Mirwais Erfolgsgeschichte – Flüchtling wird Maurer

Mirwais kam als unbegleiteter Flüchtling 2015 nach Deutschland. Innerhalb von eineinhalb Jahren lernte er Deutsch. Jetzt macht er eine Ausbildung.


So eng beieinanderstehen, ging nur vor der Corona-Pandemie: Maurer-Azubi Mirwais Hosseini (Mitte) mit seinem Mentor Jens Starke-Wuschko (rechts) und Ausbilder Peter Brenzinger, der stolz auf seinen Azubi ist


MAINZ - Mirwais ist ein echter Streber. Beim Bauunternehmen Karrié in Hechtsheim absolviert der 20-Jährige seit einem halben Jahr eine Maurerausbildung, der eine einjährige Qualifizierungsmaßnahme und ein zweiwöchiges Praktikum vorausgingen. „Mir war sofort klar, dass Mirwais eine Ausbildung bekommen muss“, erzählt Ausbilder Peter Brenzinger, der Mirwais seit der Qualifizierung kennt, begeistert. „Er ist hoch motiviert, mehr als viele andere Azubis. So jemanden darf man nicht ziehen lassen!“ Mirwais Ausbildung ist der bisher größte Schritt in seiner Erfolgsgeschichte.


Nach Mainz kam der gebürtige Afghane, der den Großteil seiner Kindheit im Iran verbrachte, 2015 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. Gerade 15 Jahre alt war er, zog in eine Unterkunft für betreutes Wohnen mit anderen Jugendlichen aus Krisengebieten und durfte erst nach etwa vier Monaten einen Deutschkurs besuchen. Innerhalb von eineinhalb Jahren lernte er Deutsch, besuchte die BBS und kam bald in eine Maßnahme des Jobcenters.




Unterstützung erhielt er dabei auch von seinem Mentor Jens Starke-Wuschko. Über das Programm „Mentoring Mainz“ des Kinderschutzbundes lernten sich die beiden kennen. „Wir wurden zusammengebracht, weil Mirwais Gitarre spielt und ich Klavier, wir könnten doch mal zusammen musizieren, hieß es“, erinnert sich Starke-Wuschko. Dass es dazu bisher noch gar nicht gekommen ist, scheint die beiden nicht zu stören. Beim Mentoring geht es schließlich um viele Dinge, von Freizeitgestaltung bis zum Rechtsbeistand. 27 Mentoren gibt es derzeit in Mainz, die 47 aus Krisengebieten geflüchteten Jugendlichen Orientierung und Begleitung bieten. Eine Ausbildung ist für das Ehrenamt nicht notwendig. Für Mirwais ist sein Mentor eine Art Elternersatz. „Er kann mich immer anrufen, wenn er Unterstützung braucht. Manchmal schubse ich ihn auch ein bisschen, wie zum Beispiel damals mit dem Praktikum bei Karrié.“ Er solle sich eine Ausbildung suchen, die Zukunft hat, hatte Jens Starke-Wuschko ihm geraten.


Im Iran hatte Mirwais eine Schneiderlehre gemacht, doch hier habe er etwas Anderes ausprobieren wollen. „Ich arbeite viel draußen, das macht Spaß“, sagt er über seine neue Ausbildung. „Ich habe einen guten Polier, der erklärt mir alles und vermittelt, wenn ich mal etwas nicht verstehe.“ Aktuell ist Mirwais nur selten im Betrieb, arbeitet nur so, wie es unter den Corona-Hygienevorschriften möglich ist, mit Mindestabstand und Mundschutz. „Das ist anstrengend, aber Pflicht“, sagt er. Peter Brenzinger hat bereits große Pläne für seinen Azubi: „Mirwais will ich als Vorarbeiter ausbilden, dann kann er irgendwann Polier werden.Mirwais hört zu und grinst. Das Lob berührt nicht nur ihn; auch sein Mentor strahlt. „Ich bin richtig stolz, wenn ich das höre“, sagt er und verdrückt dabei sogar eine Träne.




Anfang des Jahres musste Mirwais zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) nach Trier und vorsprechen. Sein Asylverfahren ist noch nicht abgeschlossen, eine Abschiebung immer noch möglich. Auch in solchen Momenten leistet sein Mentor Beistand: „Er hat sich Sorgen gemacht. Ich konnte ihn ein bisschen auffangen, vermitteln, beruhigen.“ Neben dem sicheren Aufenthaltstitel ist Mirwais größter Wunsch aktuell eine eigene Wohnung. Noch lebt er in einer Mombacher Unterkunft in einer Wohngemeinschaft mit vier Jugendlichen, doch nach fünf Jahren hätte der junge Erwachsene gerne einen Ort für sich. Um endlich richtig anzukommen.

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