Es werden mehr Tests abgerechnet als gemacht wurden.

Die Tests kosten den Steuerzahler pro Test

Der Bund übernimmt dagegen die Kosten für die Schnelltests, die individuell in Testzentren, Apotheken oder Praxen durchgeführt werden. Angesetzt sind dafür 18 Euro pro Test für das Testkit und die Durchführung des Tests.
https://www.bundesgesundheitsministe...nelltests.html

Betrug bei Corona-Testzentren: "Mit etwas krimineller Energie ist gerade sehr viel möglich"

Die Corona-Testzentren sind ein Paradies für Betrüger, sagt der Experte Gunter Lescher. Eine effektive Kontrolle sei derzeit kaum machbar.
ZEIT ONLINE: Wie funktioniert so ein Abrechnungsbetrug konkret?
Lescher: Prinzipiell sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Der einfachste Betrug besteht darin, dass die Zentren mehr Tests an die Kassenärztlichen Vereinigungen melden, als sie durchgeführt haben, und entsprechend mehr Geld bekommen. Ein anderes Beispiel war der mutmaßliche Betrugsfall in Lübeck: Dort wurden die Tests nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Mit etwas krimineller Energie ist gerade sehr viel möglich.
ZEIT ONLINE: Wie groß ist aus Ihrer Sicht das Problem?
Lescher: Es gibt ein riesiges Betrugspotenzial, weil das Geschäftsmodell so einfach ist: Stäbchen rein, Test gemeldet, fertig. So ein Geschäft lockt automatisch kriminelle Strukturen an. Aber auch Einzeltäter sind denkbar. Vermutlich erleben wir gerade eine große Bandbreite an Betrugsfällen, die wir aber erst viel später aufdecken können, wenn überhaupt.
ZEIT ONLINE: Wer ist für die Testzentren zuständig?
Lescher: Die Gesundheitsämter kontrollieren die medizinischen und hygienischen Standards, die Abrechnungskontrolle fällt in die Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigungen. Bezahlt werden die Tests letzten Endes vom Bund, über das Bundesamt für Soziale Sicherung.
ZEIT ONLINE: Wird überhaupt kontrolliert, wer alles ein Testzentrum eröffnet?
Lescher: Es gibt drei Arten von Kontrollen: Die erste betrifft die Zulassung der Testzentren. In vielen Fällen können diese Anträge online gestellt werden, eine detaillierte Prüfung findet meines Wissens nach nicht statt. Dann gibt es die Kontrolle der Gesundheits- und Hygienestandards durch die örtlichen Gesundheitsämter. Und zuletzt die Überprüfung der Abrechnungen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen. Dort sehe ich ein besonders großes Betrugspotenzial.
ZEIT ONLINE: Warum?
Lescher: Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben aktuell wenig Kontrollmöglichkeiten. Ihre einzige Möglichkeit besteht darin, die eingereichten Testzahlen auf Plausibilität zu prüfen. Hinzu kommt, dass sie aus Gründen des Datenschutzes keine personenbezogenen Daten übermittelt bekommen. Die werden bei den Testzentren vorgehalten, aber nicht weitergegeben. Eine echte Kontrolle eines einzelnen Testzentrums kann nur erfolgen, wenn ein Verdacht vorliegt. Und mit den vorhandenen Daten ist es für die Kassenärztlichen Vereinigungen schwer, so einen Anfangsverdacht festzustellen.
ZEIT ONLINE: Welche Maßnahmen empfehlen Sie, um die Betrugsrisiken zu verringern?
Lescher: Das fängt bei der Zulassung neuer Testzentren an: Anträge sollten vorab oder spätestens im Nachgang intensiv geprüft werden. Dazu gehört beispielsweise die Überprüfung von Handelsregisterauskünften. Zusätzlich könnte schon ein kurzer Blick ins Internet helfen: Gab es negative Presse zu der Person, welche Firmen gehörten ihr in der Vergangenheit?
ZEIT ONLINE: Und bei der Abrechnung?
Lescher: Eine reine Plausibilitätsprüfung ist einfach zu wenig. Wer geschickt betrügt, fällt bei diesen Kontrollen in der Regel nicht auf. Hier könnte man beispielsweise mit Mitteln der forensischen Datenanalyse arbeiten und dabei insbesondere auch die in den Testzentren vorgehaltenen Daten berücksichtigen. Vor allem bräuchte es aber auch massive Stichprobenkontrollen in den Testzentren selbst.
https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-....google.com%2F

Abrechnungsbetrug von Testzentren: Lücken ausgenutzt

Corona-Testzentren sollen kostenfreie Bürgertests falsch abgerechnet haben. Doch für Kontrollen fühlt sich niemand richtig verantwortlich.

BERLIN taz | Corona-Testzentren sprießen gerade in allen Städten wie Pilze aus dem Boden. Die kostenlosen Testmöglichkeiten bieten den Bür.ge.r:in.nen nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch neue Freiheiten. Mit einem negativen Testergebnis ist schließlich wieder ein Besuch im Stadion möglich oder im Biergarten. Mindestens 15.000 Testzentren gibt es mittlerweile in ganz Deutschland, das gab Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Mitte April bekannt, mittlerweile sind es noch mehr.
Die Voraussetzungen, ein Testzentrum zu eröffnen, sind nicht besonders hoch. Im Internet finden sich leicht Webseiten, die dabei Unterstützung anbieten. Die Räumlichkeiten sollen im besten Fall einen Ein- und Ausgang haben und gut belüftet werden können. Nicht-medizinisches Personal kann schnell geschult werden, um die Abstriche in Rachen und Nase durchzuführen. Die Zulassung erfolgt über das jeweilige Gesundheitsamt.

Nun legt eine Recherche der Süddeutschen Zeitung, dem WDR und dem NDR nahe, dass manche Testzentren im großen Stil abzocken. Es scheint ein lukratives Geschäft zu sein. Pro Bürgertest können die Testzentren bis zu 18 Euro für die Testung und das Material abrechnen. Und sie haben offenbar leichtes Spiel. Dem Bericht zufolge müssen Be.trei.be.r:in.nen von Testzentren nicht einmal nachweisen, dass Tests gekauft und durchgeführt wurden. Es reiche, die Anzahl der Getesteten an die Kassenärztlichen Vereinigungen zu melden. Diese bekommen das Geld dann aus Steuermitteln erstattet.
In mehreren Städten in Nordrhein-Westfalen zählten die Jour.na.lis.t:in.nen des Recherchenetzwerks tageweise, wie viele Be.su.che.r:in.nen im Testzentrum auftauchten und glichen diese Zahlen mit den tatsächlich gemeldeten Zahlen ab. Das Ergebnis: In Gievenbeck wurden zum Beispiel in einem von der Medi Can GmbH betriebenen Testzentrum an einem Tag während der gesamten Öffnungszeit über hundert Menschen gezählt – tatsächlich gemeldet wurden dem NRW-Gesundheitsministerium für diesen Tag aber 422 getestete Menschen.
Firma ist jetzt gesperrt

Bei dem Betreiber Medi Can scheint das System zu haben. In einem Testzentrum in Köln zählte das Recherche-Netzwerk an einem Tag 80 Personen, gemeldet wurden aber 977. Der Inhaber erklärte laut Bericht, dass „die Testungen in einigen Städten mit mehreren Standorten auch zusammengefasst übermittelt werden“. Dies erfolge „in Absprache mit den Behörden“. Die Städte dementierten das allerdings. In Münster darf die Firma nun nicht mehr weiter testen.


Dass offenbar so leicht gepfuscht werden kann, liegt wohl an der Testverordnung des Bundesgesundheitsministeriums und dem beabsichtigten Datenschutz. In der Testverordnung heißt es: „Die zu übermittelnden Angaben dürfen keinen Bezug zu der getesteten Person aufweisen.“ Das heißt, dass die Namen und Daten der getesteten Personen nicht an die Kassenärztliche Vereinigung übermittelt werden dürfen.
Dafür, dass derzeit in großem Stil getestet und abgerechnet wird, scheint das Geschäft eine große Blackbox zu sein. Die wenigsten Bundesländer können überhaupt sagen, wie viele Tests tatsächlich durchgeführt werden. Zudem scheint sich niemand verantwortlich zu fühlen, die Angaben der Testzentren auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.
https://taz.de/Abrechnungsbetrug-von...tren/!5775596/

Corona-Testzentren: Strichlisten und kaum Kontrollen

Stand: 29.05.2021 07:45 Uhr
Corona-Testzentren rechnen ihre Tests per Strichliste ab. Nach Recherchen des NDR in Niedersachsen könnte so bei der Abrechnung massiv betrogen werden.
von Lars Stuckenberg
Das Testzentrum von Sebastian Adamski in der Hildesheimer Innenstadt brummt. Zwischen 1.200 und 1.800 Menschen kommen täglich für einen Corona-Test vorbei. Schnell und unkompliziert ist der Besuch der Bürgertestzentren in Niedersachsen geworden. Online einen Termin ausmachen oder spontan zum Test gehen, dass gehört für viele zum Alltag. Noch im Dezember mussten die Tests von den Bürgern selbst bezahlt werden. 50 Euro für einen Schnelltest waren keine Seltenheit. Heute rechnen die Zentren direkt mit der Kassenärztlichen Vereinigung in Niedersachsen (KVN) ab. Betreiber wie Sebastian Adamski wundern sich, wie unbürokratisch sich die Tests abrechnen lassen.
18 Euro pro Test möglich

Für das Material, also die Anschaffung des Tests, werden maximal sechs Euro erstattet. Die Betreiber können ihren Anspruch mit den Einkaufsrechnungen nachweisen. Die Zahl der durchgeführten Tests ist offenbar noch einfacher nachzuweisen. Dem NDR in Niedersachsen liegt eine Vorlage der KVN für die Abrechnung vor. Dort wurde mithilfe einer Strichliste vermerkt, wie viele Tests durchgeführt worden sind. Für jeden Strich werden dem Zentrum 12 Euro erstattet. Zuzüglich der sechs Euro Anschaffungskosten können bis zu 18 Euro pro Test von der KVN überwiesen werden. Das gilt für alle Testzentren in Niedersachsen. Die KVN holt sich das Geld vom Bundesamt für soziale Sicherung zurück. Das ist in der Test-Verordnung des Bundes geregelt. Problematisch dabei: Offenbar scheint keine Behörde damit betraut zu sein, die Abrechnungen gründlich darauf zu überprüfen, ob wirklich alle abgerechneten Tests auch durchgeführt wurden.
Niemand fühlt sich für Kontrollen verantwortlich

Auf die Frage bei der KVN, dem Bundesamt für soziale Sicherung, einem Landkreis sowie dem Bundesgesundheitsministerium, wer für die Kontrolle zuständig sei, gibt es keine eindeutige Antwort. Von der KVN heißt es, man prüfe lediglich auf Plausibilität, beispielsweise ob mehr Tests abgerechnet als angeschafft wurden. Vom beispielhaft angefragten Landkreis Osnabrück heißt es, man sei nur für die Zulassung von Testzentren zuständig, nicht aber für deren Abrechnung. Das Bundesamt für soziale Sicherung verweist auf das Bundesgesundheitsministerium. Von dort heißt es, die KVN müsse nur auf Plausibilität prüfen, außerdem könne man auch im Nachhinein noch kontrollieren, ob die Abrechnung korrekt ist:
"Sowohl die Anbieter von Testleistungen als auch die KVen haben alle Daten, die für die Kontrolle der korrekten Leistungserbringung und Abrechnung erforderlich sind, bis zum 31. Dezember 2024 aufzubewahren. Dazu zählen auch Angaben zur getesteten Person. Die Möglichkeit von Prüfungen auch im Nachgang ist daher allen Anbietern bekannt."
Aber wer die Testzentren tatsächlich im Nachhinein überprüfen sollte, lässt das Ministerium offen. Immerhin gibt es derzeit in Niedersachsen nach Auskunft des Sozialministeriums rund 1.000 Testzentren. Schwer vorstellbar, dass sämtliche Einrichtungen einer Kontrolle unterzogen werden, meint etwa Betreiber Sebastian Adamski.
Datenschutz sorgt für vereinfachte Abrechnung

Dass die Abrechnung so einfach gestaltet ist, liegt unter anderem am Datenschutz. In der Test-Verordnung des Bundes heißt es in Paragraf 7, Absatz 4 ausdrücklich:
"Die zu übermittelnden Angaben dürfen keinen Bezug zu der getesteten Person aufweisen."
Es dürfen also keine personenbezogenen Daten von Testzentren übermittelt werden. Bei einer Strichliste gibt es solche Daten nicht. Auf NDR Anfrage, weshalb man nicht beispielsweise die Zahl der Testergebnisse, welche an die Bürger geschickt werden, zugrunde legt, heißt es vom Bundesgesundheitsministerium:
"Die zusätzliche Angabe der Testergebnisse als Anzahl der positiven und negativen Ergebnisse im Abrechnungszeitraum ohne Tages- und Personenbezug führt im Vergleich zur Angabe der reinen Testzahl nicht zu einer besseren Bewertungsmöglichkeit der Plausibilität. Tages- oder uhrzeitgenaue Angaben würden zu höherem Aufwand führen, den Nutzen aber nicht wesentlich erhöhen, da Vergleichswerte fehlen. Die Übermittlung personenbezogener Angaben wäre vor diesem Hintergrund nicht verhältnismäßig."
Ausmaß noch unbekannt

Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung hat ein privater Betreiber in Nordrhein-Westfalen das System an mehreren Standorten offenbar ausgenutzt. Das Unternehmen meldete mehr Tests, als eigentlich durchgeführt worden sind. Ob diese Tests auch abgerechnet wurden, ließ sich nicht nachweisen. Die Staatsanwaltschaft Bochum hat am Freitag ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Verantwortliche eines Bochumer Testbetreibers eingeleitet wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges bei Corona-Schnelltests. Das Unternehmen betreibt auch Teststellen in Niedersachsen. Hier ist allerdings noch kein Fall von Abrechnungsbetrug bekannt. Theoretisch wäre es aber möglich, mehr Tests abzurechnen als durchgeführt worden sind, solange man genügend neue Teststreifen nachkauft. Ob diese verbraucht werden, wird nicht überprüft und die Kosten für die Anschaffung werden erstattet.
Steuergeld wird unkontrolliert ausgegeben

Bernhard Zentgraf vom Bund des Steuerzahler Niedersachsen Bremen ärgert sich über die fehlende Kontrolle. Es gebe eigentlich klare Vorgaben, auch vom Land Niedersachsen, wie mit öffentlichen Geldern zu verfahren ist:
"Es will keiner nachher in der Verantwortung stehen, wenn öffentliche Gelder möglicherweise in betrügerischer Absicht abgegriffen werden sollten. Das ist ein Unding. Eigentlich muss ein verwaltungsmäßig ordentlicher Vollzug der Corona-Testungen gewährleistet sein."
Wie viel Geld schon jetzt für die Testzentren ausgegeben wurde, ist noch nicht bekannt. Sebastian Adamski aus Hildesheim konnte zunächst gar nicht glauben, dass er die Tests in seinem Testzentrum per Strichliste abrechnen kann. Deshalb hat er sich sogar ein eigenes System ausgedacht und angeschafft: Jeden Termin speichert und verschlüsselt er in einer Datenbank. Damit kann er lückenlos und anonym belegen, wie viele Tests er durchgeführt hat, falls irgendwann dann doch noch eine Kontrolle stattfinden sollte.
https://www.ndr.de/nachrichten/niede...entren118.html