Kritik an fehlender Impfpflicht für private Pflegekräfte


Am 15. März tritt für das Gesundheits- und Pflegepersonal eine Corona-Impfpflicht in Kraft. Sie gilt aber nicht für Pflegekräfte mit privatrechtlichen Verträgen. Experten sehen Regelungsbedarf.


Bei den privaten Pflegekräften handelt es sich meist um osteuropäische Frauen, die von den Pflegebedürftigen selbst oder deren Familien organisiert und bezahlt werden. Die Haushalte schließen privatrechtliche Verträge mit Firmen im Ausland und über Vermittlerdienste in Deutschland. Die im Fachterminus Betreuungskräfte genannten Pflegerinnen seien von der Impfpflicht juristisch nicht erfasst, teilte das niedersächsische Gesundheitsministerium am Donnerstag auf Anfrage des NDR in Niedersachsen mit.


Ärzte kritisieren die Impflücke

Konkret bedeutet dies: Die Betreuungskräfte müssen sich nicht impfen lassen. Der niedersächsische Hausärzteverband hält die fehlende Impfpflicht für fragwürdig. Die Hausärzte und -ärztinnen wünschten sich, dass ihre Patientinnen und Patienten sicher von geimpftem Personal gepflegt und betreut würden, so ein Sprecher. Die Ärztekammer Niedersachsen nennt die fehlende Impfpflicht in diesem Bereich "nicht konsequent". Sprecher Thomas Spieker appellierte an den Gesetzgeber, in diesem Punkt nachzubessern. So auch der Bremer Pflegewissenschaftler Stefan Görres: "Da muss eine Lücke geschlossen werden, da ist der Gesetzgeber gefragt", sagte er. Im Umgang mit den Patientinnen und Patienten sei ein Impfschutz wichtig.
Patientenschutzbeauftragte sieht moralische Pflicht

Die Landespatientenschutzbeauftragte bedauert die Ausnahmeregelung. "Unter dem derzeitigen Rechtsrahmen sehe ich jedoch eine moralische Verpflichtung, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Jeder Mensch hat die moralische Pflicht, seine Mitmenschen vor Krankheit zu schützen und das Gemeinwohl zu unterstützen, insbesondere dann, wenn man sich beruflich um alte oder kranke Menschen kümmert", sagte Nicole Sambruno Spannhoff.
Kritik auch auf Bundesebene

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU im Bundestag, Tino Sorge, forderte die Bundesregierung auf, sich des Problems anzunehmen. Privat organisierte Pflegekräfte dürften bei der Impfpflicht nicht übersehen werden - zumal sie oft in enger häuslicher Gemeinschaft mit den Betreuten lebten. Ähnlich äußerte sich der pflegepolitische Sprecher der Linken, Ates Gürpinar. Er findet aber, private Pflegekräfte sollten dann auch beim Arbeitsschutz gleichgestellt werden und Anspruch auf Corona-Boni haben. Laut einem Sprecher des Bundesgesundheitsministerium ist man sich des Problems in Berlin bewusst. Ob und wie die Impfpflicht auf private Pflege- und Betreuungskräfte ausgedehnt werden könnte, werde in den Fachgremien diskutiert, hieß es.

https://www.ndr.de/nachrichten/niede...flicht218.html