Obama am 9/11-Gedenktag

"Wir werden niemals mit dem Islam im Krieg sein"

Neun Jahre nach den Anschlägen auf das World Trade Center gedenkt Amerika der Opfer. Präsident Obama ruft zu religiöser Toleranz auf. Der umstrittene Pastor Jones verzichtet auf die geplante Koran-Verbrennung.

Washington/New York – Zum Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 hat US-Präsident Barack Obama seine Landsleute zu Toleranz aufgerufen. „Es war keine Religion, die uns an diesem Septembertag angegriffen hat. Es war El Kaida, eine jämmerliche Bande von Männern, die Religion pervertiert“, sagte Obama am Samstag in Washington. Der Pastor Terry Jones verzichtete unterdessen endgültig darauf, den Koran zu verbrennen.

„Als Amerikaner werden wir niemals im Krieg mit dem Islam sein“, sagte Obama bei einer Gedenkfeier im Verteidigungministerium, in das die Terroristen vor neun Jahren eines der entführten Flugzeug gesteuert hatten. Auch wenn es der Wunsch der Attentäter gewesen sei, das Land zu spalten, würden die USA „Hass und Vorurteilen“ nicht nachgeben, sagte der Präsident weiter.

Zuvor hatte Obama in einer Rundfunkansprache die nationale Einheit beschworen und vor religiösen Ressentiments gewarnt. In einer Schweigeminute im Weißen Haus gedachte der Präsident um 8.46 Uhr (Ortszeit, 14.46 Uhr MESZ) wie viele US-Bürger der Opfer der Anschläge. Überall in der Stadt läuteten die Kirchenglocken. Um diese Uhrzeit hatten die Terroristen das erste entführte Flugzeug in einen der beiden Türme des World Trade Centers gesteuert.

Bei der Gedenkveranstaltung in New York wurden die Namen der 2752 Opfer verlesen, die in den Trümmern der Zwillingstürme ihr Leben verloren. An der Zeremonie nahmen US-Vizepräsident Joe Biden und Bürgermeister Michael Bloomberg teil. Zu Beginn der Gedenkveranstaltung sang ein Jugendchor die Nationalhymne. Teilnehmer hielten Fotos ihrer ums Leben gekommenen Angehörigen in die Höhe.

First Lady Michelle Obama nahm gemeinsam mit ihrer Vorgängerin Laura Bush in Pennsylvania an einer Gedenkfeier teil. Dort lobte sie den „Heldenmut“ der Passagiere des vierten entführten Flugzeugs, das nur 20 Flugminuten von Washington entfernt auf ein Feld gestürzt war, nachdem die Insassen versucht hatten, das Cockpit zu stürmen.

Der fundamentalistische US-Pastor Terry Jones verzichtete derweil endgültig auf die von ihm ursprünglich für Samstag geplante Verbrennung des Koran. „Wir werden den Koran definitiv nicht verbrennen“, sagte Jones dem US-Sender NBC. „Nicht heute, nicht irgendwann.“ Das Ziel seiner Kirche aus Gainesville im Bundesstaat Florida sei gewesen, „zu zeigen, dass es ein sehr gefährliches und sehr radikales Element im Islam gibt“. Dieses Ziel sei inzwischen „vollständig erreicht“ worden.

Die Pläne des Pastors hatten international einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, auch die US-Regierung verurteilte das Vorhaben scharf. Ungeachtet des Verzichts des Pastors kam es auch am Samstag zu vereinzelten Protesten in Afghanistan gegen die Koran-Verbrennung. In Badakschan im Norden des Landes versammelten sich nach Polizeiangaben 600 Menschen und riefen Parolen gegen die USA.


New Yorker demonstrieren Solidarität mit Muslimen

Am Vorabend des 11. Septembers demonstrierten tausende New Yorker mit einer Kerzenwache ihre Solidarität mit Muslimen. Die Kundgebung fand am Freitagabend in der Nähe von Ground Zero statt, wo riesige Scheinwerfer die Silhouetten der zerstörten Zwillingstürme des World Trade Centers in den Himmel malten.

„Ich bin für Toleranz und Religionsfreiheit“, erklärte eine New Yorker Geschichtsprofessorin ihre Teilnahme an der Kerzenwache. „Intoleranz spielt nur El-Kaida in die Hand“, sagte Rosalyn Baxandale. Derweil unterhielten sich Polizisten in Zivil gut gelaunt mit den Demonstranten, verteilten Kinder Lichter, hielt eine Nonne ein Holzkreuz in der Hand.

Lisa Smith ärgerte sich über die konservative Tea Party und die Republikanerin Sarah Palin, die mit ihren Äußerungen gegen die Moschee „nur Hass geschürt“ hätten. „Verrückte Politiker in Alaska wollen uns unsere Stadtplanung vorschreiben“, sagte Smith. Dabei hätten die Behörden die Baupläne schon vor Monaten genehmigt.

„Wir wohnen nur einen guten Kilometer von hier entfernt“, sagte Arthur Wasserman, US-Veteran des Zweiten Weltkrieges. „Wir haben die Tragödie von 9/11 erlebt, die Trauer, die Tränen.“ Gerade deshalb müsse die Moschee im Schatten von Ground Zero entstehen. „Wir sind Amerika. Wir stehen für Religionsfreiheit.“

Eine ältere Muslima mit Kopftuch, die nach eigenen Angaben vor 27 Jahren wegen der Religionsfreiheit aus Indien in die USA gekommen war, warnte vor „zu vielen Missverständnissen“. „Wir müssen uns zusammensetzen, miteinander reden, uns verstehen lernen“. (afp/dpa)

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