Joachim Weimann, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Magdeburg, der mehrere Lehrbücher und zahlreichen wissenschaftliche Publikationen in den Bereichen Umweltökonomik usw. verfasst hat, im Interview, leider hier nur in kurzen, knappen Auszügen. Der Originalartikel sei an dieser Stelle unbedingt empfohlen:

Die Energiewende sei für den Preis einer Kugel Eis pro Haushalt im Monat zu haben, versprachen die Planer. Doch die Kosten summieren sich nun auf 500 bis 1000 Milliarden Euro und werden sich Experten zufolge noch vervielfachen – dabei verpufft der Klimaschutz-Effekt.

Joachim Weimann: Leider sind viele meiner Befürchtungen eingetreten. (...) es war die ganze Zeit frustrierend zu erleben, wie einfachste Zusammenhänge nicht beachtet werden und wie erfolglos es ist, Politiker auf der Grundlage wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnis beraten zu wollen.
Die Politik hat zwei Kardinalfehler begangen und begeht sie bis heute. Erstens hat man die Kosten der Klimapolitik konsequent ignoriert. Die Bundesregierung weiß bis heute nicht, was ihre Maßnahmen kosten. Zweitens hat man auch die Frage ignoriert, was die Klimapolitik denn eigentlich bringt, wie viel CO₂ tatsächlich eingespart wird. Ein Beispiel: Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG regulieren wir in Deutschland einen Bereich, nämlich den Energiesektor, der durch den Emissionshandel der Europäischen Union bereits reguliert ist
Deshalb verpuffen Alleingänge: Jede Tonne CO₂, die in Deutschland vermieden wird, wird anderswo in Europa emittiert, weil sich ja die Zahl der Berechtigungen nicht verändert.
Man müsste eigentlich dort CO₂ sparen, wo es kostengünstig ist. Es ist doch so: Wenn man viel CO₂ einsparen will, und weiß, dass das etwas kostet und wenn man berücksichtigt, dass wir nur begrenzte Mittel zur Verfügung haben, dann muss man zwingend dort einsparen, wo es am wenigsten kostet. Aber in Deutschland wird beispielsweise vorgeschrieben, wie Häuser zu isolieren sind und wie wir heizen sollen. Einfach deshalb, weil beim Heizen viel CO₂ erzeugt wird. Eine Anfrage der Opposition hat allerdings ergeben, dass die Regierung nicht weiß, wie viel CO₂ durch diese Regulierung eingespart wird.
Das deutsche Energiesystem war mal das beste der Welt: verlässlich, geringe Schwankungen, guter Strompreis. Die Energiewende hat all diese Eigenschaften verschlechtert – ohne dass es eine positive Seite gäbe. Es wurden 600 Milliarden Euro ausgegeben, um genauso viel Strom zu haben wie vorher mit Kernkraft, nur mit weniger verlässlichem, schwankendem und teurerem Strom. Die 600 Milliarden haben also keinen Wohlstand geschaffen, keine neuen Güter oder Dienstleistungen. Dem Klima hat das Geld auch nicht gedient, denn einerseits sind Kernkraftwerke klimaneutral und zweitens werden CO₂-Einsparungen in Deutschland über den Emissionshandel von anderen europäischen Staaten kompensiert.
Die Verbote im Namen der Energiewende übersehen die sogenannten Opportunitätskosten, also die Kosten, die dadurch entstehen, dass man Geld nun mal nicht zweimal ausgeben kann. Die Energiewende schafft weder Wachstum noch Wohlstand und sie reduziert die europäischen Emissionen kaum. Aber das Geld, das wir dafür ausgeben, fehlt bei anderen Dingen
Nirgends war die Anti-Atomkraft-Bewegung so mächtig wie hierzulande. Das Verbot von Kohle, Gas und Kernkraft unisono gibt es nirgends, wo es nicht wenigstens großes Potenzial für Wasserkraft gibt, was wir auch nicht haben. Deutschland ist das einzige Industrieland, dass komplett auf Wind und Sonne setzt. Zusammen mit der in der Gesellschaft verankerten Anti-AKW-Bewegung entwickelte das Narrativ der Klimarettung mit Erneuerbaren immense Durchschlagskraft, es war milieubildend. Medien übernahmen das Narrativ und verteidigen es mit aller Macht.
Nach dem Tsunami 2011 in Japan und der Havarie des AKW in Fukushima offenbarte sich das besonders: In anderen Ländern wurde korrekt berichtet, dass der Tsunami die 20.000 Toten gekostet hat, die freigewordene Strahlung dagegen keinen Toten. In Deutschland wurde der entsprechende Bericht der Weltgesundheitsorganisation, immerhin eine Einrichtung der Vereinten Nationen, weitestgehend ignoriert. Der passte nicht ins Bild, denn das Ziel war ja der Atomausstieg.
Die Endlager-Frage war ein politischer Trick der grünen Bewegung in Deutschland, um die Kernkraft zu verhindern. Sie durfte nicht gelöst werden, weil man das Argument brauchte. Deshalb wurde die Endlagersuche in die Länge gezogen und mit unerfüllbaren Auflagen unmöglich gemacht. Jetzt liegen die Atom-Brennstäbe in Deutschland in oberirdischen Zwischenlagern, aber das scheint kein Problem zu sein, niemand regt sich auf. Daran erkennt man die Verlogenheit der Debatte. Auch hier spielten Medien mit, anstatt kritisch zu hinterfragen, warum die Endlager-Frage nur in Deutschland unlösbar zu sein scheint.
Wer profitiert von der deutschen Energiewende?Weimann: Die grüne Bewegung und ihre vielen Verbündeten in den Medien, die Erneuerbare-Energie-Industrie, Pächter der benötigten Flächen, eine große NGO-Lobby. Das Narrativ der Energiewende als Rettung vor Klimatod und Atomtod ist so schön eingängig und in Deutschland so mächtig, dass jeder Widerspruch auf entrüstetes Unverständnis stößt. Das erleichtert den Durchmarsch der Lobby ungemein, denn man braucht eigentlich nichts über das Thema zu wissen, um damit durchzukommen – Kritik lässt sich erfolgreich diffamieren.
Der Opportunismus der Industrie war und ist das größte Problem. Nie gab es entschieden Widerspruch. Der BDI hat gerade Kosten von 1,4 Billionen Euro für die Energiewende berechnet und statt den Aufwand zu hinterfragen, die Ausgaben als „notwendig“ bezeichnet. Unter vier Augen reden die Unternehmer ganz anders, aber die Klimaziele öffentlich infrage zu stellen – das traut sich niemand aus Angst ums eigene Image.
Ganzes Interview mit vielen, weiteren spannenden Details:
https://www.welt.de/wissenschaft/plu...s-bedroht.html

Christian S.
vor 2 Tagen
Fraglos ist Joachim Weimann einer der besten Ökonomen dieses Landes. Er hat auch die Spieltheorie in Deutschland auf ein neues Level getrieben. Ein unbestechlicher Professor im besten Sinn, der den Politikern nicht nach dem Mund redet, sondern der Wahrheit verpflichtet ist. Danke für dieses Interview.