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KULTUR
POLITISCHER ISLAM

17.02.11


Als Muslime unter Hitler gegen Stalin kämpften

Stefan Meining legt die erste fundierte Geschichte des politischen Islams in Deutschland vor: Er ist mehr als "Ostmuselmann-SS" und Multikulti.







Von Jacques Schuster



Foto: picture alliance / dpa/dpa

Es ist merkwürdig, warum sich mit C.H. Beck der zweite Verlag nach Klett-Cotta in diesem Frühjahr entschlossen hat, ein Buch über den Aufstieg des politischen Islams mit einer "Moschee in Deutschland" zu verbinden.
Zwar stimmt es, dass jenes Gotteshaus in München-Freimann, von dem im Titel die Rede ist, immer wieder auftaucht, doch Stefan Meining, der Autor des hier vorgestellten Buches, hat mit seiner Arbeit eine grundlegende Studie über den Islam und den Islamismus in Deutschland verfasst, die viel mehr ist als eine Münchener Lokalgeschichte.
Epochen der deutschen Geschichte

Kundig geleitet uns Meining in die düsteren Epochen der deutschen Geschichte, als einigen führenden Nazis einfiel, aus den sowjetischen Kriegsgefangenen islamischen Glaubens ein "Ostmuselmanisches SS Regiment" zu formen.
Was der Koran bedeutet
Der Koran ist die heilige Schrift des Islam und gilt als ältestes arabisches Prosawerk.




Mehr als das: Ausführlich schildert der Historiker und Fernsehjournalist, wie sich aus dem Kreis der muslimischen Displaced Persons, die sich nach ihrem Dienst in der SS aus gutem Grund nicht zurück in die Sowjetunion trauten, nach 1949 eine Gruppe herausbildete, die auch in der Bundesrepublik gegen die Sowjets arbeitete – zum Teil auf Seiten des deutschen Verfassungsschutzes, zum Teil unter der Aufsicht des amerikanischen Geheimdienstes.

Berlin bis Konstanz
Deutschland und seine Moscheen


Religion
Mohammed und der Aufstieg des Islam


Religion
Die Entstehung des Koran


Damit nicht genug, gelingt es Meining überzeugend zu belegen, wie sich nach dem Abritt der sowjetischen Muslime in Deutschland die Muslimbrüder in München und anderenorts festsetzten und dort jahrelang nahezu unbeobachtet ihre so radikalen wie antidemokratischen Ansichten verbreiteten.
Kurzum, Meining schreibt die erste fundierte Geschichte des Islams in Deutschland, die indirekt auch eine Abrechnung mit der als Multikulti verschleierten Politik der Gleichgültigkeit den Muslimen gegenüber ist. Allein deswegen ist die Lektüre empfehlenswert. Wer darüber hinaus noch gern in den Nebeln der Spionage stochert, der wird bei Meining ebenfalls seine Bedürfnisse befriedigen können.
Doch zunächst in die 40er-Jahre! Sahen die Deutschen im Siegestaumel Anfang des Zweiten Weltkrieges zunächst keinen Anlass, sich der sowjetischen Gefangenen im allgemeinen oder der muslimischen im besonderen anzunehmen, so erwärmten sie sich nach den ersten schweren Niederlagen für die Idee, "deutsches Blut" dadurch zu schonen, dass man "Turkdivisionen" aufstellte und an die Ostfront warf.
Muslime sollten gegen Stalin kämpfen

Gelockt wurden die Kriegsgefangenen mit dem Versprechen, nach dem Endsieg ihren Glauben frei ausüben und ihre Heimatregionen in unabhängige Staaten verwandeln zu dürfen. Selbst Adolf Hitler, so Meining, war bereit, seine rassischen Vorurteile zurückzustellen, um die Muslime als Waffe im Kampf gegen Stalin einzusetzen.
Der "Führer" hielt "die Mohammedaner für zuverlässig" und tat recht in der Annahme. Nur das Ausmaß des muslimischen Eifers unterschätzte er. Berauscht von dem plötzlichen Aufstieg, legte das "Ostmuselmanische SS Regiment" eine Mordlust an den Tag, die selbst ihre deutschen Herren erschreckte.
Als deren Blutdurst auch den Ruf der "Volksgenossen" in der SS zu beschädigen begann, entschloss sich Berlin, das Regiment aufzulösen und die islamischen Handlanger auf andere Verbände zu verteilen. Einige von ihnen gelangten in die Brigade Oskar Dirlewangers.
Dirlewanger befehligte eine Strafeinheit von Berufsverbrechern und setzte sie bei der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes vom August 1944 ein. "Gefangene wurden mit Benzin übergossen und bei lebendigem Leib verbrannt, Babys auf Bajonette aufgespießt." Kein Wunder, dass nach Kriegsende die sowjetisch-islamischen Schergen der Deutschen kein Bedürfnis verspürten, nach Hause zurückzukehren.
Muslimische Soldaten in Kriegsgefangenschaft

Meining stellt fest: Im Mai 1945 befanden sich neun Millionen Ausländer auf deutschem Boden. Bis Juli schoben Engländer und Amerikaner fast 1,4 Millionen Soldaten und Zivilisten in die Sowjetunion ab. Als Hitlers Helfer an die Reihe kamen, wehrten sie sich mit allen Mitteln gegen die drohende Ausweisung.
In Dachau etwa nahmen sich 229 turkestanische Offiziere das Leben, um der Auslieferung zu entgehen. Im Mai 1946 beendeten die Alliierten die Aktion. Wie viele muslimische Sowjets in Deutschland blieben, konnte Meining nicht ermitteln.
Dafür geht er dem Lebensweg einiger ihrer Sprecher nach. Mit Hilfe zahlreicher Quellenfunde weist er nach, dass zumindest einige von ihnen von genau den Personen betreut und geführt wurden, die zur Zeit des Dritten Reiches dieselbe Aufgabe besaßen.
Gerhard von Mende ist eine dieser Schlüsselfiguren. Kurz nach Kriegsende gelingt es dem ehemaligen Leiter der Abteilung "Fremde Völker" im "Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete", sich zum Gesprächspartner westlicher Geheimdienste aufzuschwingen und Amerikanern und Briten Muslime seines Vertrauens für die Propagandaarbeit gegen die Sowjetunion zu empfehlen.
Wie die Muslimbrüder Meinungsführer wurden

Meining skizziert, dass einige der alten Nazi-Kämpen fortan für die russischsprachigen Sendungen von "Radio Liberation" tätig waren, das die CIA 1953 in München gründen ließ. Für die deutsche Entwicklung wichtiger aber sind seine Passagen zu den Bemühungen der Bundesregierung und der bayerischen Behörden, der kleinen muslimischen Gemeinde einen Status zu verleihen, der den christlichen Kirchen nahe kommt. Unter diesem Schirm erreichten die Muslime eine Eigenständigkeit, die ihren Führern erlaubte, ihren Ideen weitgehend unbehelligt nachzugehen.
Zunächst war dagegen nichts einzuwenden. Meining aber arbeitet eindrucksvoll heraus, wie sich die Gruppe der sowjetisch-muslimischen Emigranten im Laufe der Jahre nahezu unbemerkt in eine vor allem arabisch geprägte Gemeinde verwandelte, die zunehmend unter den Einfluss der ägyptischen Muslimbrüder geriet.
Unter Führung Said Ramadans gelang es den Muslimbrüdern in München und anderen deutschen Städten, sich mehr und mehr an die Spitze des radikalen Islams zu stellen und mit Hilfe ihrer Schriften zu den Wortführern vieler Muslime in Deutschland zu werden.
Anhand zahlreicher Zitate aus "Al-Islam", der Vereinszeitung der Münchener Moschee, weist Meining nach, wie feindselig die Gemeinde der säkularen deutschen Gesellschaft gegenüber stand. Ohne strafrechtliche Folgen konnten die Münchener Muslime in "Al-Islam" die Todesstrafe für Salman Rushdie fordern, für den Dschihad werben und die Mehrehe preisen. Auch Warnungen des Verfassungsschutzes vor den Aktivitäten der Münchener Muslime führten zu keinerlei polizeilichen Maßnahmen.
Mit dem Anschlag auf das World Trade Center in New York vom 11. September 2001 änderte sich der Blick der Sicherheitsbehörden auf die Gemeinde, die über einige Kanäle sogar in Verbindung mit al-Qaida stand. Ob die Beziehung bis heute besteht, weiß Meining nicht zu beantworten.
Immerhin aber bietet er einen sinnvollen Überblick über die wichtigsten Denker der muslimischen Gemeinde in Deutschland und stellt die bedeutendsten Konvertiten vor. Wer künftig wissen will, wer unter den Muslimen hierzulande welche Rolle spielt und warum, der wird an Stefan Meinings Buch "Eine Moschee in Deutschland" nicht mehr vorbei kommen.
Stefan Meining: Eine Moschee in Deutschland. Nazis, Geheimdienste und der Aufstieg des politischen Islams im Westen. C.H. Beck, München. 316 S., 19,95 Euro.




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