DIE GROSSE GERECHTIGKEITS-DEBATT
Wer arbeitet, ist der Dumme
Berlin/Hamburg – Das neue Bürgergeld ist da, wird seit 3 Wochen ausgezahlt!

Doch die Kritik an der Stütze (ersetzt Hartz IV) reißt nicht ab. Vorwurf: Das Bürgergeld setzt keine Anreize für Langzeitarbeitslose, einen Job aufzunehmen. Im Gegenteil: Es könnte sogar Geringverdiener zur Job-Aufgabe verleiten.


Fast 3000 Euro für fünf Personen
Im Wohnzimmer von Familie A. aus Hamburg hängt ein 750 Euro teurer Flachbildschirm-TV. In den Kinderzimmern von Ilias (8), Leyla (2) und Taylan (9 Monate) stehen nagelneue Möbel. Trotzdem sagt Mama Sabrina (31): „Wir sind nicht zu beneiden.“
► Bis 2020 arbeiteten sie und Partner Mustafa (34) als Bäckerei-Verkäufer. Dann hörten sie auf – er wegen eines doppelten Bandscheibenvorfalls, sie wegen der kleinen Kinder. Heute leben sie von staatlichen Leistungen.
Mit dem neuen Bürgergeld und dem seit 1. Januar erhöhten Kindergeld erhält die fünfköpfige Familie 1966 Euro. Die Warm-Miete (952,95 Euro) zahlt das Jobcenter zusätzlich direkt an den Vermieter. Macht zusammen über 2900 Euro.
Rund 1000 Euro monatlich gibt die Familie vor allem für Discounter-Lebensmittel, Drogerie-Artikel, Kinder-Kleidung aus. 74 Euro gehen für Abos drauf, u. a. Amazon Prime und Netflix. 480 Euro fressen Raten für Fernseher, Möbel, Spielkonsole, Smartphones. Sabrina: „Die Kinder sollen nichts von unserer Not merken.“



Als Arbeitsloser hätte ich mehr Geld
1675 Euro brutto hätte Bernhard Weber-Rosa (53) bekommen, wenn er sich arbeitslos gemeldet hätte. 1625 Euro brutto verdient er tatsächlich – weil er arbeitet.

▶︎ Der in Schwaben geborene Berliner steht täglich um 3.30 Uhr auf und fährt mit einem Lieferwagen Obstkörbe zu Berliner Firmen. Bis Oktober 2022 hatte er zwei Jahre auf einem Touristenschiff auf der Spree geackert. Das Personal wurde reduziert, der verheiratete Vater zweier Kinder verlor seine Stelle, ging zum Jobcenter.

Bernhard zu BamS: „Als ich bei der Bundesagentur für Arbeit war, habe ich sofort gemerkt, das ist nicht meine Welt. Die Leute sind depressiv. Für Mitarbeiter als auch für Arbeitslose ist der Alltag dort eine Qual. Noch am selben Tag habe ich mir einen neuen Job gesucht.“

Dabei hätte er für mindestens 12 Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld von zwei Dritteln seines letzten Gehalts von 2500 Euro brutto gehabt. Aber Bernhard sagt: „Ich habe 20 Jahre in Rio de Janeiro gelebt. Wenn man da nicht arbeitet, stirbt man auf der Straße. Aber selbst der Kaugummiverkäufer am Strand ist glücklicher als der Arbeitslose beim Ausfüllen von Jobcenterblättern.“

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