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Deutschlands oberster Geldwäsche-Bekämpfer wirft hin
Deutschlands oberster Geldwäsche-Bekämpfer wirft hin
Die Financial Intelligence Unit (FIU), die Anti-Geldwäsche-Einheit des Bundes, braucht einen neuen Chef. Christof Schulte hat um die Entbindung von seiner Funktion gebeten - "aus persönlichen Gründen". Die Pannen-Behörde kommt nicht zur Ruhe.
Die Nachricht erreichte die Mitglieder des Finanzausschusses im Deutschen Bundestag zuerst. In einem kurzen Schreiben ("Personelle Veränderungen bei der Financial Intelligence Unit (FIU)" informierte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Katja Hessel (FDP), den Vorsitzenden des Gremiums über die Personalie. Danach soll FIU-Chef Christof Schulte "mit Wirkung vom 15. Dezember innerhalb der Generalzolldirektion eine neue Aufgabe […] übernehmen". Schulte habe "aus persönlichen Gründen um Entbindung von seiner Funktion gebeten", diesem Wunsch komme das Ministerium nach. Die Nachfolge soll nach Angaben des Ministeriums "mit hoher Priorität" geklärt werden.
Schulte war seit August 2018 Leiter der Anti-Geldwäsche-Einheit FIU
Schulte hatte den Posten als Leiter der Anti-Geldwäsche-Einheit des Bundes am 1. August 2018 angetreten. Zu diesem Zeitpunkt hatte es wiederholt Negativschlagzeilen rund um die Behörde gegeben. Bis heute ist es Schulte nicht gelungen, die Behörde endlich in positiverem Licht erscheinen zu lassen. Daran war allerdings auch schon sein Vorgänger Andreas Bardong gescheitert.
Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren Berichte über Geldwäsche-Verdachtsmeldungen, die sich bei der FIU stauten. Zuletzt hatte sich parteiübergreifend die Kritik an der FIU verstärkt, nachdem das Bundesfinanzministerium Ende Oktober dieses Jahres einräumen musste, dass zwischen Januar 2020 und September 2022 rund 100.000 Geldwäsche-Verdachtsmeldungen "noch nicht weiter bearbeitet" worden seien. Erste Hinweise darauf habe man im August "beiläufig" erhalten.
FIU ließ auch Hinweise zu Wirecard monatelang liegen
Auch im Zusammenhang mit dem im Juni 2020 in die Pleite gerutschten Zahlungsdienstleister Wirecard machten Schulte und die FIU keine gute Figur. Ende Mai 2021 enthüllte der Bayerische Rundfunk, dass die Behörde eine Geldwäsche-Verdachtsmeldung der Commerzbank über Monate nicht an die Ermittlungsbehörden weiterleitete. Die Bank hatte der FIU zuvor eine Liste mit 343 verdächtigen Überweisungen sowie eine Art "Beipackzettel" zur Einordnung dieser Informationen übermittelt. Die Verdachtsmeldung gilt noch heute aus Sicht der ermittelnden Staatsanwaltschaft München I als zentral für die Aufarbeitung des Skandals.
Union: Linder muss FIU zur "Chefsache" machen
Matthias Hauer, der für die Unions-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss sitzt, forderte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf, die FIU "jetzt endlich zur Chefsache" zu machen. Mit dem Rücktritt von Christof Schulte ist es aus seiner Sicht aber nicht getan: "Die Probleme der FIU liegen jedoch bislang nicht nur in der Führung, sondern müssen strukturell gelöst werden." Die FIU war 2017 noch vom damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) der Generalzolldirektion unterstellt worden. Viele Experten sehen darin einen Hauptgrund für die Entwicklung bei der FIU.
Auch Mitglieder der Ampel-Koalition haben die Personalentscheidung begrüßt. Sebastian Fiedler, SPD-Bundestagsabgeordneter und als Ex-Kriminalbeamter selbst ein langjähriger FIU-Kritiker, bezeichnete den Rücktritt als "lange überfälligen Schritt. Der Leiter der FIU hat wiederholt verantwortet, dass die Unwahrheit über die wahren Probleme der FIU transparent wurden. Auch gegenüber dem Bundestag wurde getäuscht und getrickst". Für Markus Herbrand, FDP-Obmann im Finanzausschuss, kommt der Rücktritt sogar zu spät: "Angesichts der ernüchternden Bilanz seit seinem Amtsantritt 2018 ist die Entscheidung richtig." Die FIU müsse jetzt "den Teufelskreis der Negativ-Schlagzeilen der vergangenen Jahre endlich hinter sich lassen".
Großer Handlungsbedarf bei Geldwäsche-Bekämpfung
Wie groß der Handlungsbedarf bei der Geldwäsche-Bekämpfung ist, machte kürzlich auch der Bericht der Financial Action Task Force (FATF) deutlich - dem international wichtigsten Gremium zur Bekämpfung der Geldwäsche. Die FATF hatte Deutschland kürzlich einer "Länderprüfung" unterzogen und war nach Angaben des Bundesfinanzministeriums zu dem Ergebnis gekommen, Deutschland habe "kein exzellentes Ergebnis erzielt" und finde sich "im guten Mittelfeld" wieder. Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge waschen Kriminelle in Deutschland jährlich 100 Milliarden Euro. Diese Zahl stammt allerdings aus dem Jahr 2016. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.
https://www.br.de/nachrichten/deutsc...ft-hin,TQ5EoPhEs ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.
Gustav von Rochow (1792 - 1847), preußischer Innenminister und Staatsminister
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