So berichtet ein Artikel, der diese Information mit einem Antwortenkatalog auf die selbst gestellten Fragen garniert.

Auszüge:

Aus ganz Baden-Württemberg wurden bis zum 1. Juni dem Landesgesundheitsamt 137 Krätze-Fälle übermittelt. Demnach gab es seit Jahresbeginn 40 Ausbrüche in 11 Stadt- und Landkreisen. Vereinzelt wurde nach einer dpa-Umfrage ein vermehrtes Auftreten festgestellt. Doch gesicherte Zahlen zur Krankheit gibt es nicht.
Wie häufig kommt die Krankheit vor?

Das weiß man nicht genau. Nach Angaben des baden-württembergischen Sozialministeriums gibt es keine Meldepflicht. Nur wenn die Krankheit in Gemeinschaftseinrichtungen ausbricht, muss das Gesundheitsamt benachrichtigt werden. Das gilt laut Landkreistag etwa für Kitas, Pflegeheime, Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte und Gefängnisse. Auch Infektionen nach einer medizinischen Maßnahme in Kliniken müssen gemeldet werden.
So sind die gemeldeten Fälle dann vorwiegend auf Meldungen aus Sammelunterkünften zurückzuführen. Das können Alten- und Pflegeheime sein, dort sind allerdings Ausbrüche unbekannt, oder Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünfte (die Bezeichnung ist meist zusammengefasst). Problematisch sind hier nicht nur die Behandlungskosten, denn wir müssten jeden unnützen Cent im Gesundheitswesen sparen, sondern auch die Übertragungsstätten für die Krätze. Dies können Matratzen (Hotels, Pensionen) sein, aber auch gebrauchte Kleidung, wie sie oft auf Märkten verkauft wird oder Kleidung in Geschäften (die ja angefasst oder sogar anprobiert wird) oder Polster in Fahrzeugen und Zügen des Öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, die zudem nur noch sehr selten gereinigt werden. Und natürlich auch eine Übertragung von Kind zu Kind in der Kita, denn dort hängen die Kleidungsstücke sehr eng und die Kinder spielen sehr eng beieinander.

Manche wähnten die Krätze längst ausgerottet. Doch laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren im Jahr 2018 rund 300 Millionen Menschen an Krätze erkrankt. Zu einem großen Problem wurde die Krankheit zuletzt in der Südosttürkei, wo Menschen nach der Erdbebenkatastrophe auf engstem Raum zusammen leben mussten.
In Deutschland war die Krätze ausgerottet.

Nach Einschätzung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) dürften Corona-Kontaktbeschränkungen kurzfristig für weniger Krätze-Fälle gesorgt haben. „Fachleute beobachten jetzt jedoch, dass die Krätze weiter auf dem Vormarsch ist“, heißt es auf der Verbandsseite. Laut RKI zeigt die Auswertung von Abrechnungsdaten niedergelassener Ärzte, dass seit 2009 die Skabies-Diagnosen etwa um einen Faktor 9 zugenommen haben. 2018 wurde demnach bundesweit eine Gesamtzahl von über 380 000 erreicht. Wie die Zunahme im langjährigen Vergleich zu bewerten ist, sei unklar. „Die lokale Häufigkeit der Skabies unterliegt laut mehreren Autoren langjährigen Zyklen, deren Ursachen jedoch unklar sind.“
Einen starken Anstieg von Krätze-Erkrankungen beobachtet aktuell das Kreisgesundheitsamt Biberach: Dort wurden in diesem Jahr aus Gemeinschaftseinrichtungen 49 Fälle bekannt. Im gesamten vergangenen Jahr waren es in der Region 15 Fälle. „Wir gehen davon aus, dass wir aktuell nur die Spitze des Eisbergs sehen“, sagt Amtsleiter Claus Unger. Mit 169 Fällen in diesem Jahr gab es auch Zunahmen in Einrichtungen im Bereich des Gesundheitsamtes Karlsruhe.
„Fälle von Krätze treten immer mal wieder auf. Seit einiger Zeit beobachten wir allerdings eine steigende Tendenz, wobei auch der Schweregrad der Hauterkrankung zunimmt“, so der Hausärzteverband Baden-Württemberg. Hartnäckigere Ausbrüche habe es in Gemeinschaftseinrichtungen gegeben.
Bis zum 1. Juni wurden dem Landesgesundheitsamt für dieses Jahr 137 Skabies-Fälle aus 11 Stadt- und Landkreisen übermittelt, im gesamten vergangenen Jahr waren es 235 Fälle in 9 Stadt- und Landkreisen. Das Gesundheitsministerium weist aber auf den nicht repräsentativen Charakter der Aufzählung hin. Nicht erfasst ist etwa der Ostalbkreis, wo das Landratsamt für letztes Jahr 11 Fälle in einer Einrichtung registrierte und 142 Fälle aus der Landeserstaufnahme für Asylbewerber (LEA) in Ellwangen. Auch nicht dabei sind die 2022 im Gesundheitsamt Karlsruhe gemeldeten 299 Fälle.
Krätze verbreitet sich laut RKI hauptsächlich durch intensive Haut-zu-Haut-Kontakte, sie zählt zu den sexuell übertragbaren Infektionen. Außerhalb des Wirtes können Milben noch für etwa zwei Tage in Kleidung oder Bettwäsche überleben. Bei einem Ausbruch in einer Gemeinschaftseinrichtung ergreift das örtliche Gesundheitsamt Maßnahmen, um einer Ausbreitung der Krankheit vorzubeugen. Die Behörden bitten Betroffene, offen damit umzugehen, Kontaktpersonen zu informieren und enge Kontakte mit anderen zu meiden. Im Zweifel sollten langärmlige Kleidung und Einmalhandschuhe getragen werden.
Symptome treten erst nach vier bis sechs Wochen auf. Betroffene sind eventuell schon ansteckend, ohne dass sie vom Befall wissen. Für Ärzte ist die Krätze wegen vieler Erscheinungsformen schwer zu diagnostizieren. Auch ist das Thema mit Scham behaftet. Zu Unrecht, sagt der Biberacher Amtsleiter und Mediziner Unger, der betont: „Eine Krätze-Erkrankung weist nicht auf mangelnde Körperpflege oder Hygienemängel hin.“
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