Nun hängen sie wieder an den Laternen -
ich bin versucht, sie zu entfernen,
die Selbst-Darsteller, die Egoisten,
die Lückenfüller auf den Listen
von CDU, SPD, AfD,
von Linken, Grünen, FDP.

Und keinerlei Chance zu entrinnen,
den Politikern und auch den -innen.
Geschickt gestylt und retuschiert,
mit treuem Blick und frisch frisiert.
Man sieht sie durch die Presse turnen:
Sie bitten Wähler an die Urnen.
Dieses Wort verrät es ganz prägnant:
Die Stimmen werden wohl verbrannt.

Für vier, fünf Jahre ungeniert
wird Wählers Stimme ignoriert.
Und sie behaupten in der Tat,
in Zukunft hätten sie Mandat
zu tun und lassen was sie wollen
und dass die Bürger brav sein sollen.

Der Wähler, der noch eben mündig,
er wird sogleich und kurz und bündig
für dumm erklärt und ignorant.
Er weiß halt nicht, was gut fürs Land.
Selbst schuld, wenn er es nicht versteht,
wie man mit seiner Stimm' umgeht.
Parteien-Logik, Kungelei -
zu hoch für ihn, nicht "bürgerfrei".

Demokratie ist ohne Frage
nur da für ein paar Wahl-Sonntage.
Sie sind ganz wild drauf und versessen,
das Zugesagte zu vergessen,
die Kompetenz zu überschreiten
und über Kaisers Bart zu streiten,
des Bürgers Geld mit vollen Händen
hinauszuwerfen und verschwenden.

Sie haben es in vielen Jahren
praktiziert und so erfahren,
wie man es anstellt, ganz legal und
scheinbar mühelos banal,
das tumbe Volk von fern zu lenken,
so dass die meisten auch noch denken,
SIE wär'n der wahre Souverän.
Und weil das klappt, muss man auch sehn,
wie sie in ihren eignen Kasten
Gesetze beugen bis sie passten.

Der Bürger soll nicht kleinlich sein.
Vielleicht sieht er ja endlich ein,
dass unberechtigt die Kritik.
Man tut doch alles für sein Glück!
Zum Wohle und Gedeih' des Ganzen
muss er nach ihrer Pfeife tanzen.
Dass selber sie zu kurz nicht kommen,
wird billigend in Kauf genommen.

Noch eines ärgert mich dabei -
von Skrupeln sind sie völlig frei.
Die Baustelle Demokratie
reicht aus, ich glaub', das glauben sie,
um andre Völker zu belehren,
die gerne etwas freier wären.
Sie könnten auch in andern Ländern
beratend die Verfassung ändern.
Das geht zu weit - das glaub' ich fest,
wer sich das wohl gefallen lässt?

Bei uns glaubt mancher Bürger nur
an die Parteien-Diktatur.
Wo Saubermänner, Sauberfrauen
nicht selten übers Ohr uns hauen,
gäb's eigentlich den guten Grund
ganz weit zu öffnen seinern Mund.
Ein bisschen mehr Bescheidenheit,
ein Schuss von etwas Ehrlichkeit,
statt Eigenliebe - Selbstkritik,
Glaubwürdigkeit käm' dann zurück.
Dann wären auch in Wahlkampf-Tagen
die Riesen-Poster zu ertragen.

Verfasser: unbekannt

Mir ist dieses schöne Gedicht von einem lieben Kollegen zugesandt worden, leider ebenfalls ohne Verfasserangaben, wobei dieses schöne Gedicht ja schon fast subversiv ist und der Verfasser vielleicht lieber ungenannt bleiben möchte.