Die Multikulti-Clowns haben bisher versucht, mit gebetsmühlenhaft wiederholten Vorurteilen uns den Islam schmackhaft zu machen.

Als Gegenreaktion haben manche selbstgefühlten konservativen 'Intellektuellen' und norwegischen sagenumwobenen Geschichtsnacherzähler und Hobby-Politiker versucht, uns die Überlegenheit der 'judeo-christlichen'*, humanistischen, aufgeklärten, Europa-stämmigen Völker sympathisch zu machen.

Diese rechtspopulistischen Argumentationsansätze mit schier endlosen Zitaten und einer Detailflut an historischen Daten halten keiner ernsthaften systematischen Analyse statt.

Hochgelobte Artikel zeichnen sich durch einen erschreckenden Mangel an logischer Strukturierung aus. Autoren können die Kernthesen ihrer eigenen Artikel nicht kompakt zusammenfassen, geschweige denn auch nur aussagekräftige Zwischenüberschriften setzen, was Studenten normalerweise schon im 1. Semester lernen sollten.

Kommentatoren trauen es sich selbst zu, einen mehrseitigen geschichtswissenschaftlichen Artikel innerhalb weniger Minuten nach Erscheinungsdatum in deutscher Sprache mit dem englischen Original vergleichen zu können und die Qualität der Übersetzung zu loben. Ganz zu schweigen von denen, die den Inhalt in Rekordzeit rezensieren.

Geniale Schnellleser oder einfach nur Heuchler?

Wird auch nur leise Kritik an einem anonymen Autor geübt, spielt er den Beleidigten und veröffentlicht seinen nächsten Artikel auf einem anderen Blog, um diesem in Gutsherrenart von oben herab einige clicks zu spendieren.

Wenn irgendwann alle relevanten Blogs beschenkt worden sind, wo will man dann noch publizieren?

Konkrete Fragen an den Autor werden in Weblogs nur seltenst beantwortet.

Viele der angeblich 'judeo-christlichen' Politiker, Dichter und Wissenschaftler waren Hochgrad-Freimaurer, Spiritisten oder Mitglieder in anderen antichristlichen Vereinigungen.

Wer sich auf dieses 'judeo-christlich-humanistisch-überlegene-europäische-Rassen'-Geschwurbel verlässt, ist verlassen, wenn es zu einer ernsthaften Analyse und Diskussion kommt.

Und zur Überlegenheit Europas gegenüber z.B. islamischen Staaten wage ich mal einige ganz einfache Thesen.

- Der Islam ist vom Ansatz her gegen systematische, ernsthafte naturwissenschaftliche Forschung gerichtet.

- Daher können fast alle nicht-islamisch geprägten Wissenschaftler, Forscher und Techniker ihre islamischen Kollegen in Bezug auf Grundlagenforschung, Erfindungen und technische Entwicklungen locker überholen.

- Diese systembedingte wissenschaftlich-technische Unterlegenheit des Islam als eine Überlegenheit des 'judeo-christlich-...en ...' umzudeuten, ist wissenschaftlich nicht haltbar. Spätestens bei Diskussionen über die Wissenschaftsfeindlichkeit der katholischen Kirche gegenüber Astronomen platzt diese Blase.

Da werden sich wohl noch einige wundern, die auf den 'judeo-christlich-...en'- Argumentations-Zug aufgesprungen sind.

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Als Anfang einer lockeren Serie zum Thema 'Wann platzt die 'judeo-christliche Argumentationsblase' gebe ich einen Tipp auf eine Rundfunksendung von SWR2 Glauben.

Vorher möchte ich noch hinweisen auf die Ringparabel

http://de.wikipedia.org/wiki/Nathan_der_Weise

http://www.gutenberg.org/etext/9186

Gespräche für Freimaurer von Gotthold Ephraim Lessing

http://www.gutenberg.org/etext/9326

http://de.wikipedia.org/wiki/Lessing...fenb.C3.BCttel

(Preise: ...
Lessing-Ring der deutschen Freimaurer)

und Goethes West-östlichen Diwan:

http://www.gutenberg.org/etext/2319

http://de.wikipedia.org/wiki/West-%C3%B6stlicher_Diwan

Goethe über den Islam

Goethe war sehr am Islam interessiert. Das lyrische Ich des West-östlichen Divans ist muslimisch, und in dem Werk werden muslimische Lehrmeinungen vorgestellt. Zum Beispiel:

„Jesus fühlte rein und dachte
Nur den Einen Gott im Stillen;
Wer ihn selbst zum Gotte machte
kränkte seinen heil'gen Willen.
Und so muß das Rechte scheinen
Was auch Mahomet gelungen;
Nur durch den Begriff des Einen
Hat er alle Welt bezwungen.“

(WA I, 6, 288 ff)

Auch verleiht er an einigen Stellen seiner Überzeugung der göttlichen Herkunft der Worte des Korans, wie in einem Brief an Blumenthal vom 28. Mai 1819, in welchem er sich auf den vierten Koranvers der 14. Sure bezieht, Ausdruck:

„denn es ist wahr, was Gott im Koran sagt: Wir haben keinem Volk einen Propheten geschickt, als in seiner Sprache!“ (WA IV, 31, 160)

Dieser Überzeugung entsprechend, ist in den Noten und Abhandlungen des West-östlichen Divans zu ersehen, dass Goethe beabsichtigte -

„ehrfurchtsvoll jene heilige Nacht [zu] feiern, wo der Koran vollständig dem Propheten von obenher gebracht ward“ (Noten und Abhandlungen zum West-östlichen Divan, WA I, 7, 153) ...

Die muslimische Positionierung des lyrischen Ichs ist, der Haltung Hafis entsprechend, am ehesten dem Sufismus (islamische Mystik) zuzuordnen. So wie Goethe Distanz zur christlichen Lehrmeinung hatte, drückt auch das lyrische Ich im West-östlichen Divan ironische Distanz zur orthodoxen Lehrmeinung des Islam und Nähe zur Mystik zum Ausdruck. So benutzt er beispielsweise auch die Metapher des Weins, wie es auch die Sufis symbolisch für die Berauschtheit eines Derwischs mit der Liebe Gottes verwenden:

Ob der Koran von Ewigkeit sei?
Darnach frag' ich nicht ! ...
Daß er das Buch der Bücher sei
Glaub' ich aus Mosleminen-Pflicht.
Dass aber der Wein von Ewigkeit sei,
Daran zweifl' ich nicht;
Oder dass er vor den Engeln geschaffen sei,
Ist vielleicht auch kein Gedicht.
Der Trinkende, wie es auch immer sei,
Blickt Gott frischer ins Angesicht.
(WA I, 6, 203)

Am 24. Februar 1816 schrieb Goethe:

Der Dichter ... lehnt den Verdacht nicht ab, daß er selbst ein Muselmann sei.“ (WA I, 41, 86)

Ähnlich heißt es in einem Brief an Zelter vom 20. September 1820:

„Weiter kann ich nichts sagen, als daß ich hier mich im Islam zu halten suche.“ (WA IV, 33, 123)


Inspiration für weitere Werke

Einige Gedichte wurden unter anderem von Franz Schubert** („Suleika I“, op. 14 Nr. 1 D. 720, 1821; „Suleika II“, op. 31 D. 717, 1821; „Geheimes“, op. 14 No. 2), Robert Schumann** („Myrten“ op. 25: Nr. 5 „Sitz’ ich allein“, Nr. 6 „Setze mir nicht, du Grobian“, Nr. 9 „Lied der Suleika“), Felix Mendelssohn Bartholdy („Suleika“ op. 34 Nr. 4, 1837; „Suleika“ op. 57 Nr. 3, 1837), Hugo Wolf (einzelne Lieder aus den „Goethe-Liedern“), Richard Strauss („Wer wird von der der Welt verlangen“ op. 67 Nr. 4, 1918), Waldemar von Baußnern (Sinfonische Kantate „Hafis“, 1929) Arnold Schönberg und Othmar Schoeck vertont.

Der persischsprachige, indienstämmige Dichter Iqbal hat im Jahre 1923 in seinem Gedichtband „Botschaft des Ostens“ Goethes an den Osten gerichteten Gruß beantwortet.

Christian Morgenstern endigt ein Palmström-Gedicht mit:


daß man mit der Erdumdrehung
schlafen müsse, mit den Pfosten
seines Körpers strikt nach Osten.
Und so scherzt er kaustisch-köstlich:
„Nein, mein Divan bleibt - westöstlich!“

Walter Benjamin betitelt einen kurzen Prosatext mit einem Vers aus dem West-östlichen Diwan: Dem Staub, dem beweglichen, eingezeichnet ...

* Katharina Mommsen: Goethe und der Islam. Insel-Taschenbuch (it 2650) - ISBN 3-458-34350-4 ...
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SWR2 Glauben: „Gottes ist der Orient, Gottes ist der Okzident“

Sendung am Sonntag, 6.12.2009, 16.30 bis 17.05 Uhr

Der Islam im Lichte der europäischen Aufklärung

Von Reinhard Baumgarten


Über der Doktorurkunde von Immanuel Kant findet sich ein arabischer Satz: Bismillah ir-Rahman ir-Rahim – Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen. Kant hat ihn eigenhändig in Arabisch geschrieben. Auch Goethe lernte die arabische Schrift. Sein Lehrer Herder sowie dessen Zeitgenosse Lessing studierten die arabische Kultur und den Islam. Lessings berühmte "Ringparabel" aus seinem Ideendrama "Nathan der Weise" geht zurück auf Verse der fünften Sure des Korans. Der Islam, so ist heute oft mit Blick auf islamische Länder zu hören, kennt keine Aufklärung. Aber die europäische Aufklärung kannte den Islam. Giganten deutscher Dichtung und Philosophie wie Goethe, Kant und Lessing haben koranische Gedanken sowie Gottes- und Menschenbild der Muslime in ihren Werken verarbeitet.


http://www.swr.de/contra/programm/-/...b8b/index.html

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* müsste eigentlich *judäo-christlichen' heißen, aber nicht mal sowas kriegen PISA-Google-Übersetzerinnen vom Niveau einer Senior Analystin für Ostertische auf die Reihe...

** Schubert und Schumann waren Spiritisten