Geld ist relativ. Irgendwie ist es immer da oder nicht. Man muss es ja nur drucken. Und deswegen verspricht Vielfliegerin Baerbock (würde sie weniger fliegen, wärs billiger - man könnte ja auch CO-2-neutraler videokonferenz) Niger und anderen afrikanischen Ländern mehr Geld. Derweil haben Rentner und Berufstätige in Deutschland eben weniger Geld.

„Hurrikan von Krisen“ : Baerbock verspricht Niger und Nachbarländern mehr Geld

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Niger, Ouallam: Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin, trägt in Ouallam in Niger Eimer mit Melonen. Bild: dpa

Annalena Baerbock widmet sich während ihrer ersten Afrika-Reise als Außenministerin dem Klimawandel. Dabei nimmt sie die Industriestaaten in die Pflicht, Deutschland eingeschlossen.

Wir sehen euch. Wir hören euch. Und wir haben eine Verantwortung dafür, dass dieser Hurrikan von Krisen irgendwie in den Griff bekommen wird.“ Mit dieser Botschaft hat sich Annalena Baerbock (Grüne) am Donnerstag an die Bevölkerung des Niger gewandt, wo sie sich am letzten Tag ihrer Westafrika-Reise vor allem den Themen Klimawandel, Ernährungssicherheit, Flucht und Vertreibung widmete.


Wer noch nicht richtig verstanden habe, was die Klimakrise eigentlich bedeute, der könne das in der Sahelzone sehr gut sehen, sagte Baerbock am Ende einer mehrstündigen Tour durch die nigrische Stadt Ouallam, wo sie – in gleißender Hitze – ein Entwicklungsprojekt für Flüchtlinge, eine dazugehörige Landwirtschaftsinitiative sowie ein Jugendzentrum besucht hatte. Die Erfahrung, wie sich 50 Grad eigentlich anfühlen, sei nicht schlecht, sagte Baerbock, sichtlich erschöpft von der Sonne. In den nächsten Jahren müsse es schließlich genau darum gehen, solche Temperaturen in anderen Regionen der Welt zu verhindern.


Zunächst aber konzentrierte sie sich auf die Sahelzone selbst. Um eine Hungerkrise in Niger und den angrenzenden Ländern zu vermeiden, müssten die Industriestaaten – auch Deutschland – die internationalen Hilfen in den nächsten Wochen deutlich erhöhen, sagte Baerbock. Die Bundesregierung habe schon vor ein paar Tagen jeweils 50 Millionen Euro für humanitäre Hilfe in der Sahelzone und für Entwicklungszusammenarbeit auf den Weg gebracht.
Mittelfristig müsse auch im Landwirtschaftsbereich und im sicherheitspolitischen Bereich enger zusammengearbeitet werden. Das einfachste aber, sagte die Außenministerin, sollte man zuerst tun: „Und das heißt, die finanziellen Mittel weiter zu erhöhen, damit wir diese Ernährungskrise eindämmen.“




Anders als in Europa werde der Klimawandel in Ländern wie Niger „nicht in Prozentzahlen gemessen, sondern tagtäglich darin, ob man zu Essen auf dem Teller hat“, sagte Baerbock. Die Klimakrise verschärfe regionale Konflikte und die ohnehin schon desolate soziale Lage in dem westafrikanischen Land. Ihr Besuch habe ihr daher noch einmal verdeutlicht, dass Integrationsfragen, Sicherheitsfragen, Ernährungsfragen und die Eindämmung der Klimakrise zusammengedacht werden müssten.

Russlands Krieg und die Folgen für die Sahelzone

Die Grünen-Politikerin hatte am Vormittag ein Entwicklungsprojekt für Flüchtlinge, Binnenvertriebene und Einheimische besucht und sich dort mit einer Schulklasse und einer Familie unterhalten. Die Siedlung in der Stadt Ouallam, die mit Unterstützung des deutschen Entwicklungsministeriums gebaut wurde, soll Menschen, die vom Terror zur Flucht gezwungen wurden, eine Perspektive für ein neues Leben ermöglichen.


Deutschland und Niger führen enge politische Beziehungen und arbeiten auch in der Migrationspolitik zusammen. Durch das Land, das zu den ärmsten der Welt zählt und auf dem Entwicklungsindex der Vereinten Nationen den letzten Platz einnimmt, führt eine der wichtigsten Routen für Migranten in Richtung Europa, vor allem aber in die Nachbarländer Algerien und Libyen. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Migranten, die Niger auf ihrem Weg durchqueren, allerdings stark zurückgegangen.


Dem Thema Klimakrise hatte sich die Grünen-Politikerin bereits am Vortag in der nigrischen Hauptstadt Niamey gewidmet. In einer Rede vor Studenten der Universität von Niamey rief sie die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich der weltweiten Ernährungskrise gemeinsam entgegenzustellen, die durch den Krieg in der Ukraine drohe. Die ohnehin schon von Dürre-Krisen und akuter Nahrungsmittelnot betroffenen Länder der Sahelzone seien von den Auswirkungen des drohenden Mangels an Getreide besonders bedroht. „Russlands Krieg wird auf grausame Weise ausgetragen auf den Straßen, den Städten und Dörfern der Ukraine. Aber seine Spuren des Leids reichen bis tief hinein in den globalen Süden“, sagte Baerbock. Dadurch verschärfe sich auch die angespannte Sicherheitslage in der Sahelregion. Extremisten nutzten die Not der Bevölkerung aus, „um Menschen für ihre barbarischen Zwecke zu rekrutieren“, sagte die Außenministerin.


In ihrer Rede versicherte sie, dass der Ukrainekrieg nicht dazu führen werde, dass Deutschland sich vom Rest der Welt abwende, ganz im Gegenteil: „On est ensemble“, sagte Baerbock auf Französisch an die Studenten gerichtet, man stehe „zusammen vor einer Herausforderung, die uns alle angeht – auch wenn sie uns nicht alle gleichermaßen betrifft.“
Bundeswehr bildet Teile der nigrischen Armee aus

Im weiteren Tagesverlauf sprach Baerbock in Niamey zum Ende ihrer Reise mit dem nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum und Außenminister Hassoumi Massoudou. Bazoum hatte 2021 während des ersten demokratischen Machtwechsels in der Geschichte Nigers die Präsidentenwahlen gewonnen. Seine Regierung gilt als verlässlicher Partner Deutschlands und Europas und als wichtiger Ankerpunkt in der von Krisen geplagten Sahelzone. Aber auch in Niger spürt man, dass sich die Sicherheitslage in der Region immer weiter verschlechtert und der Terror sich ausbreitet. In dem Land sind mehrere Milizen aktiv, einige davon stehen den Ablegern des Islamischen Staats (IS) oder Al-Quaida nahe. Deutschland beteiligt sich in dem Land unter anderem an der „European Union Capacity Building Mission“ Niger (EUCAP Sahel Niger), die durch die Ausbildung nigrischer Sicherheitskräfte Terrorismus und organisierte Kriminalität eindämmen will.

Begonnen hatte Baerbock ihren Westafrika-Besuch zwei Tage zuvor im benachbarten Mali, wo sie sich am Mittwoch mit dem malischen Übergangspräsidenten Assimi Goïta und Außenminister Abdoulaye Diop getroffen hatte. Baerbock verkündete dabei unter anderem, dass Deutschland seine Beteiligung an der europäischen Ausbildungsmission EUTM in Mali vorerst beenden wolle, da die Zusammenarbeit der malischen Armee mit russischen Söldnern der sogenannten „Gruppe Wagner“ nicht akzeptiert werden könne.

Im Rahmen von EUTM bildet die Bundeswehr auch Teile der nigrischen Armee aus. Dieser Teil der Mission soll nach Angaben von Baerbock weitergeführt werden, aber auch das Engagement in Mali wolle sie nicht vollständig abbrechen. Eine weitere Beteiligung der Bundeswehr im Rahmen der UN-Mission MINUSMA halte sie hingegen für sinnvoll und wichtig, sagte Baerbock in der malischen Hauptstadt Bamako. Am Freitagnachmittag kehrt Baerbock von ihrer ersten Afrikareise als Außenministerin nach Berlin zurück.

https://www.faz.net/aktuell/politik/...959662-p2.html