Während die Bürger im angerichteten Chaos noch nicht einmal mehr die Möglichkeit haben, einen Impftermin in einem Impfzentrum zu ergattern, von Ärzten auf Monate vertröstet werden, bekommen Flüchtlinge nun eine Extrabehandlung, Aufklärung in ihren Sprachen und bereits ein Impfangebot für den nächsten Tag.

Man bedenke: Noch nicht einmal das medizinische Personal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ist vollständig geimpft und darf nun auch in der großen Impflotterie auf einen Termin hoffen.


Corona

Viele Flüchtlinge fürchten Impfung

Bewohner der Flüchtlingsunterkünfte der Stadt Remseck sollen am kommenden Sonntag gegen Corona geimpft werden. Bei einigen gebe es Ängste und Vorbehalte, sagt die kommunale Flüchtlingsbeauftragte Jasmine Finckh. Es müsse noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. Das soll am Samstag geschehen.

Remseck. Bereits seit Ende Februar können sich Menschen, die in Sammelunterkünften leben, impfen lassen. Das sind nicht nur Flüchtlinge, sondern auch Obdachlose. Genau diesem Personenkreis – inklusive ihrer Betreuer – wurde in Remseck nun ein Impfangebot gemacht. In städtischen Obdachlosenunterkünften leben aktuell rund 20 Personen, in Sammeleinrichtungen für Flüchtlinge sind es rund 250. Laut Jasmine Finckh handelt es sich dabei zu etwa 65 Prozent um alleinstehende Männer und zu 35 Prozent um teils sehr große Familien. Impfberechtigt seien allerdings nur die Erwachsenen, und damit etwa 120 Personen.

Noch Aufklärung erforderlich

„Wir haben alle, die in Obdachlosigkeit untergebracht sind, angeschrieben und ihnen neben dem möglichen Impftermin Informationen zur Corona-Schutzimpfung zukommen lassen“, sagt Jasmine Finckh, die die Aktion am Wochenende vorbereitet. Nach Remseck kommen mobile Impfteams des Kreisimpfzentrums. Bisher haben sich etwa 30 Impfwillige bei ihr angemeldet. Darunter sind auch einige Betreuer, beispielsweise Sprachlehrer. Es sei noch eine Menge Aufklärungsarbeit erforderlich, denn es gebe vielfach Vorbehalte und Ängste – vor allem bei den Flüchtlingen. „Ich bin mal gespannt, wie viele Namen am Samstagnachmittag auf meiner Liste stehen werden“, so Jasmine Finckh. Ganz abstruse Vorurteile hat sie schon zu hören bekommen. Wer geimpft sei, werde abgeschoben, befürchten einige. Bei der Impfung werde ein Chip eingesetzt, mit dem dann der Aufenthaltsort nachverfolgt werden könne. Die Vakzine seien Gift, die Geimpften Versuchskaninchen. „In den sozialen Medien kursieren so viele Fake News, die leider ernst genommen werden“, weiß die Flüchtlingsbeauftragte der Stadt Remseck aus eigener Erfahrung. Und es bestehe häufig der Irrglaube, dass das Virus jungen Menschen nichts anhaben könne.


Dass die Ansteckungsgefahr gerade in Einrichtungen, in denen viele Menschen auf engstem Raum zusammenleben und Sanitärräume sowie Küchen gemeinsam genutzt werden, hoch ist, haben die Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft schon selbst zu spüren bekommen. „Vor ungefähr sechs Wochen hatten wir in Remseck einen größeren Coronaausbruch“, so Finckh. In einer Einrichtung waren 15 Menschen erkrankt. Immer wieder sei versucht worden, Ängste und Sorgen abzubauen. So hätten etwa Betreuer und auch Geflüchtete, die bereits geimpft sind, von ihren Erfahrungen berichtet, und gezeigt, dass ihnen bei der Injektion nichts Schlimmes passiert ist. Dennoch bestünden weiter Vorbehalte.


Aus diesem Grund werden am morgigen Samstag im Haus der Bürger erneut Aufklärungsgespräche angeboten. Vier Impfteams des Landkreises seien von 9.30 bis 14 Uhr vor Ort, um Unentschlossene mit Informationen zu versorgen, so die Flüchtlingsbeauftragte. Die Beratung werde nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch, Afghanisch und Arabisch angeboten. Bis zum Nachmittag müsse man sich dann verbindlich zur Impfung am folgenden Tag anmelden, erläutert Jasmine Finckh. Um die Impfaktion am Wochenende gut vorbereiten zu können, hat sie sich informiert, wie es anderswo im Landkreis gehandhabt wurde. „Ich habe mir vor Kurzem mal in Gerlingen angeschaut, wie die es machen“, berichtet Finckh. Die Flüchtlingsbeauftragte hat sich übrigens dafür entschieden, dass in Remseck am kommenden Sonntag mit dem Vakzin von Pfizer/Biontech geimpft werden soll. Das Landratsamt bietet diesen Impfstoff und auch den von Johnson & Johnson für Sammelunterkünfte an. Letzterer muss bekanntlich nur einmal verabreicht werden und wird häufig für Personen eingesetzt, bei denen befürchtet wird, dass sie zum zweiten Termin nicht erscheinen.

Zweiter Termin am 1. August

Jasmine Finckh ist zuversichtlich, dass dies in Remseck nicht passieren wird. Wer sich jetzt bewusst anmelde, nehme auch den zweiten Termin wahr. Bis dahin vergehen allerdings einige Wochen. Die mobilen Impfteams des Landkreises werden erst am 1. August wieder nach Remseck kommen. Dann soll nicht im Haus der Bürger, sondern direkt in einer Sammelunterkunft geimpft werden.

https://www.lkz.de/lokales/landkreis...id,639126.html

Ich nehme an, dass jetzt einige Leser, die sich wenig erfolgreich um einen Impftermin bemühen, jetzt richtig sauer werden, wenn sie dies lesen.