Ein kleiner Skandal:

Kriminalbeamte werfen Berliner Verwaltung ideologische Amtsführung vor

Das Verhältnis zwischen der Berliner Polizei und der Berliner Sozialverwaltung ist gestört. Das wird bei der Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise sichtbar. Die Haltung der Hauptstadt werde zum Sicherheitsrisiko, heißt es.
Nach der Flüchtlingskrise und dem Anschlag am Breitscheidplatz 2016 wurden Sicherheitschecks von Flüchtlingen in Deutschland massiv ausgebaut. Berlin hatte dabei bundesweit sogar eine Führungsrolle übernommen.
Vereinfacht gesagt wird seitdem über ein sogenanntes Fast-ID-Verfahren geschaut, ob über eine Person Erkenntnisse vorliegen. Benutzt werden dafür Fingerabdrücke. Diese Methode läuft vollständig digital ab und dauert weniger als eine Minute. Gibt es einen Treffer in den Datenbanken, ist also der- oder diejenige schon einmal auffällig geworden, gibt es weitere polizeiliche Maßnahmen.
Genau dieses Verfahren ist der Berliner Sozialverwaltung aber ein Dorn im Auge. In dem traditionell eher polizeikritischen Haus argumentiert man intern, durch die offensive polizeiliche Arbeit würden Flüchtlinge kriminalisiert.
Der Streit zwischen Behörde und Polizei ging sogar so weit, dass es Pläne gegeben haben soll, die Polizei ganz aus dem Landesamt auszuschließen – anvisiert hatte man dafür Anfang April dieses Jahres. Doch dann kam der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und in Europa setzte die größte Flüchtlingsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg ein.
Die schiere Masse an Menschen, die nun nach Deutschland kommt, kann ohne behördenübergreifende Zusammenarbeit nicht mehr bewältigt werden. Das war auch der Sozialverwaltung klar, die Behörde hob die Pläne deswegen auf.
Trotzdem setzte das Landesamt am Sonntag vorübergehend die Registrierung von Flüchtlingen aus. Man sei mit dem Andrang überfordert, hieß es.
Nachdem WELT über diesen Vorfall berichtet hatte, reagierte nun der Bund der Kriminalbeamten (BDK). In einem Brandbrief kritisiert die größte Interessenvertretung von Kriminalbeamten in Deutschland die Berliner Verwaltung scharf. In dem Schreiben heißt es: „Es mangelt an Organisation und Koordination.“
So habe die Berliner Behörde zunächst Unterstützung seitens der Polizei bei der Registrierung erbeten, aber wenige Tage später wieder abbestellt, mit dem Ergebnis, dass am vergangenen Sonntag die Registrierung komplett brach lag.
Es sei „unabdingbar“, so die Argumentation der Kriminalbeamten, dass alle Menschen aus der Ukraine, die hier einen Aufenthaltstitel bekommen, auch erkennungsdienstlich behandelt würden. Gemeint ist damit, dass von ihnen Fingerabdrücke genommen und ein Foto gemacht wird. Überlegungen, Aufenthaltstitel auch ohne diese Maßnahmen durchzuführen, würden potenziell nicht zuletzt die Schutzsuchenden selbst gefährden.
Es bedürfe angesichts von Ereignisse wie dem „Tiergarten-Mord“ keiner allzu großer Fantasie, um sich vorzustellen, dass die Regierung der Russischen Föderation auch den Strom Schutzsuchender ausnutzen könnte, um eigene Leute mit entsprechenden Absichten nach Deutschland einsickern zu lassen, heißt es in dem Papier.
Das ganze Verhalten Berlins, so der BDK weiter, sei ein Armutszeugnis für die deutsche Hauptstadt angesichts der Lage, in der sich die vor dem Krieg geflohenen Menschen befinden. „Bedauerlicherweise scheinen dabei auch ideologische Gründe eine Rolle zu spielen“, schreibt der BDK und fordert nun einen „ressortübergreifenden, kompetent besetzten Krisenstab bei der Senatskanzlei“. Bei der Flüchtlingskrise 2015 habe sich das bereits bewährt.
Auch beim Bund ist man sauer auf Berlin. So hatte etwa das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in der vergangenen Woche Mitarbeiter nach Berlin geschickt, um bei der Registrierung zu helfen. Diesen Mitarbeitern sei aber kurzfristig abgesagt worden. Berlin habe sich lieber dazu entschieden, Sonntag die Registrierung auszusetzen.
https://www.welt.de/politik/deutschl...hrung-vor.html