In der Flüchtlingskrise schauen die Europäer derzeit vor allem nach Griechenland, wo sich die Flüchtlinge stauen. Dabei droht die Lage in einem anderen Schlüsselland zu eskalieren: Im Libanon harren zwei Millionen Flüchtlinge aus – die notfalls nach Europa weiterziehen könnten.
Es sind dramatische Bilder aus Griechenland: Hunderte verzweifelte Flüchtlinge rissen am Montag mit einfachen Werkzeugen Teile des Grenzzauns nieder und versuchten, nach Mazedonien zu gelangen. Die Grenzpolizisten setzten massiv Tränengas ein, die Flüchtlinge zogen sich daraufhin teils in Panik auf griechisches Territorium zurück.
Landesweit sitzen seit der Schließung der mazedonischen Grenze inzwischen etwa 22.000 Menschen in Griechenland fest. Die EU-Kommission bereitet schon umfangreiche Nothilfen vor. Brüssel sei bereit, "alle verfügbaren Instrumente" zu nutzen, um eine humanitäre Krise zu verhindern, sagte eine Sprecherin.
Eine ähnliche Krise könnte schon bald in einem weiteren Schlüssel-Land der Flüchtlingskrise drohen: Im Libanon. Europa habe Syriens Nachbarland bisher sträflich vernachlässigt, mahnt Nahost-Experte Abdel El Husseini: „Die Lage in dem Land ist derzeit sehr kritisch“, sagt Husseini zu FOCUS Online. Er warnt: Kippt die Lage im Libanon und bricht ein Bürgerkrieg aus, dann stünde der EU die nächste Flüchtlingswelle bevor.
4,5 Millionen Einwohner – und zwei Millionen Flüchtlinge
Die Welle wäre riesig: Denn der Libanon hat pro Kopf so viele Flüchtlinge aufgenommen wie kein anderes Land: Auf rund 4,5 Millionen Einwohner kommen laut Nahost-Experte Husseini etwa 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge. Hinzu kämen zirka eine halbe Million palästinensische Flüchtlinge, die bereits seit Jahrzehnten in Zelten im Libanon lebten. Die Aufnahme so vieler Flüchtlinge stelle den Libanon schon jetzt vor "riesige Herausforderungen", so Husseini zu FOCUS Online.
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