Was für Deutsche trotz Wohnungsnot, damit zusammenhängender zunehmender Wohnungs- und Obdachlosigkeit und explodierender Mieten bislang nicht möglich war, für Flüchtlinge wird es möglich. Die Stadt Potsdem baut in großem Umfang mit den Steuergeldern derjenigen, die sich mit den unzumutbaren Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt begnügen müssen.

Da gibt es dann sozusagen über Nacht ein Sonderprogramm:

Unterkünfte für Ukraine-Geflüchtete: Potsdam baut mehr als 400 Wohnungen

Potsdam macht bei seinem Sonderbauprogramm Tempo. Die ersten 21 von 400 Wohnungen in Modulbauweise sollen ab dem Frühjahr auf einem bisherigen Garagenareal in der Gluckstraße gebaut werden. Den Fahrplan stellten am Montag Potsdam Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (SPD) der Chef der kommunalen Wohnungsholding Pro Potsdam, Bert Nicke, vor. Die ersten sechs Standorte hatte die Stadt schon im Juni angekündigt, nun könnten an zwei weiteren Standorten noch 50 Wohnungen dazukommen. Die Flächen sind in städtischem Eigentum oder gehören der Pro Potsdam.

In Kürze sollen die Anwohner in etwa 300 Meter Umkreis der Bauprojekte mit einem Flyer informiert werden. Außerdem soll es noch Veranstaltungen geben. Die Betonfertigteile für den Bau in der Gluckstraße kommen von einem Hersteller in der Oberpfalz, so Nicke. Das verkürze die Bauzeit enorm. Ende 2023 sollen die Wohnungen bezogen werden können. Anders als Container seien die Modulbauten nicht nur vorübergehend nutzbar.

Gleich um die Ecke der Gluckstraße sollen im Patrizierweg zwei Gebäude mit 35 Wohnungen in Holzhybridbauweise entstehen. Das heißt, dass der Gebäudekern mit dem Treppenhaus aus Beton ist, der Rest aus Holzmodulen. „Im Januar wollen wir den Bauantrag stellen“, so Nicke. Im Sommer könne dann der Bau beginnen. Die Fertigstellung ist für Ende 2024 vorgesehen.
Wohnen auf Stelzen über dem Parkplatz

Ebenfalls im Frühjahr ist der Baustart für 50 Wohnungen in einem Fünfgeschosser am Wieselkiez im Stadtteil Schlaatz und für 78 Wohnungen im Eichenweg in Golm geplant. 60 bis 80 Wohnungen sollen ab Sommer 2024 auf einer Brache neben dem Bahnhof Golm im Kossätenweg errichtet werden. Das sechste und größte Projekt sind 110 Wohnungen in der Newtonstraße Ecke Ziolkowskistraße. Dort soll etwa ein Viertel des großen Parkplatzes ab 2024 überbaut werden. Derzeit laufe eine Machbarkeitsuntersuchung. Die Idee sei, das Gebäude teilweise auf Stelzen zu errichten, so dass ein großer Teil der Stellplätze erhalten bliebe.

Neu dazugekommen sind ein Standort für 45 Wohnungen in der Döberitzer Straße in Fahrland. Dort könnte ab Anfang 2024 ein dreigeschossiger Neubau entstehen. Außerdem könnten 25 Wohnungen in einem viergeschossigen Neubau in der Saarmunder Straße hinter dem Kaufland entstehen. Derzeit werde geprüft, ob im Erdgeschoss auch eine neue Ausgabestelle für die Potsdamer Tafel untergebracht werden könne. Auf dem Grundstück befindet sich derzeit ein eingeschossiger Gewerbebau, in dem früher eine Apotheke war.

An den ersten sechs Standorten sollen rund 110 Millionen Euro investiert werden. Das Sonderbauprogramm ist ein Kraftakt. „Gestiegene Zinsen für die Finanzierungen und die hohen Baupreise sind schwierige Rahmenbedingungen“, so Meier. „Was wir bräuchten, wäre ein Darlehensprogramm des Bundes mit vergünstigten Zinsen.“


Anders als im Sommer noch angenommen, bekommt die Stadt dafür wohl doch Unterstützung vom Land. Für die Bauprojekte in der Gluckstraße, im Patrizierweg und im Wieselkiez kann die Pro Potsdam Wohnungsbauförderung beantragen. Die genaue Summe steht noch nicht fest. An den anderen Standorten sei das bisher nicht möglich. So befinden sich beispielsweise die Standorte in Golm nicht in dem Gebiet, in dem Potsdam Förderung beantragen kann.

Andere Projekte werden unter Nutzung des Paragrafen 246 des Baugesetzbuches errichtet, der ausnahmsweise Wohnungen für Geflüchtete auch in Gewerbegebieten erlaubt. Allerdings kann es in solchen Gebieten keine Wohnungsbauförderung geben. Die Bundesregierung im Frühjahr entsprechende Erleichterungen für den Bau von Flüchtlingswohnungen beschlossen. Sollte die Stadt später die betroffenen Bebauungspläne ändern, könnte die Wohnungen ganz normal vermietet werden. so Meier.

Die Wohnungen sollen vorerst von der Stadt angemietet und überwiegend zur Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine genutzt werden. Rechnerisch könnten in den insgesamt 450 Wohnungen rund 1500 Menschen einziehen. Rund 3000 Ukrainer:innen sind kurzfristig in der Stadt untergekommen, drei Viertel davon bei Privatvermietern, andere zum Beispiel in der Metropolishalle. Aber die Wohnungen sollen anderen zu Gute kommen, die auf dem freien Wohnungsmarkt kaum eine Chance haben. So gibt es laut Meier bespielsweise Bedarf von Bewohnerinnen des Frauenhauses.

https://www.tagesspiegel.de/potsdam/...n-9060268.html