Über das Erntedankgefühl

Quentin Quencher

Das Erntedankfest ist das Fest der Fleißigen, die sich über ihre eingebrachte Ernte freuen dürfen. Welches Erntedankfest will die Politik feiern? Etwa die Inflation, die Energiekrise oder das, was gegen Corona unternommen wurde?



Das Erntedankfest war immer eines der wichtigsten religiösen Feste für meine Mutter. Die Ernte war eingebracht, für den Winter vorgesorgt, Zeit also, Gott zu danken, weil er seine schützende Hand über das Werk der Menschen gehalten hatte. Blumen und Früchte aus dem Garten brachte sie zur Kirche, schmückte mit anderen Gemeindemitgliedern den Altar.


Freilich waren andere Feste, Ostern oder Weihnachten, vielleicht wichtiger. Doch das waren vor allem Familienfeste, mit religiöser Sinngebung natürlich, doch in der praktischen Verrichtung immer ausgerichtet auf das Zwischenmenschliche. Nicht so beim Erntedankfest, da gab es nur Gott, dem man danken konnte.
Sie lebt nicht mehr, meine Mutter, gerne hätte ich sie gefragt, ob sie sich auch dieses Jahr so auf das Erntedankfest freut, angesichts des bevorstehenden Herbstes und des Winters. Ob sie sich wohl ganz in Dankbarkeit ihren religiösen Gefühlen hätte hingeben könnte, dass der Herrgott so gnädig war?


Welches Erntedankfest will die Politik feiern?

Ich weiß es nicht, wahrscheinlich hätte sie das, was uns nun die Politik als Ernte bescheren wird, nicht mit Gott in Verbindung gebracht und es ausgeblendet.
Nicht alle Menschen sind so religiös wie meine Mutter, sie feiern den Erntedank ganz weltlich, in vielen Herbstfesten landauf und landab. Es ist unmöglich, alle diese Wein- und Volksfeste ab September hier aufzuzählen. Sie sind vergleichbar mit dem Feierabendbier des Handwerkers. Die Arbeit ist getan, jetzt kann er entspannen. Vor allem bei ländlichen kleinen Festen, oft von Heimatvereinen ausgetragen, ist dieser Feierabend-Charakter noch erkennbar.


Der Fleißige, der Verantwortungsvolle und der Gewissenhafte freut sich auf den Feierabend und weiß, er hat sich diese Entspannung verdient. Vielleicht denkt er auch an das eine oder andere, was nicht so gut gelaufen ist und nimmt sich vor, es nächstes Mal besser zu machen.


Schwierig wird das für die Politik in diesem Jahr. Welches Erntedankfest wollen die feiern? Etwa die Inflation, die Energiekrise oder alles das, was da gegen Corona unternommen wurde? Egal was sie auch taten, sie zerstörten mehr, als sie schufen.


An Gesetzen zur Drangsalierung wird schon gearbeitet

Herbstfeste sind etwas anderes als Frühlingsfeste, oder Ostern, dort wird das Kommende gefeiert, das Leben ist wieder erwacht, die Hoffnung erfüllt den Raum und gibt Kraft für das Jahr. Im Herbst ist es dann mehr die Dankbarkeit und vielleicht auch ein wenig das Selbstlob, was den Charakter der Feste bestimmt. Es ist geschafft, wir sind gerüstet für den Winter.


Noch ist Sommer, noch nicht die Zeit der Besinnung, sondern der Aktivität, wenn auch schon die Tage merklich kürzer werden. Doch der Herbst kündigt sich schon an, in den Nachrichten hauptsächlich, und er wird in diesem Jahr keiner werden, der zur Dankbarkeit führt. Von Wut-Herbst und Wut-Winter ist die Rede, vor irgendwelchen drohenden Corona-Wellen wird gewarnt und an Gesetzen zur Drangsalierung wird schon gearbeitet. Ein Erntedankgefühl, so befürchte ich, wird dieses Jahr nicht aufkommen. Es wurde eben viel mehr kaputt gemacht, als geschaffen wurde. Statt mit Dank werden die, die uns die Ernte versauten, nun mit Wut bedacht. Vornehmlich die Politik.


Aber mit Wut werden keine Altäre geschmückt, sondern zerstört. So werden sie das ernten, was sie säten.


Dieser Text ist ebenfalls auf Quentin Quenchers Blog Glitzerwasser erschienen.

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