeit haben sich mehrere Dutzend Syrer versammelt, und fast im Minutentakt treffen neue ein.

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Flüchtlinge warten vor einem Bus in Istanbul.Foto: Susanne Güsten / TSP
Syrische Aktivisten sagen, sie hätten die Busse selbst angemietet. Ein Sprecher der türkischen Regierungspartei AKP hatte am Vorabend im Fernsehen gesagt, sein Land könne die Flüchtlinge nicht mehr halten.



Mehrmals hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in den vergangenen Monaten angekündigt, er werde die Tore öffnen und massenweise Syrer nach Europa schicken.
Zeichen von Panik und Verzweiflung in Ankara

Bisher hatte sich die türkische Regierung trotzdem an das Abkommen mit der EU gehalten, vor allem weil ihr Land zum Magneten für Millionen von Menschen aus ganz Zentralasien, Nahost und Afrika werden könnte, wenn der Vertrag aufgekündigt wird.



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https://www.tagesspiegel.de/politik/.../25592528.html