Sonst darf der nächste Angehörige keinen Abschied nehmen. Pietät war gestern. Heute wird der würdige Mensch gedemütigt.

Der Berliner Senat hat am 4.6.2021 mit sofortiger Wirkung beschlossen, dass zu Trauerfeiern bzw. Bestattungen nur noch Hinterbliebene zugelassen werden, die in Bezug auf Corona getestet, geimpft oder genesen sind. Nach den Informationen eines Bestatters, die reitschuster.de vorliegen, müssen die Kontrolle der Einhaltung dieser Regel die Bestatter selbst durchführen. Sie gelte berlinweit und werde bereits durch die Friedhofsverwaltung Treptow-Köpenick direkt umgesetzt.
Die Bezirke seien aber befugt, die Regelung noch nachzuschärfen. So ist die Verwaltung des Zentralfriedhofs Treptow-Köpenick noch weiter gegangen: Sie erlaubt den Zutritt für Hinterbliebene zum Friedhof nur noch mit Test, Impfnachweis oder einem Nachweis als Genesener. Wenn also eine ältere Dame das Grab ihres Mannes besuchen möchte, muss sie nachweisen, dass sie getestet, geimpft oder genesen ist.
Auf die Frage, ob die gesammelten Daten an die zuständigen Behörden übermittelt werden sollen, konnte der Bestatter gar nicht antworten. Es heißt, man solle zunächst sammeln. Bis vor kurzem wurden Mitarbeiter ohnehin verpflichtet, persönliche Daten der Hinterbliebenen zu dokumentieren. Allerdings wurden diese Daten von niemandem angefordert und es geschah auch nichts mit den Daten. Zum Nachverfolgen möglicher Infektionsketten habe die Datenerfassung auch nichts gebracht, weil es offensichtlich niemals eine Infektionskette gegeben habe.
Warum diese neue Regelung überhaupt notwendig ist und warum sie gerade jetzt beschlossen wurde, während in vielen Lebensbereichen massiv gelockert wird, ist völlig unklar. Trauergäste dürfen sich ohnehin nur im Freien aufhalten und müssen Abstände und sonstige Hygieneregeln einhalten.
Insgesamt herrschen seit Anfang der Pandemie absurde Regeln für Beerdigungen, so der Bestatter. Der Sarg müsse immer in der Kapelle bleiben, währenddessen alle Trauergäste draußen stehen müssen. Um trotz dieser Regeln Trauerfeiern etwas würdiger zu gestalten, haben die Bestatter versucht, Außenbeschallungsanlagen für Trauerreden und Musik aufzustellen, doch selbst das wurde unter dem Vorwand, „es könnte zu Zusammenrottungen kommen“, nicht genehmigt.
Absurder kann man sich das kaum vorstellen: Eine Regel, die die Menschenwürde massiv antastet, die aber in sich keinen Sinn macht, weil die Situation, mit der sie begründet wird, so gut wie niemals eintreten kann.

Auf die Frage, wie die betroffenen Menschen auf diese Regel reagieren, sagte der Bestatter, dass sie in ihrer Lage völlig überfordert seien und alle Einschränkungen und Restriktionen stillschweigend hinnehmen.
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