Datenschutz: Tübingen darf keine Liste auffälliger Asylbewerber führen

Bislang hat Tübingen die Daten auffälliger Migranten gesammelt – "zum Schutz der Bevölkerung", wie Oberbürgermeister Boris Palmer sagt. Mit der Praxis ist jetzt Schluss.

Der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink hat der Stadt Tübingen verboten, Daten der Polizei über Straftaten von Migranten auf einer städtischen "Liste auffälliger Asylbewerber" zu sammeln. Die Stadt wurde nach mehrmonatigem Streit zudem verpflichtet, alle erfassten Daten zu löschen, teilte Brink mit.


Der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink hat der Stadt Tübingen verboten, Daten der Polizei über Straftaten von Migranten auf einer städtischen "Liste auffälliger Asylbewerber" zu sammeln. Die Stadt wurde nach mehrmonatigem Streit zudem verpflichtet, alle erfassten Daten zu löschen, teilte Brink mit.



Oberbürgermeister Boris Palmer (Die Grünen) will der Anordnung nachkommen, kritisierte diese aber. "Ich halte das Verbot rechtlich für falsch und sachlich für absurd." Es sei "unverantwortlich, Beschäftigte nichtsahnend mit einem Messerstecher in einen Raum zu setzen".


Brink begründet das Verbot mit dem Prinzip der Zweckbindung: Daten, die für staatsanwaltliche Ermittlungen erhoben werden, dürften zunächst nur diesem Zweck dienen. Hintergrund ist die Tübinger Praxis, Daten über Straftaten, die von der Polizei an die Ausländerbehörde fließen, anderen städtischen Behörden zur Verfügung zu stellen. Die Stadtverwaltung sammle Informationen der Polizei, der Ausländerbehörde und der Asylbetreuung. Die Südwestpresse zitierte Brink mit der Begründung, die Liste habe die Funktion eines Prangers und sei diskriminierend. Schließlich sei unklar, wer nach welchen Kriterien auf die Liste kam.


Wenn jemand wiederholt bei der Polizei auffalle, stelle sich weniger die Frage nach dem Schutz der Daten dieses Täters als die Frage nach dem Schutz der Mitarbeiter und der Bevölkerung, hatte Palmer das Vorgehen begründet. Zu der Entscheidung jetzt sagte Palmer der Zeitung, sie gehe an der Realität vorbei: "Der Datenschutz wird hier zu Täterschutz." Dass vorliegende Informationen beispielsweise nicht an Sozialarbeiter weitergeleitet werden dürften, sei "schizophren".






Oberbürgermeister Boris Palmer (Die Grünen) will der Anordnung nachkommen, kritisierte diese aber. "Ich halte das Verbot rechtlich für falsch und sachlich für absurd." Es sei "unverantwortlich, Beschäftigte nichtsahnend mit einem Messerstecher in einen Raum zu setzen".




https://www.zeit.de/politik/deutschl...n-stefan-brink