Der Zahltag naht

Annette Heinisch

Zu lange wurde dieser Staat entkernt, Leitungsfunktionen nach Parteibuch oder allenfalls Geschlecht, nicht aber nach Qualifikation und Leistung vergeben. Das Ergebnis eines solchen Vorgehens ist immer ein zwar teurer, aber dysfunktionaler Staat.
Turbinen sind eigentlich eher weniger Teil meines Alltags, aber in letzter Zeit kam man um sie kaum herum. Immerhin sind das die Dinger, die den Russen angeblich fehlen, und deshalb können sie kein Gas geben. Schließlich benötigen sie Turbinen zwecks Kompression, um Gas durch die Pipeline zu jagen. Kann man sich eigentlich denken, schließlich gluckert das Gas nicht freiwillig durch die Pipeline. Und ist ja auch ein ziemlich weiter Weg, da braucht es schon einiges an Schisselawubbdich.

Es wird also Gas verfeuert, um die Turbinen anzutreiben, damit das Gas den Obigen bekommt, damit es zu uns kommt, um hier für Wärme oder Strom verfeuert zu werden. Obwohl wir selbst Gasvorkommen haben. Klingt schon etwas eigenartig, oder? So gar nicht klimaneutral.
Aber da geht noch mehr. Etwas überrascht las ich:

„… dass insgesamt acht Turbinen des Typs Trent 60 von Rolls-Royce geliefert wurden. Seither sind immer sechs im Einsatz, zwei dienen als Ersatz, wenn Turbinen gewartet werden müssen. Dass nun Siemens Energy die Maschinen wartet, liegt daran, dass der deutsche Konzern die Sparte mit den Industrieturbinen von Rolls-Royce gekauft hatte.

Potz Blitz, denkt man da, Trent-Turbinen von Rolls Royce? Wohlgemerkt, ich habe nichts gegen Rolls Royce, ein wenig Luxus sei auch dem russischen Gas gegönnt. Aber Trent-Turbinen: Das sind doch die dicken Turbinen von den Flugzeugen? Sie wissen schon, die an den Flügeln hängen und so viel Krach machen, besonders beim Starten, wenn der Pilot Schub gibt. Eine einfache Suche bei Wikipedia bestätigt dies.
Das heißt also, die „Flugscham-Grünen“, die uns jeden Flug missgönnen, sorgen mit ihrer Energiewende dafür, dass an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden täglich mehrere schwere Flugzeugturbinen laufen? Genau mein Humor!

Fracking seither verboten

Überhaupt ist das Klimagetue der Grünen offenbar ein reiner PR-Gag. Anders kann man ihr Verhalten nicht erklären, nicht nur, weil ernsthaft um das Klima Besorgte Atomstrom nutzen würden, sondern auch, weil das Ankarren von Gas via Schiff ebenfalls nicht so wirklich klimaneutral ist. Zur Erinnerung, Deutschland hat nicht nur Kohle, es hat auch Gas. Genug Gas, um es deutlich zu sagen. Wir sind nicht abhängig, außer natürlich von unserer eigenen, unfähigen Regierung.

Der Zeitungsverleger Dirk Ippen hat kürzlich in einem Artikel auf die deutschen Gasvorkommen hingewiesen. Bis zur Jahrtausendwende seien jährlich 20 Milliarden Kubikmeter Naturgas problemlos im eigenen Land abgepumpt worden, also etwa ein Viertel des eigenen Jahresbedarfs. Diese sichere, seit Jahrzehnten problemlos funktionierende Methode sei erst auf Widerstand der Grünen gestoßen, als ein amerikanisches Unternehmen in Deutschland fracken wollte. Ippen führt aus:

Dabei haben deutsche Firmen die Technik des hydraulischen Erschließens von Gasreserven im Schiefergestein („Fracking“) seit 1950 genutzt. Kein einziger Unfall und kein ernsthafter Umweltschaden dazu ist bekannt geworden. Als aber 2008 die US-Ölfirma Exxon diese Technik auf einem großen norddeutschen Gasfeld einsetzen wollte, schloss sich die Grüne Partei dem Protest von Umweltschützern gegen dieses Vorhaben an. In dasselbe Horn blies Russlands Propaganda-Sender „Russland Heute“. Fracking verursache gefährliche Strahlung, Emissionen von Methan und giftigen Abfall. Außerdem werde das Grundwasser verschmutzt und ein Fischsterben verursacht. Sogar Präsident Putin persönlich erklärte dazu auf einer internationalen Konferenz, durch Fracking werde aus den Wasserhähnen in unseren Küchen schwarzer Schleim statt sauberen Wassers sprudeln. 2017 war es dann so weit, dass diese nicht ganz uneigennützige Propaganda Früchte trug. Ein Gesetz der Merkel-Regierung hat seither die Gasgewinnung durch Fracking in Deutschland verboten.“

Lieber anderer Glaube mit anderen Gurus


Die Industrie habe vergeblich versucht, die irrationalen Ängste durch rationale Argumente zu entkräften und erklärt, dass Fracking vollkommen ungefährlich sei, ein absolut sicheres Verfahren der Gaserschließung. Insbesondere mit Grundwasser habe diese Technik gar nichts zu tun. Das Gas liegt 3.000 Meter tief, meilenweit unter dem Grundwasserspiegel, wobei in Grundwasserschutzgebieten ohnehin kein Fracking erfolgen würde.

Putins Propaganda hat also (wie so oft) verfangen, und der Amerikahass tat sein Übriges. Russophilie und Amerikaphobie waren selten so deutlich zwei Seiten einer Medaille wie in diesem Fall. Hass und umgekehrt Zuneigung sind jedoch keine Kategorien rationalen Denkens.
Irrational ist eigentlich alles an den Grünen und mit ihnen inzwischen an nahezu dem gesamten politischen Betrieb.

In Hamburg ist der parteilose Wirtschaftssenator Michael Westhagemann, ein ehemaliger Industriemanager, ins Visier der rot-grünen Irrationalisten geraten. Sein Vergehen? Er forderte die Wiederinbetriebnahme des hochmodernen Kohlekraftwerks Moorburg zur Stromerzeugung. Dass die Abschaltung mit Klimaschutz rein gar nichts zu tun hatte, beweist der Umstand, dass das Kohlekraftwerk in Wedel – vergleichsweise eine „Dreckschleuder“ – weiterarbeiten darf. Der Unterschied: Moorburg ist ideologisch aufgeladen, wurde zum Politikum. Wedel nicht. Wer also glaubt, es ginge um Klimaschutz, irrt. Er sollte sich einen anderen Glauben mit anderen Gurus besorgen, denn dieser taugte nie viel und fängt derzeit gerade an, in sich zusammenzubrechen.

Hintergrund von Westhagemanns Vorstoß ist die Tatsache, dass die Energiekrise voll zuschlägt. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) beschäftigen sich insgesamt 32 Prozent der energieintensiven Betriebe mit einem Zurückfahren der Produktion oder einer (Teil-)Aufgabe von Geschäftsbereichen, selbst bei den nicht energielastigen Betrieben sind es 16 Prozent.

Dabei geht es nicht nur um eine vorübergehende Stilllegung wie bei Corona, vielmehr werden diese Geschäftsbereiche entweder ganz dichtgemacht oder ins Ausland verlagert. Mit der derzeitigen Politik ist Deutschland als Wirtschaftsstandort schlicht am Ende. Und zwar dauerhaft. Bei dieser politischen Führung wird sich das nicht ändern, das Vertrauen ist weg. Sind die Standorte erst einmal geschlossen oder verlegt, wird das nicht so schnell rückgängig gemacht werden. Dann wandert nicht nur das Geld, sondern auch das Wissen ab. Aus dieser Spirale nach unten gibt es kein Entrinnen.

Verantwortungsloses Ausblenden der Realität

Übrigens sind die Hoffnungen auf „saubere“ Energie aus einem Fusionsreaktor wahrscheinlich überzogen. Zwar macht die Technik Fortschritte, zum Anfeuern eines solchen Reaktors benötigt man jedoch das radioaktive Isotop Tritium, welches nur bei bestimmten Atomreaktoren als Nebenprodukt anfällt. Da diese abgeschaltet werden sollen, wird das vorhandene Tritium wahrscheinlich zwar reichen, um den Iter-Versuchsreaktor hochzufahren. Aber hat man Erfolg und weiß, wie ein Fusionsreaktor laufen könnte, nützt es nichts, denn das dafür nötige Tritium ist dann verbraucht. Dumm gelaufen, aber was soll man bei grüner Politik anderes erwarten.

In seiner aktuellen Titelgeschichte beschreibt der „Spiegel“ das Scheitern nahezu sämtlicher deutscher Institutionen während des Höhepunkts der Afghanistan-Krise im August 2021. Es zeigte sich ein komplett dysfunktionaler Staat, der Informationen, die nicht ins Weltbild passten oder unangenehm waren, einfach ausblendete und damit völlig verantwortungslos Menschenleben riskierte. Dasselbe Verhaltensmuster des irrationalen und verantwortungslosen Ausblendens der Realität in der politischen Führung gepaart mit mittlerweile weitgehend desolat-dysfunktionalen staatlichen Institutionen zeigte sich auch während des tödlichen Desasters im Ahrtal.

Nun stehen wir wieder vor einer solchen Situation. Zu lange wurde dieser Staat entkernt, Leitungsfunktionen nach Parteibuch oder allenfalls Geschlecht, nicht aber nach Qualifikation und Leistung vergeben. Das Ergebnis eines solchen Vorgehens ist immer ein zwar teurer, aber dysfunktionaler Staat.

Die Abkehr von der Atomkraft als sicherem Energieträger war und ist komplett irrational, sie scheint eher ein Symptom des Hasses auf alles Deutsche zu sein, denn ohne sichere und günstige Energie kann kein Land überleben. Dieser kulturelle Selbsthass, der zur bewussten Zersetzung der Gesellschaft mit immer wieder wechselnden Begründungen und Maßnahmen führt, ist kennzeichnendes Merkmal der Grünen. Dabei kann es dahinstehen, ob sie Deutschland bewusst oder unbewusst zerstören wollen, jedenfalls ist dies das Ergebnis ihrer Politik, die mittlerweile von allen Parteien umgesetzt wird. Schließlich will man ja einen Pakt mit den Grünen eingehen, da scheint das sein zu müssen.

„Greife nie in ein fallendes Messer“

Jeder, der mit dieser Politik – und sei es aus angeblichen Zwängen – paktiert, trägt für die Zerstörung unseres Landes (Mit-)Verantwortung. Umso erstaunlicher ist der Hang einiger CDU-Spitzenpolitiker, sich weiter an die Grünen zu binden. An der Börse gibt es das Sprichwort: „Greife nie in ein fallendes Messer.“ Das heißt, kaufe nie Aktien eines Unternehmens, bei denen der freie Fall bevorsteht oder läuft. Genau das ist bei den Grünen der Fall. Sie werden zunehmend toxisch, wer politisch überleben will, sollte sich schnellst möglich weit von ihnen entfernen. Mal sehen, wann die anderen Parteien dies bemerken.

Im Leben kommt immer der Tag, an dem man den Preis für seine Dummheit zahlen muss. Der Zahltag naht mit großen Schritten. Dabei geht es mitnichten nur um diesen Winter. Das Energieproblem bleibt und es ist nur ein Aspekt des größeren Geschehens. Mittlerweile fällt immer mehr Bürgern auf, dass wir mitten im Kampf um eine neue Weltordnung stehen.

Putin konnte davon ausgehen, dass der deutsche Amerikahass bei seiner Invasion in die Ukraine simpel instrumentalisiert werden kann, die Saga von der Schuld der NATO bei vielen Deutschen verfängt. Boris Blaha schreibt zutreffend:

„Deutschland und Russland teilen die Besonderheit, sich in politischen Krisenzeiten für Anführer zu begeistern, die aus einer lösbaren Herausforderung durch ihre herausragenden Fähigkeiten erst eine um ein Vielfaches potenziertere Katastrophe machen können. Man würde wohl nicht allzu fehl gehen, ein solches Phänomen der in beiden Ländern mangelnden Tradition politischer Urteilskraft zuzuschreiben. Während Deutschland den Vorzug hat, wie schon Napoleon und die Franzosen zuvor, mit der vollständigen Niederlage gegenüber der vereinten Macht einer militärischen Allianz eine unmißverständliche Lektion erhalten zu haben, konnte Russland der Dynamik einer vergleichbaren Erfahrung unter dem schützenden Dach der Lorbeeren des großen vaterländischen Sieges bislang entkommen. Dies scheint nun vorbei zu sein.

Russlands gegenwärtiges Problem ist nicht der Westen. Russlands Problem sind auch nicht die USA oder der propagandistische Popanz NATO-Osterweiterung. Noch schwachsinniger ist die von etlichen Nostalgie-Konservativen nach dem Motto, der Feind meines Feindes muss mein Freund sein, dogmatisch verbreitete Ansicht, Russland hätte eine konstruktive Antwort auf die zweifellos drängenden Dekadenzprobleme des Westens. Russlands Problem ist ausschließlich Russland selbst.“

Kopfschüttelnd schauen sie auf den taumelnden Westen

Die Strahlkraft des Westens ging verloren, er gibt sich seinen Dekadenzproblemen hin und hat damit seine Soft-Power verloren. Nicht nur aus Sicht Russlands, sondern auch Chinas ist der Westen hirnlos und schwach. Darin sehen diese Staaten ein „window of opportunity“. Auch weltweit schauen viele Staaten verständnislos auf den Westen. Diese haben ihren Glauben, welcher immer das auch sein mag, nicht verloren und damit nicht das Fundament, auf dem sie fest stehen. Kopfschüttelnd schauen sie auf den taumelnden Westen, der von einer hirnrissigen Ideologie zur nächsten getrieben wird, der kulturellen Selbstzerstörung mit derzeitig herrschenden Erweckungssekten und der Klimareligion einen großen Schritt näher. Suizid aber ist kein Vorbild, entfaltet keine magische Kraft, der man folgen möchte. Diejenigen, die das Leben lieben, fühlen sich im Gegenteil geradezu abgestoßen. Weder wirtschaftliche noch militärische Mittel werden dann das Überleben des Westens sichern können.

Ohne eine kulturelle Erneuerung auf der Basis des rationalen Verstandes und der Überzeugung, dass das Fundament des Westens, nämlich die unveräußerliche Würde eines jeden Menschen und das Recht auf persönliche Entfaltungsfreiheit als Ausfluss dieser Würde wesentliche zivilisatorische Verbesserungen sind, werden wir die Zukunft nicht gewinnen. Wir, der Westen, waren einst eine Hochkultur mit starken Persönlichkeiten. Kennzeichnend waren nicht solche Jammerlappen, die heute das Bild prägen. Aber: Wollen wir den Kampf um die Zukunft überhaupt führen? Denn wenn wir wirklich wollen, dann können wir es.

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