Ist das Integration? Eine Vermittlung zwischen den Bürgern eines Landes und sich aus Zuwanderern gebildeten Communitys?
Über einen Altenpflegehelfer, der vermutlich nicht ohne staatliche Zuschüsse seine zwei Kinder und wahrscheinlich auch seine Ehefrau nicht unterhalten kann:

Integration durch Zuwanderer Hagos Kesete vermittelt zwischen den Kulturen




Der Eritreer Hagos Kesete hilft seinen Landsleuten in Dietikon, sich in der Schweiz zurechtzufinden.


Hagos Kesete spaziert entlang des Marmori-Weihers am Stadtrand von Dietikon. «Hier komme ich oft her, um mit meinen Kindern zu spielen», sagt der zweifache Familienvater. Er geniesse die Ruhe im Park. Kesete kommt direkt von seiner Arbeit als Pflegehelfer in einem Altenheim in Zürich. Als er in die Schweiz kam, nahm der Eritreer an einem Arbeitsintegrationsprogramm teil. «Dort lernte ich sehr viel über die Schweiz und ihre Sitten», sagt der 39-jährige Mann.


Er habe beispielsweise gelernt, dass man in der Migros, den Einkauf keinesfalls erhält, wenn man fünf Rappen zu wenig hat. Auch an andere Dinge, wie die vielen Formulare und an das Schweizer Schulsystem musste er sich gewöhnen. Mittlerweile ist Kesete bereits seit 13 Jahren in der Schweiz, und arbeitet nun im Integrationsforum Dietikon als ehrenamtliches Mitglied mit. In dieser Position ist er das Scharnier zwischen Einheimischen und Zugewanderten.


12 Mitglieder vermitteln zwischen den Nationen



«Wir probieren eine Plattform zu bieten, um Leute zu vernetzen und wichtige Informationen direkt in die Communities zu bringen», sagt Sandra Razic. Sie ist Sekretärin des Forums und Integrationsbeauftragte der Stadt. Das Ziel des städtischen Forums ist es, dass regelmässig neue Informationen aus Politik und Gesellschaft zu den Zugewanderten kommen.


Diese Aufgabe ist nicht immer einfach für die zwölf Mitarbeitenden des Forums, da sie sich oft in einer Vermittlerposition zwischen den verschiedenen Nationalitäten befinden. In regelmässigen Sitzungen bespricht Razic Neuigkeiten und Bedürfnisse der verschiedenen Nationalitätsgruppen mit den Mitgliedern und ist auch für spezifische Anliegen da. «Immer, wenn ich eine Frage habe, gehe ich zu Sandra», sagt Kesete. Das sei insbesondere bei Behördenformularen der Fall.


Er selbst ist wiederum Ansprechperson für seine Landsleute, die ihn auch privat anschreiben, um etwa Hilfe bei Briefen oder Schulunterlagen zu erhalten. Wie schwierig Integration sein kann, weiss Kesete aus eigener Erfahrung. Zu Beginn sei er oft ratlos vor den Formularen und Schweizer Richtlinien gestanden. «Wie die Leute, die ich heute begleite, hatte ich auch immer wieder Verständigungsprobleme mit meinen Nachbarn und wurde oft von der Polizei kontrolliert», sagt er.


Polizeikontrollen verunsichern viele



Mittlerweile habe er sich an vieles gewöhnt. Wenn sich seine Landsleute nun über Polizeikontrollen beschweren, erklärt er ihnen, dass dies der Auftrag der Schweizer Polizei sei und dass man sich nicht fürchten müsse. «Es braucht einfach zusätzlich Zeit, bis die Kontrolle wieder vorbei ist. Aber wenn man ruhig bleibt, bekommt man keine Probleme», sagt Kesete.


Rassistische Sprüche gehören für Kesete und seine Landsleute oftmals zum Alltag, deshalb ist er froh über die «Black-Lives-Matter»-Kundgebungen in der Schweiz. Die Demonstrierenden machen sich momentan weltweit stark gegen Polizeigewalt und Rassismus. «Dank diesen Demonstrationen kann die Situation Schritt für Schritt besser werden», sagt er.


Verglichen mit den USA, wo aufgrund von Polizeigewalt schon viele schwarze Menschen starben, fühle er sich hierzulande jedoch sicher. «Ich habe keine Angst mehr, wenn ich abends allein rausgehe oder der Polizei begegne», sagt er. Doch für die Kinder sei es manchmal schwierig, wenn beispielsweise auf dem Spielplatz rassistische Aussagen fallen. «Meine Kinder sagten auch schon, sie möchten lieber weiss als schwarz sein», sagt Kesete. Er nehme sich in solchen Fällen Zeit, den Kindern zu erklären, dass alle Menschen unterschiedlich seien. Dann zeige er ihnen Bilder von Afrika, damit sie verstehen, woher sie kommen und weshalb sie anders aussehen als ihre Schweizer Freunde.
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