Der Titel heißt im Original bei der WELT wirklich so!

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Währungen

Wie Sie in die neue Weltordnung investieren

Von K. Seibel, F. Stocker und H. Zschäpitz 21. Mai 2010

Die Schwäche des Euro ist kein vorübergehendes Phänomen. Und nicht nur der Euro ist betroffen. Auch Dollar und Yen verlieren ihren Reiz für Anleger. Auf den Finanzmärkten entsteht derzeit eine neue Weltordnung. WELT ONLINE erklärt, wie Anleger die Gunst der Stunde nutzen können.

(Bildunterschrift: Händler auf dem New Yorker Börsenparkett: Anleger investieren zunehmend in Schwellenmärkte)

Mit dem Vertrauen ist es so eine Sache. Man muss es sich mühsam und über Jahre erarbeiten. Dagegen reicht eine einzige Enttäuschung aus, um einmal gewonnenes Vertrauen zu verlieren. Diese Lebensweisheit wird durch die Entwicklungen beim Euro aufs Trefflichste bestätigt.

Nach zehn Jahren endlich als ernst genommene Konkurrenz zum Dollar gepriesen, flüchten inzwischen die Anleger in Scharen aus der Gemeinschaftswährung. Die jüngsten Daten der Europäischen Zentralbank zeigen allein für den März zweistellige Milliardenabflüsse. Doch nicht nur die globalen Investoren wollen derzeit ihr Geld nicht in einer Währung deponieren, deren langfristiges Überleben infrage steht. Auch heimische Sparer stürmen derzeit die Edelmetallhändler und stehlen sich aus dem System.

„Die Euro-Zone ist für Anleger einfach unattraktiver geworden“, meint Hans-Günter Redeker, Stratege bei der BNP Paribas in London. Er rechnet damit, dass der Euro bis Anfang 2011 auf Parität zum Dollar fällt. Der jüngste Euro-Anstieg sei auf Investoren zurückzuführen, die ihre Leerverkäufe schließen mussten. „Der Anstieg bietet aber eine einmalige Gelegenheit, sich vom Euro zu verabschieden“, meint Redeker. Im gestrigen Handelsverlauf stieg der Euro wieder über 1,26 Dollar, nachdem er Mitte der Woche noch erstmals seit vier Jahren unter 1,22 Dollar gefallen war.

Viele Experten halten die momentane Schwäche der Gemeinschaftswährung nicht für ein vorübergehendes Phänomen, sondern sehen darin den Beginn einer neuen Investment-Ära. An den Finanzmärkten werde derzeit eine neue Weltordnung geboren. „Die ehemals soliden westlichen Märkte mit ihren Währungen Euro, US-Dollar und Yen verlieren ihren Reiz“, meint Jonathan Anderson, Stratege bei der UBS in Hongkong. „Immer mehr Anleger vertrauen ihr Geld lieber den aufstrebenden Schwellenländern an“, so der Experte.

Tatsächlich zeichnet sich ein historischer Wandel ab, seit sich in den Köpfen der Investoren die Ansicht durchgesetzt hat, dass China solider als Japan, Südkorea sicherer als Großbritannien, Malaysia stabiler als Italien und Asien insgesamt widerstandsfähiger als die Euro-Zone dasteht. Als Aufsteiger gelten aber nicht nur die aufstrebenden Wachstumsmärkte.

Auch jene Staaten, deren Währungen durch Rohstoffe gedeckt sind, liegen in der Gunst der Anleger weit vorn. Dazu gehört beispielsweise ein Land wie Norwegen. Dank seiner Öl- und Gasvorräte kann es mit einer im europäischen Maßstab geringen Bruttoschuldenquote von 44,7 Prozent punkten. Nimmt man das Vermögen des Staatsfonds hinzu, steht Norwegen sogar noch besser da als Australien und Russland, deren reine Verbindlichkeiten nicht einmal 20 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen.

Doch auch eine geringe Staatsverschuldung schützt nicht vor Währungsschwankungen. Das zeigte sich gerade in dieser Woche wieder. Kaum gaben die Preise von Kupfer, Blei, Nickel wegen aufkommender Konjunktursorgen nach, büßten die Währungen von Produzentenländern wie Australien und Kanada innerhalb weniger Tage bis zu zehn Prozent ihres Wertes gegenüber dem Euro ein. Das zeigt, auch die Horte der Sicherheit strapazieren ab und an die Nerven der Anleger.

Langfristig ändert dies allerdings nichts daran, dass immer mehr Vermögensverwalter auch Privatanlegern Fremdwährungen fürs Depot empfehlen. Das kann auf verschiedene Weise geschehen. Das beginnt bei Währungskonten, die mittlerweile von vielen Online-Banken angeboten werden. Auch über Fonds und Zertifikate lassen sich die vermeintlichen Hartwährungen ins Depot holen. Eine Reihe von Aktienfonds nimmt mittlerweile neben dem Kursrisiko ganz bewusst auch das Währungsrisiko in Kauf und sichert es nicht ab.

Das gilt grundsätzlich bei allen börsengehandelten Indexfonds, die auf dem deutschen Markt mittlerweile für alle Länder mit einem reifen Kapitalmarkt angeboten werden – siehe auch dargestellte Produktauswahl. Noch halten sich die großen Fondsgesellschaften mit speziell auf das Thema „Schwacher Euro“ zugeschnittenen Produkten zurück. Doch sollte die Unsicherheit weiter anhalten, werden sie reagieren, und die Auswahl wird noch größer.