Jetzt soll sich Deutschland vom „Migrationshintergrund“ verabschieden

Eine von der Regierung beauftragte Kommission zur Integrationspolitik will die Kategorie „Migrationshintergrund“ abschaffen. Viele würden sich durch den Begriff herabgesetzt fühlen. Eine Abschaffung hätte weitreichende Konsequenzen.

Kaum etwas verändert die deutsche Gesellschaft seit Jahrzehnten so stark wie die im internationalen Vergleich sehr starke Zuwanderung. Während ein Teil der Bevölkerung diesen Wandel vor allem als Bereicherung empfindet, fokussiert sich ein anderer Teil vor allem auf negative Begleiterscheinungen, wie Straßengewalt durch Zuwanderergruppen oder die durchschnittlich geringere Erwerbstätigkeit der Bevölkerung mit Migrationshintergrund.


Um angesichts der vielen Chancen und Probleme Handlungsempfehlungen für ihre künftige Politik zu erhalten, beauftragte die Bundesregierung vor zwei Jahren eine vor allem aus Sozialwissenschaftlern bestehende „Fachkommission zu den Rahmenbedingungen der Integrationsfähigkeit“, die jetzt ihren Abschlussbericht an die Bundeskanzlerin übergab.

Irritierenderweise distanziert sich die Fachkommission Integrationsfähigkeit gleich in der Einleitung ihres 200 Seiten langen Abschlussberichts partiell von ihrem Arbeitsauftrag: Im Zuge der Beratungen habe man „entschieden, vom Begriff der ‚Integrationsfähigkeit‘ Abstand zu nehmen“, da dieser „eine Verengung“ darstelle.




„So etwas wie die ‚Integrationsfähigkeit‘ von Ländern oder Gesellschaften und im Übrigen auch von Personen“ könne „nicht plausibel gemessen oder bestimmt werden“. Der Begriff vermittele, dass es „für Integration eine klare Grenze“ gebe, die „schon aus analytischen Gründen nicht existieren“ könne.

In Zukunft soll es „Eingewanderte und ihre Nachkommen“ heißen

Daher beschloss also die Fachkommission Integrationsfähigkeit, sich nicht auf Integrationsfähigkeit, „sondern auf die Frage zu konzentrieren, wie man die Integrationsprozesse so gestalten kann, dass sie in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht erfolgreich verlaufen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken“.



Unter den vielen Vorschlägen und Anregungen, wie dies besser gelingen könne, wurde in der öffentlichen Vorstellung des Berichts vor allem ein Punkt in den Vordergrund gestellt. Nämlich das Ziel, sich vom Begriff des „Migrationshintergrundes“ zu verabschieden und zukünftig nur noch von „Eingewanderten und ihren (direkten) Nachkommen“ zu reden.

Die Staatsministerin für Integration, Annette Widmann-Mauz, erklärte in der Pressekonferenz am Mittwoch: „Der Bericht der Fachkommission macht deutlich: 15 Jahre nach seiner Einführung ist der Begriff ‚Migrationshintergrund‘ nicht mehr zeitgemäß“, es sei „besonders wichtig“ diesen Begriff zu „ersetzen“.



Viele der 21 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund fühlten „sich durch den Begriff herabgesetzt“. Die im Kanzleramt angesiedelte Integrationsministerin skizzierte weiter ihr Vorhaben: „Wir können so einen Begriff nicht über Nacht in den Statistiken ersetzen, aber wir sollten es uns vornehmen.“


Es sei gut, eine Diskussion zu beginnen, „wie wir den Begriff ablösen, zugleich aber auch künftig Entwicklungen und Herausforderungen bei der Integration statistisch messbar machen können“, sagte die CDU-Politikerin, die gemeinsam mit Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) die Kommission bei ihrer fast zweijährigen Arbeit federführend begleitete.


Die Kommission selbst empfiehlt, „das bisher im Rahmen des Mikrozensus verwendete statistische Konzept des ‚Migrationshintergrunds‘ aufzugeben“. Das betreffe sowohl die Bezeichnung als solche als auch die Definition der Gruppen, die in diese Kategorie fallen“. Heute haben Personen laut Statistischem Bundesamt einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil ohne deutsche Staatsbürgerschaft geboren wurden.


Nach den Vorstellungen der Kommission soll stattdessen künftig eine Kategorie geschaffen werden, die alle Personen zusammenfasst, die „entweder selbst oder deren beide Elternteile seit 1950 in das Gebiet der heutigen Bundesrepublik eingewandert sind“.

https://www.welt.de/politik/deutschl...bschieden.html

Leserkommentare:


vor 30 Minuten
Auch zu Beginn des Jahren 2021 findet man bei DESTATIS n o c h statistische Daten die in der Öffentlichkeit so gut wie nicht bekannt sind ... vielleicht auch deshalb weil man sie bewusst nicht zum Gegenstand breiter Diskussionen machen möchte ... Fragt sich wie lange man solche Statistiken noch veröffentlicht ! Siehe u.a. bei DESTATIS "Armutsgefährdungsquote gemessen am Bundesmedian nach Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund". Hier werden seit 2005 Kennzahlen bzgl der Armutsgefährdungsquoten für 3 Gruppen genannt : (1) D ohne Migrationshintergrund (2) D mit Migrationshintergrund (3) Ausländer Die Zahlen lauteten 2018 für (1) 11,4% - diese Zahl bewegt sich seit 2005 zw 11 u 12% (2) 27,2% - (schwankt seit 2005 zw 26 u. 28% ) (3) 34,8% - (schwankt seit 2005 zw 31 u. 36% ) Besonders bemerkenswert die sehr ähnlichen Zahlen für (2) und (3), die um Faktor 2,4 u 3,0 über den Zahlen für (1) liegen ! Zur Datenbasis s. DESTATIS. Dort wird u.a. zur Datenbasis ausgeführt, Zitat : "Ergebnisse des Mikrozensus. Ab 2011 basiert die Hochrechnung auf den fortgeschriebenen Ergebnissen des Zensus 2011. Durch Effekte der Umstellung auf eine neue Stichprobe im Berichtsjahr 2016 sowie durch Sondereffekte im Kontext der Bevölkerungsentwicklung ist die Vergleichbarkeit der Mikrozensusergebnisse ab dem Berichtsjahr 2016 mit den Vorjahren eingeschränkt." Letztendlich wurden die Zahlen in den letzten Jahren "nur" noch statistisch fortgeschrieben. Was das bedeutet weiss jeder der sich mit Statistiken auskennt : man kann daher davon ausgehen, dass durch die verstärkte Armutszuwanderung ab 2015 speziell die realen Zahlen für Gruppe (3) mittlerweile noch etwas höher liegen. Das sind Kennzahlen die der Politik eigentlich dienen sollten als Gradmesser dafür wie "erfolgreich" in "ökonomischer" Hinsicht und auch in Bezug auf die Einbürgerungspolitik (siehe Gruppe (2) ! die Zuwanderung in unser Land abläuft ... Eigentlich ....
vor 5 Stunden
Wieder eine Kommission, vom Kanzleramt initiiert. Jetzt soll der Begriff Migrationshintergrund getilgt werden. Die Akzeptanz in der Bevölkerung wir auch mit dem Begriff "Eingewanderte und ihre Nachkommen" nicht steigen. Bezeichnend ist, daß die Integrationsbeauftragte, Widmann-Mauz, die Fäden in der Hand hält. Zur Erinnerung: Die Staatsministerin, angesiedelt beim Kanzleramt, hat anscheinend einen weiteren Auftrag von der Chefin erhalten, die Akzeptanz ihrer widerrechtlichen Einwanderungspolitik, hoffähig zu machen. Die andere ihr zugewiese Aufgabe, die Frauenunion der CDU gegen den Kandidaten Merz für den Parteivorsitz und für Laschet einzuschwören, hat sie ja im Sinne der Chefin gemeistert. Dnn wird ihr dieses Glanzstück wohl auch gelingen. Vermutlich wird Herr Laschet sie zum Dank bei der nächsten Regierung mit einem gut dotierten Posten bedenken

vor 7 Stunden
„Wir können so einen Begriff nicht über Nacht in den Statistiken ersetzen, aber wir sollten es uns vornehmen.“ Orwells "1984" lässt grüßen. Im Nachhinein werden die Archive umgeschrieben.
vor 7 Stunden
@Big Slick Der "orwellsche Neusprech" ist insofern KEIN "Mumpitz"(abgesehen von dem semantischen Quatsch), als er Bewusstsein manipulieren will, das Bewusstsein von Menschen, die (noch?) ihre Hoffnung auf (positive) Veränderungen durch (vermeintliche?) Wahlen realisieren möchten ....
vor 8 Stunden
Mir hat mal ein Eingewanderter erklärt, nach dem er die deutsche Staatsbürgerschaft (die türkische hatte er immer noch) erhalten hat, dass man mit einem deutschen Pass noch lange kein Deutscher ist. Wie recht er hatte. Und an die Experten - die Dinge nicht mehr beim Namen zu nennen, macht das Zusammenleben sicher nicht einfacher.
vor 10 Stunden
Die Tätigkeit der Sprachingenieure wurde bereits in George Orwells 1984 recht gut dargestellt. Und wenn jetzt nur noch beide Elternteile eingewandert sein müssen, dann entfällt der Migrationshintergrund für alle Kinder aus deutsch-ausländischen Ehen. Dass womöglich der ausländische Ehepartner stärkeren kulturellen Einfluss haben könnte und das Kind nicht typisch deutsch erzogen wird, fällt dann völlig unter den Tisch. Die Gesamtzahl der Menschen mit Migrationshintergrund wird plötzlich halbiert. So werden die Gesamtzahlen geschönt. Kein Wunder, wenn der Eindruck entsteht, die Bevölkerung hierzulande soll mal wieder durch Sprachverschönerungen hinter die Fichte geführt werden.
vor 13 Stunden
Was für eine Idiotie ! Die Migranten in "Schutzsuchende" umzuetikettieren, geht an der Realität völlig vorbei. Ein Großteil sucht keinen Schutz sondern ein angenehmeres Leben auf Kosten des deutschen Steuerzahlers. Diese völlig überflüssige Kommission blendet vollkommen aus, dass nachweislich hunderttausende Asylbewerber politisch nicht verfolgt werden - und nur dafür ist Asyl laut GG vorgesehen - und auch keinen Schutzgrund nach der Genfer Flüchtlingskonvention besitzen !
vor 16 Stunden
Die eigentliche Frage stellt sich fortwährend wieder: Wieso sollte man 2021 nach wie vor Menschen einwandern lassen, die der deutschen Bevölkerung schaden. Vor kurzem wurde erst ein bis zu 1.000.000.000 dotierte Staatschatz aus dem Grünen Gewölbe gestohlen. Mal abgesehen von der ständig zunehmenden "Clanisierung" deutscher Großstädte. Ganz offentsichtlich läuft in diesem Land massiv vieles falsch und trotzdem wird immer weiter in falsche Richtungen Kraft gegeben. Äußert unverständlich.
vor 17 Stunden
Das entspricht einer langfristigen Strategie. Bereits im Jahr 2011 hat der Nachhaltigkeitsrat im Verbarium ausgeführt, dass der Begriff ab 2040 nicht mehr genutzt wird. Diese Broschüre vom 17.6.2011 ist dort leider nicht mehr herunterzulagen: https://www.nachhaltigkeitsrat.de/?s...ge+vision+2050 https://www.welt.de/politik/deutschl...bschieden.html

vor 18 Stunden
Frau W-M. 8 Jahre studiert, keinen Abschluss, aber als "Vertrtaute" der Kanzlerin mit einem Top-Job ausgestattet. Wenn das hier ein 3. Welt Staat wäre, würde jeder sagen "ist doch klar", aber im Land, wo man ohne Papier noch nicht mal angeln darf, .........
vor 18 Stunden
Widmann-Mauz. Acht Jahre Studium, kein Abschluss. Berufspolitikerin. So was gibt’s öfter mal. Aber Merkel hat so eine Koryphäe zu sich ins Kabinett geholt. Und sie als Vorsitzende der Frauen-Union gegen Merz instrumentalisiert. Auch ein Symptom für die Entwicklung, die Deutschland in den letzten zwei Jahrzehnten genommen hat.