"Pragmatische Lösung im Sinne der Menschlichkeit"



Landrat Görig: Vogelsbergkreis kann zehn unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufnehmen

„Schon Ende April hat der Vogelsbergkreis signalisiert, dass wir Kapazitäten zur Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge aus griechischen Lagern haben“, sagt Landrat Manfred Görig (SPD) und reagiert damit auf die jüngsten Pressemitteilungen der Linken und der AfD im Vogelsbergkreis.

Zunächst hatten die Linken angekündigt, einen Antrag in die nächste Kreistagssitzung einzubringen: Im Rahmen des Aktionsbündnisses „sicherer Hafen“ solle sich der Vogelsbergkreis zur Aufnahme von Menschen mit Fluchterfahrung bereit erklären. Dann hatte sich die AfD in einer Pressemitteilung gegen die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen.

„Wir haben uns darauf verständigt, dass wir uns auf Kinder konzentrieren wollen, die dringend die Lager verlassen müssen. Dem Hessischen Landkreistag haben wir daher auf eine entsprechende Anfrage mitgeteilt, dass wir zehn unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufnehmen können“, betont nun Landrat Görig. „Im Sinne der Menschlichkeit bieten wir eine pragmatische Lösung an, die wir auch leisten können.

„Minderjährige Flüchtlinge sind nicht in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, sondern in altersgerechten Jugendwohngruppen“, erklärt Erster Kreisbeigeordneter Dr. Jens Mischak (CDU). „Diese Plätze können wir zur Verfügung stellen.“

„Im Moment haben wir eine noch nie da gewesene Problematik, die wir lösen müssen: die Corona-Pandemie. Diese Arbeit genießt seit Wochen oberste Priorität und dieser Aufgabe widmen wir uns auch voll und ganz“, sagt Landrat Görig. Dennoch verweist er darauf, dass das Virus eben auch in Flüchtlingslagern grassiert. „Da möchten wir Hilfe anbieten und unbegleitete Kinder aufnehmen.“

„Wir haben der Landeregierung unsere Bereitschaft signalisiert, die Entscheidung, ob uns minderjährige Flüchtlinge zugewiesen werden, liegt indes nicht bei uns“, erklärt Dr. Mischak.

Landrat Görig weist zudem darauf hin, dass die generelle Zuweisung von Flüchtlingen ausgesetzt war und erst seit Mai wieder anläuft. „Wir brauchen für die, die dadurch kommen, auch freie Plätze, von daher müssen Kapazitäten vorgehalten werden.“ Im Moment kommen etwa drei bis fünf Flüchtlinge pro Woche in den Vogelsbergkreis. Dafür sind die noch vorhandenen freien Betten notwendig. „So hat der Vogelsbergkreis eben auch freie Plätze in seinen Gemeinschaftsunterkünften, für die er zahlen muss. Jedoch laufen Verträge mit Betreibern von Gemeinschaftsunterkünften aus und werden auch nicht verlängert. In der Summe sind dann nur noch 31 Betten frei, die wie beschrieben, ja für die Zuweisung benötigt werden“, so der Landrat.

Landrat Manfred Görig und Erster Kreisbeigeordneter Dr. Jens Mischak stellen abschließend klar, dass einzig und allein der Kreistag die Entscheidung trifft, dem Netzwerk „sicherer Hafen“ beizutreten oder nicht. Eine Empfehlung, den Antrag anzunehmen, werden sie auf Grund des bereits gemeldeten Vorschlags nicht aussprechen.


https://www.lifepr.de/pressemitteilu...t/boxid/798920

Erst im Februar haben Menschen demonstriert, die sich der Kreis Vogelsberg nicht leisten kann:

VOGELSBERGKREIS Mahnwache: Rentner gehen auf die Straßen
Altersarmut im Vogelsberg: "Viele kommen aus Schamgefühl nicht zur Tafel"

Hundert Menschen beteiligten sich am vergangenen Freitag bei der ersten Mahnwache gegen Altersarmut auf dem Alsfelder Marktplatz. Still demonstrierten sie für ein gerechtes und solidarisches Rentensystem - denn der Gang zu Tafel oder ein Nebenjob ist bei vielen Rentnern in Deutschland trauriger Alltag. Ab sofort möchten sich die Teilnehmer jeden zweiten Freitag auf dem Marktplatz zu einer Mahnwache treffen, um ein Zeichen zu setzen. Denn nicht nur die bundesweiten Zahlen sind bedenklich - auch im Vogelsbergkreis sind viele Rentner betroffen.

Die Teilnehmer forderten am vergangenen Freitag bei der Mahnwache eine sofortige Einführung eines Rentensystems, in dem auch Beamte oder Freiberufler einzahlen - und eine Steuerbefreiung auf ausgezahlte Rentenbeiträge. "Die derzeitige Doppelbesteuerung ist verfassungswidrig." Dass auch viele Leute im Vogelsberg davon betroffen sind, bestätigen die Zahlen: Im vergangenen Jahr beantragten insgesamt 427 Menschen über 65 Jahren die Grundrente im Alter, wie der Vogelsbergkreis auf Anfrage mitteilt. Waren es im Jahre 2008 "nur" 369 Menschen, stieg die Zahl in 2018 sogar auf ein Rekordhoch, als 473 Menschen die Grundrente beantragten.


Für viele bleibt da der Gang zur Tafel, beispielsweise in Alsfeld, unumgänglich. Für einen symbolischen Beitrag verteilen dort ehrenamtliche Mitarbeiter dreimal in der Woche überschüssige Lebensmittel aus dem Handel an wirtschaftlich benachteiligte Menschen. "Die Alsfelder Tafel hat fast 500 Abholer pro Woche", so Bürgermeister Stephan Paule. Laut der aktuellen Zahlen sind etwa ein Fünftel davon Rentner. "Viele ältere Menschen wenden sich aus Schamgefühl nicht an die Tafel, sodass unsere Zahlen nicht auf die Gesamtbevölkerung übertragbar sind", so zweiter Vorsitzender Dietmar Gerhard. ...

https://osthessen-news.de/n11630197/...zur-tafel.html

Nun könnte der Kreis Vogelsberg, der sich das ja offensichtlich leisten kann, ja auch eine pragmatische Lösung zugunsten der armen Rentner schaffen: Beispielsweise die Tickets des öffentlichen Nahverkehrs übernehmen, Ermäßigungen für Rentner für Schwimmbäder, Restaurants, Museen, Theater, Kino und Veranstaltungen anbieten (früher gab es solche Ermäßigungen für Rentner übrigens) und Wohnungen bauen lassen, die der Kreis an Rentner zu einem billigen Preis vermietet. All das könnte den armen Rentnern helfen, ganz pragmatisch.

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Und auch den Wohnungsmarkt kann sich der Vogelsbergkreis offensichtlich nicht leisten, liest man doch:

“Die Lage am Wohnungsmarkt ist angespannt“

ALSFELD (ol). “Die Lage am Wohnungsmarkt ist angespannt“: Mit diesem Worten eröffnete Aufsichtsratsvorsitzender Hans-Ulrich Lipphardt die jüngste Mitgliederversammlung der Bau- und Siedlungsgellschaft (BSG) in der Hessenhalle Alsfeld. Zwar habe sich der Bestand im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert, – 629 Wohnungen in 102 Häusern, 92 Garagen, 12 Carports und ein Bürogebäude, dennoch: Vor allem Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen hätten Probleme, eine bezahlbare Bleibe zu finden.

Laut einer neuen Studie des Pestel-Institutes müssten mittlerweile im Vogelsbergkreis mindestens 309 Wohnungen jährlich gebaut werden, um den künftigen Wohnungsbedarf zu decken. „In den vergangenen drei Jahren wurden im Schnitt jedoch nur 180 Wohnungen fertiggestellt.“ Hier bestehe Handlungsbedarf. ...Auch die BSG könne hier in Alsfeld beobachten, “dass wir eine steigende Wohnungsnachfrage für unsere Genossenschaftswohnungen haben.“... Mittlerweile gäbe es Wartelisten, auf denen Mietinteressenten eingetragen würden.

https://www.oberhessen-live.de/2019/...st-angespannt/

Dazu ein Auszug eines Leserkommentars zu dem Artikel:

H. Podgorny
...Vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen können kaum hoffen, das ihrer Lebensplanung und -situation wirklich angemessene Wohnungsangebot vorzufinden. Das führt häufig zu unangemessenen Kompromissen und Wohnsituationen nahe der Verelendung. Alle gesellschaftlichen Kräfte, vor allem auch die Kirchen, sind hier aufgerufen, den gesellschaftlichen Druck zu verstärken, aber auch das Selbsthilfepotenzial der Betroffenen (Entwicklung alternativer Wohnkonzepte) zu wecken, damit speziell für ältere Menschen auch auf dem Lande ein maßgeschneidertes Wohnangebot entstehen kann, ...