Vorab, der Artikel über den Artikel:

Wer diesem Streit folgen will, muss einige Vokabeln pauken: „Terf“, „Deadname“ und „transident“ zum Beispiel. Aber der Reihe nach...

Das feministische Magazin „Emma“ hat einen Artikel über die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tessa Ganserer (44) veröffentlicht, in dem harte Kritik an der Politikerin geübt wird.

Ganserer sitze im Parlament auf einem Frauenquotenplatz, obwohl sie physisch und rechtlich ein Mann sei, formuliert das Magazin.

Ein Hintergrund: Ganserer kritisiert das im „Transsexuellengesetz“ festgelegte Verfahren für eine rechtliche Namens- und Personenstandsänderung – und hat sich ihm bisher verweigert. Daher steht auch im Personalausweis noch ihr abgelegter Vorname.

Grundlage für den Frauenquotenplatz sei aber das „Frauenstatut“ der Grünen, berichtet „Emma“. „Von dem Begriff ,Frau' werden alle erfasst, die sich so definieren“, heißt es darin.

Dagegen rege sich Widerstand. Tatsächlich gibt es eine Initiative namens „Geschlecht zählt“ – „gegründet von frauenbewegten Feministinnen“ – die auf ihrer Internetseite u.a. behauptet: „Im Parlament sitzt ein Mann, dem das Mandat nicht zusteht.“

Gemeint ist Tessa Ganserer.
„Bevölkerung und Medien sollen daran gewöhnt werden, dass die Kategorie Geschlecht in unserem Rechtssystem neu definiert werden soll“, meint die Initiative. „Wer Frau und wer Mann ist, soll nicht mehr auf objektiv feststellbaren, körperlich-biologischen Merkmalen beruhen, sondern auf einer ‚Gender-‚ bzw. ‚Geschlechtsidentität‘, die auf einem subjektiven Gefühl beruht, das sich aus Stereotypen und Geschlechterklischees speist.“

Sowohl die Initiative als auch „Emma“ nennen explizit den „Deadname“ von Ganserer, also den „toten“ Vornamen, den sie trug, als sie noch als Mann lebte. Das gilt als Affront, weil es Trans-Personen immer wieder an ihre alte Identität erinnere und verletzend wirken könne. Ein Beispiel: In Berichten über den Schauspieler Elliot Page (34), der früher als Frau lebte, solle man den abgelegten Vornamen nicht erwähnen.
„Emma“ wird für den Bericht heftig kritisiert. Auf Twitter trendet der Hashtag #SolidaritätmitTessa.

„Trans*Frauen sind Frauen. Daran kann auch diffamierende Berichterstattung nichts ändern“, schreibt zum Beispiel die grüne Bundestagsabgeordnete Jamila Schäfer (28).

Die Autorin Anne Wizorek (40) twittert: „Terfs, hört endlich auf mit diesem verdammten Gatekeeping, wer Frau sein oder Weiblichkeit zeigen darf!“

TERFs – das steht für Trans-Exclusionary Radical Feminism („Trans-ausschließender radikaler Feminismus“) und wird als abfällig gemeinter Begriff für Feministinnen verwendet, die Trans-Frauen nicht als „richtige“ Frauen sehen. Als TERF wird immer wieder auch die Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling (56) bezeichnet – zum Beispiel, weil sie sich über einen Online-Artikel lustig gemacht hatte, in dem die Worte „Menschen, die menstruieren“ statt „Frauen“ verwendet wurden.
Ganserer, die mit einer Frau zusammen ist, sitzt mit Nyke Slawik (28, Grüne) als erste Trans-Frau seit September 2021 im Bundestag. 2018 war sie die erste Abgeordnete in Deutschland, die sich öffentlich als transidente Frau geoutet hat. „Transident“ ist ein umfassenderer Begriff für Transsexualität und schließt Menschen ein, die keine chirurgische genitale Geschlechtsangleichung in Anspruch nehmen.

Auf dem Stimmzettel bei der Bundestagswahl stand noch der alte Vorname von Ganserer – und Tessa lediglich in Klammern. „Das ist die Spitze der täglichen Demütigungen“, sagte Ganserer im vergangenen Jahr der „Welt“. Denn es bringe noch einmal zum Ausdruck, dass der Staat sie nicht als den Menschen akzeptiere, der sie sei. „Es ist für mich ein echtes Problem im Wahlkampf, weil es Menschen irritiert.“

Die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität schätzt den Anteil der transgeschlechtlichen Menschen in Deutschland auf 0,3 bis 0,6 Prozent. Repräsentative Erhebungen für Deutschland gibt es nicht.

https://www.bild.de/politik/2022/pol...3838.bild.html
Daraus der Hintergrund zu der Kritik:

Ein Hintergrund: Ganserer kritisiert das im „Transsexuellengesetz“ festgelegte Verfahren für eine rechtliche Namens- und Personenstandsänderung – und hat sich ihm bisher verweigert. Daher steht auch im Personalausweis noch ihr abgelegter Vorname.

denn so ganz will Ganserer gar keine Frau werden.Der Stein des Anstosses und ursprüngliche Artikel:
Ganserer: Die Quotenfrau

Der physische und juristische Mann Markus/Tessa Ganserer sitzt für die Grünen im Bundestag – auf einem Frauenquotenplatz. Jetzt regt sich Protest. Die Initiative „Geschlecht zählt“ hat Widerspruch beim Wahlprüfungsausschuss eingelegt. Denn hier geht es um nicht weniger als die Frage: Wie definieren wir künftig Geschlecht?
19. Januar 2022
Markus/Tessa Ganserer im Bayrischen Landtag. - Foto: Tobias Hase/dpa

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Im neuen Bundestag sitzt seit den Wahlen im September 2021 auf einem grünen Frauenquotenplatz ein Mensch, der physisch und rechtlich ein Mann ist: Markus Ganserer. 2018 outete Ganserer sich öffentlich als Frau, nennt sich seither „Tessa“ und trägt Frauenkleider. Ganserer hat weder sein Geschlecht operativ angleichen lassen, noch hat er/sie jemals seinen/ihren Personenstand amtlich geändert.
Ganserer, 44, ist von Beruf ForstwirtIn und seit 2001 mit einer Frau zusammen, inzwischen verheiratet und Vater zweier Kinder – aber fühlt und kleidet sich als Frau und nennt sich „Tessa“. So weit, so nachvollziehbar - und zum Glück heutzutage auch möglich für einen Menschen, der so fühlt.
Eine politische Dimension bekam diese private Angelegenheit, als Ganserer, zuvor acht Jahre für die Grünen im bayrischen Landtag, im Herbst 2021 für den Bundestag kandidierte: und zwar auf einem Frauenquotenplatz der grünen Liste. Statt einer Frau sitzt also jetzt ein Mensch auf diesem Platz, der körperlich und rechtlich ein Mann ist, sich jedoch als Frau „fühlt“. Möglich ist das bei den Grünen, weil die Partei in ihrem „Frauenstatut“ erklärt: „Von dem Begriff ‚Frauen‘ werden alle erfasst, die sich selbst so definieren.“ Diese parteiinterne Klausel wurde nun jedoch de facto von den deutschen Wahlbehörden übernommen: Ganserer wird im Bundestag und statistisch als Frau geführt.
Markus/Tessa Ganserer: Ein Penis ist nicht per se ein männliches Sexualorgan
Dagegen regt sich nun Widerstand. Hinter der Initiative „Geschlecht zählt“ stehen 14 Initiatorinnen und zahlreiche UnterstützerInnen. Die Frauen haben schon im November 2021 beim Wahlprüfungsausschuss des Bundestages Widerspruch gegen die offizielle Anerkennung von Ganserers Mandat eingelegt. „Die Grünen verfolgen die Strategie, die Selbstdefinition des Geschlechts faktisch einzuführen, obwohl es dafür keine rechtliche Grundlage gibt“, erklärt die Initiative auf ihrer Website. „Gültige Rechtslage ist, dass das juristische Geschlecht nur nach dem Transsexuellengesetz (TSG) geändert werden kann. Genau das will Markus Ganserer nach seiner Aussage den Medien gegenüber nicht tun.“ Vielmehr erklärte Ganserer in der taz: „Ein Penis ist nicht per se ein männliches Sexualorgan.“
„Es geht nicht um den persönlichen Fall Ganserer, sondern um die Neudefinition des Begriffs Geschlecht“, erklärt Hilde Schwathe von der Initiative „Geschlecht zählt“. Die "feministische Coach" und Referentin für Frauenfragen ist die „Einspruchsführerin“ des Widerspruchs beim Wahlprüfungsausschuss. Seit die Frauen mit ihrer Website „Geschlecht zählt“ an die Öffentlichkeit gegangen sind, haben sich ihnen Frauen und Männer „aus der ganzen Bundesrepublik angeschlossen“, sagt Schwathe.
Gegründet wurde „Geschlecht zählt“ von Feministinnen. "Mitstreiterinnen und Unterstützer der Initiative sind Frauen und Männer aus Politik, Wissenschaft, Medizin, Bildung, Wirtschaft, Justiz und der Care-Arbeit." Darunter auch Grüne, „die jetzt erst verstanden haben, welche Folgen das geplante ‚Selbstbestimmungsgesetz’ hätte“. Diese Reform soll schon bald das in der Tat überaltete und reformbedürftige Transsexuellengesetz ersetzen.
Die Kategorie Geschlecht soll jetzt neu definiert werden - nach subjektivem Gefühl
„Die Grünen haben mit dem Fall Ganserer das Selbstbestimmungsgesetz, das noch im Sommer 2021 im Bundestag abgelehnt wurde, einfach de facto eingeführt“, erklärt Hilde Schwathe. Tatsächlich ist die Wahl der Grünen von Ganserer auf einen Frauenquotenplatz eine widerrechtliche Vorwegnahme des von ihnen geplanten „Selbstbestimmungsgesetzes“, nach dem das „gefühlte“ Geschlecht zukünftig über dem biologischen stehen soll (siehe auch das am 23. März erscheinende Buch, herausgegeben von Alice Schwarzer und Chantal Louis: „TRANSSEXUALITÄT. Was ist eine Frau? Was ist ein Mann? Eine Streitschrift“).
„Bevölkerung und Medien sollen daran gewöhnt werden, dass die Kategorie Geschlecht in unserem Rechtssystem neu definiert werden soll: Wer Frau und wer Mann ist, soll nicht mehr auf objektiv feststellbaren, körperlich-biologischen Merkmalen beruhen, sondern auf einer ‚Gender-‚ bzw. ‚Geschlechtsidentität‘, die auf einem subjektiven Gefühl beruht, das sich aus Stereotypen und Geschlechterklischees speist“, vermutet die Initiative. Und das betrifft keineswegs nur den Bundestag oder andere Gremien mit quotierten Frauenplätzen. „Sollte sich dieser Geschlechtsbegriff durchsetzen“, so Schwathe, „hätte das Auswirkungen auf alle Gesetze, in denen das Geschlecht relevant ist: vom Familienrecht bis zum Strafrecht. Auch der Gesundheitsbereich und Opfer-Täter-Statistiken sind betroffen.“
Der Wahlprüfungsausschuss hat den Widerspruch von Hilde Schwathe und Mitstreiterinnen angenommen. Eine Entscheidung getroffen hat er noch nicht - aber hoffentlich bald. Denn die Debatte läuft heiß.


https://www.emma.de/artikel/markus-g...tenfrau-339185




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Es ist schon weit gekommen, wenn Zeitungen wie nordbayern (Nürnberger Nachrichten/Nürnberger Zeitung) behaupten, dass der Emma-Artikel diffamieren würde.

Magazin "Emma" diffamiert Trans-Politikerin Tessa Ganserer
https://www.nordbayern.de/panorama/m...rer-1.11753093