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    Luxusüberzeugungen: Imagepolitur für feine Leute

    Das Psychogramm des sogenannten Gutmenschen:

    Luxusüberzeugungen: Imagepolitur für feine Leute

    Von Rob Henderson.



    Ich war verwirrt, als ich vor vier Jahren in Yale einer neuen sozialen Klasse begegnete: der Klasse luxuriöser Überzeugungen. Meine Verwirrung war angesichts meines eigenen, etwas unüblichen Hintergrunds nicht überraschend. Als ich zwei Jahre alt war, war meine Mutter drogensüchtig und mein Vater hat uns verlassen. Ich wuchs in mehreren Pflegefamilien auf, wurde dann von einer Reihe von zerrütteten Familien adoptiert und erlebte in diesem Zuge eine Reihe von Familientragödien. Später, nach einigen Jahren beim Militär, ging ich auf Grund des GI-Gesetzes nach Yale. Auf dem Campus wurde mir klar, dass Luxusüberzeugungen zu modischen Statussymbolen geworden sind. Luxusüberzeugungen sind Ideen und Meinungen, die den Reichen zu sehr geringen Kosten einen Status verleihen, während sie der Unterschicht einen Tribut abverlangen.


    In der Vergangenheit zeigten die Menschen mit ihrer materiellen Ausstattung ihre Zugehörigkeit zur Oberschicht. Aber heute sind Luxusgüter erschwinglicher als früher. Und die Menschen erhalten für die materiellen Gegenstände, die sie ausstellen, seltener eine Bestätigung. Das ist ein Problem für die Wohlhabenden, die ihre hohe gesellschaftliche Stellung immer noch ausstrahlen wollen. Aber sie haben eine clevere Lösung gefunden. Die Wohlhabenden haben den sozialen Status von den Gütern abgekoppelt und wieder an den Glauben geknüpft.


    Der Mensch beschäftigt sich immer mehr mit seinem sozialen Status, sobald seine körperlichen Bedürfnisse befriedigt sind. Tatsächlich zeigt die Forschung, dass der soziometrische Status (Respekt und Bewunderung durch Gleichaltrige) für das Wohlbefinden wichtiger ist als der sozioökonomische Status. Darüber hinaus haben Studien gezeigt, dass ein negatives soziales Urteil mit einem Anstieg des Cortisols (stressbedingtes Hormon) verbunden ist, der dreimal so hoch ist, wie in nicht-sozialen Stresssituationen. Wir fühlen uns unter Druck gesetzt, den sozialen Status aufzubauen und zu erhalten, und befürchten, ihn zu verlieren.

    Jene, die haben, wollen noch mehr

    Es scheint eine vernünftige Annahme zu sein, dass die Unterdrückten am meisten daran interessiert sein könnten, Status und Geld zu erhalten. Aber das ist nicht der Fall. Die Inhaber renommierter Positionen sind noch mehr als Andere an Prestige und Reichtum interessiert. Für viele von ihnen war dieser Antrieb der Weg, auf dem sie überhaupt erst ihre hohe Position erreicht haben. Während sie dieses Verlangen bedienen, sind sie von Menschen umgeben, die genauso sind, wie sie selbst – auch ihre Kollegen und Konkurrenten sind intelligente Sucher nach Statusverbesserungen. Sie suchen hartnäckig nach neuen Wegen, sich nach oben und nicht nach unten zu bewegen. Der französische Soziologe Émile Durkheim hat dies begriffen, als er schrieb: „Je mehr man hat, desto mehr will man, denn empfangene Befriedigungen regen nur an, anstatt Bedürfnisse zu befriedigen.“


    Und in der Tat stützt eine kürzlich durchgeführte Untersuchung diese Sicht: Es ist die Oberschicht, die am meisten damit beschäftigt ist, Reichtum und Status zu erlangen. In ihrem Beitrag kommen die Forscher zu dem Schluss, dass „im Vergleich zu Personen aus der Unterschicht die Personen aus der Oberschicht ein größeres Verlangen nach Reichtum und Status haben ... es sind dieselben, die zu Beginn mehr haben (das heißt Personen aus der Oberschicht), welche dann auch danach streben, noch mehr Reichtum und Status zu erlangen“. Offensichtlich sind Statusverbesserungen bei Menschen mit einem hohem Status mehr begehrt als bei allen anderen.


    Darüber hinaus haben andere Untersuchungen ergeben, dass das absolute Einkommen keinen großen Einfluss auf die allgemeine Lebenszufriedenheit hat. Ein Anstieg des relativen Einkommens hat hingegen einen positiven Effekt. Anders ausgedrückt: Mehr Geld zu verdienen, ist nicht wichtig. Wichtig ist, mehr zu verdienen als andere. Wie die Forscher es ausdrücken:


    „Die Erhöhung des Einkommens eines Individuums wird seinen Nutzen nur dann erhöhen, wenn sich auch die Rangposition erhöht, und wird notwendigerweise den Nutzen der anderen, die ihren Rang verlieren, verringern ... [was] erklären kann, warum die Erhöhung des Einkommens aller nicht das Glück aller erhöht, obwohl Reichtum und Glück zu einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb einer Gesellschaft korreliert sind.“

    Baby-Millionäre

    Man könnte meinen, dass zum Beispiel reiche Kinder an Eliteuniversitäten glücklich wären, weil ihre Eltern zu den ein Prozent der Einkommensbezieher an der Spitze gehören. Und sie werden bald ihren Eltern in diese Elite-Zunft folgen. Aber denken Sie daran, dass sie von anderen Mitgliedern des einen Prozents umgeben sind. Ihr gesellschaftlicher Kreis, ihre Dunbar-Nummer, besteht aus 150 Baby-Millionären. Jordan Peterson hat dieses Phänomen behandelt. Unter Berufung auf Zahlen aus seiner Erfahrung als Lehrer in Harvard in den 1990er Jahren stellte Peterson fest, dass ein beträchtlicher Anteil der Ivy-League-Absolventen bis zum Alter von 40 Jahren eine Million Dollar oder mehr erlangt. Und doch, so bemerkt er, reicht ihnen das nicht aus. Die besten Universitätsabsolventen wollen nicht nur Millionäre werden, sie wollen auch das Image der moralischen Gerechtigkeit. Peterson betont, dass sich Elite-Absolventen nicht nur finanziell, sondern auch moralisch einen hohen Status wünschen. Für diese wohlhabenden sozialen Streber bieten Luxusüberzeugungen einen neuen Weg, ihren Status zu erlangen.


    Thorstein Veblens berühmte „Freizeitklasse“ („leisure class“) hat sich zur „Klasse der Luxusüberzeugungen“ entwickelt. Veblen, ein Ökonom und Soziologe, machte seine Beobachtungen über die soziale Klasse im späten neunzehnten Jahrhundert. Er hat seine Beobachtungen in seinem klassischen Werk, der theory of the leisure class (deutsch: Theorie der feinen Leute), zusammengefasst. Ein Schlüsselgedanke ist, dass, weil wir uns der finanziellen Lage anderer Menschen nicht sicher sein können, eine gute Möglichkeit, ihre Mittel zu schätzen, darin besteht, zu sehen, ob sie es sich leisten können, Geld für Güter und Freizeitaktivitäten zu verschwenden. Das erklärt, warum Statussymbole so oft schwer zu beschaffen und teuer zu erwerben sind. Dazu gehören Waren wie empfindliche und einschränkende Kleidung, etwa Smoking und Abendkleider, oder teure und zeitraubende Hobbys wie Golf oder Beagling. Solche Güter und Freizeitaktivitäten könnten nur von denen gekauft oder ausgeübt werden, die nicht das Leben eines Arbeiters führen, die also Zeit damit verbringen könnten, etwas zu lernen, das keinen praktischen Nutzen hat. Veblen geht sogar so weit zu sagen: „Der Hauptnutzen von Dienern ist der Beweis für die Zahlungsfähigkeit des Herrn, den sie erbringen.“ Für Veblen sind Butler auch Statussymbole.


    Aufbauend auf diesen soziologischen Beobachtungen vermutete der Biologe Amotz Zahavi, dass Tiere bestimmte Formen der Zurschaustellung entwickeln, weil sie so kostspielig sind. Das bekannteste Beispiel ist der Schwanz des Pfaus. Nur ein gesunder Vogel ist in der Lage, ein solches Gefieder zu entwickeln und gleichzeitig Raubtieren auszuweichen. Diese Idee könnte auch auf den Menschen übertragen werden. In jüngerer Zeit hat der Anthropologe und Historiker Jared Diamond vorgeschlagen, dass ein Grund dafür, dass der Mensch sich auf Zurschaustellungen von Trinken, Rauchen, Drogenkonsum und anderen körperlich kostspieligen Verhaltensweisen einlässt, darin besteht, dass sie als Fitnessindikatoren dienen. Die Botschaft lautet: „Ich bin so gesund, dass ich es mir leisten kann, meinen Körper zu vergiften und dabei trotzdem weiter funktioniere.“ Betrinken Sie sich bei einer Runde Golf mit Ihrem Butler, und Sie werden die Person mit dem höchsten Status sein, die es weit und breit gibt.

    Auffällige Verurteilungen

    Veblen argumentierte, dass die Reichen diese Symbole nicht zur Schau stellen, weil sie nützlich sind, sondern weil sie so teuer oder verschwenderisch sind, dass sie sich nur die Reichen leisten können, weshalb sie einen hohen Status haben. Und das ist immer noch so. Vor einigen Wintern war es üblich, Studenten in Yale und Harvard in Canada-Goose-Jacken zu sehen. Ist es notwendig, 900 Dollar auszugeben, um in Neuengland warm zu bleiben? Nein. Aber die Kinder gaben das Geld ihrer Eltern nicht nur für die Wärme aus. Sie gaben den Gegenwert des typischen amerikanischen Wocheneinkommens (865 Dollar) für das Logo aus. Gleichermaßen stellt sich die Frage: Geben Studenten an angesehenen Universitäten 250.000 Dollar für die Ausbildung aus? Möglicherweise. Aber sie geben es auch für das Logo aus.

    Das soll nicht heißen, dass Elite-Colleges ihre Schüler nicht ausbilden oder dass Canada-Goose-Jacken ihre Träger nicht warmhalten. Aber Spitzenuniversitäten sind auch entscheidend für die Einführung in die Klasse der Luxusüberzeugungen. Nehmen Sie das Vokabular. Ein typischer Mittelklasse-Amerikaner könnte Ihnen nicht sagen, was „heteronormativ“ oder „cis-gender“ genau bedeutet. Aber wenn Sie Harvard besuchen, werden Sie viele reiche 19-Jährige finden, die Ihnen diese Dinge eifrig erklären werden. Wenn jemand den Ausdruck „kulturelle Aneignung“ verwendet, dann heißt das in Wirklichkeit: „Ich wurde an einem Top-College ausgebildet.“ Bedenken Sie das Veblen-Zitat: „Raffinierte Geschmäcker, Manieren, Lebensgewohnheiten sind ein nützlicher Nachweis vornehmer Herkunft, denn eine gute Aufzucht erfordert Zeit, Einsatz und Ausgaben und kann daher nicht von denjenigen, deren Zeit und Energie mit Arbeit verbraucht wird, erbracht werden.“ Nur die Wohlhabenden können es sich leisten, sonderbare Vokabeln zu lernen, denn normale Menschen haben echte Probleme, um die sie sich Sorgen machen müssen.


    Der Hauptzweck von Luxusüberzeugungen ist es, den Nachweis der sozialen Schicht und Ausbildung des Überzeugten zu erbringen. Nur Akademiker, die an Elite-Institutionen ausgebildet wurden, sind in der Lage, ein schlüssiges und vernünftig klingendes Argument aus dem Ärmel zu zaubern für eine Forderung wie die, dass Eltern ihre Kinder nicht erziehen dürfen und stattdessen lieber Babylotterien veranstalten sollten. Wenn eine wohlhabende Person sich für die Legalisierung von Drogen, für eine Anti-Impfungspolitik, für offene Grenzen oder für lockere sexuelle Normen einsetzt oder den Begriff „weißes Privileg“ verwendet, dann handelt es sich um eine Statusanzeige. Sie versucht Ihnen zu sagen: „Ich gehöre zur Oberschicht.“


    Wohlhabende Menschen setzen sich für offene Grenzen oder die Entkriminalisierung von Drogen ein, weil dies ihre soziale Stellung verbessert, nicht zuletzt, weil sie wissen, dass die Einführung dieser Politikvorhaben sie weniger kostet als andere. Die Logik gleicht einem auffälligen Konsum – wenn Sie ein Student sind, der von seinen Eltern eine hohe Unterstützung bekommt, und ich nicht, dann können Sie es sich leisten, 900 Dollar zu verschwenden, und ich nicht. Also ist das Tragen einer Canada-Goose-Jacke eine gute Möglichkeit, Ihren überlegenen Reichtum und Status anzuzeigen. Politische Maßnahmen vorzuschlagen, die Sie als Mitglied der Oberschicht weniger kosten, als sie mich kosten würden, erfüllen die gleiche Funktion. Das Eintreten für offene Grenzen und Drogenexperimente ist eine gute Möglichkeit, Ihre Zugehörigkeit zur Elite anzuzeigen, denn dank Ihres Reichtums und Ihrer sozialen Verbindungen kosten sie Sie weniger als mich.

    Am freizügigsten und heiratsfreudigsten

    Unglücklicherweise rieseln die Luxusüberzeugungen der Oberschicht oft herunter und werden von den Menschen weiter unten in der Nahrungskette übernommen, was bedeutet, dass viele dieser Überzeugungen am Ende sozialen Schaden verursachen. Nehmen Sie die Polyamorie. Ich hatte kürzlich ein aufschlussreiches Gespräch mit einem Studenten einer Eliteuniversität. Er sagte, dass, wenn er seinen Tinder-Radius auf fünf Meilen einstellt, etwa die Hälfte der Frauen, meistens andere Studentinnen, in ihren Kurzbeschreibungen „polyamorös“ seien. Als er dann den Radius auf 15 Meilen ausweitete, um den Rest der Stadt und ihre Vororte einzubeziehen, war etwa die Hälfte der Frauen alleinerziehend.


    Die Kosten, die durch die Luxusüberzeugungen der Ersteren entstehen, werden von den Letzteren getragen. Polyamorie ist nur der jüngste Ausdruck der sexuellen Freiheit, für die sich die Wohlhabenden einsetzen. Sie sind besser in der Lage, die Komplikationen neuartiger Beziehungsarrangements zu bewältigen. Und wenn diese Beziehungen nicht funktionieren, können sie sich dank ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit und ihres sozialen Kapitals erholen. Die weniger Glücklichen leiden darunter, dass sie die Überzeugungen der Oberschicht übernehmen.



    Dies wird gut illustriert durch die Feststellung, dass 1960 der Prozentsatz der amerikanischen Kinder, die mit beiden biologischen Elternteilen leben, für wohlhabende und Arbeiterfamilien identisch war – 95 Prozent. Bis 2005 waren 85 Prozent der wohlhabenden Familien noch intakt, aber bei den Arbeiterfamilien war die Zahl auf 30 Prozent gesunken.



    Der Harvard-Politikwissenschaftler Robert Putnam sagte bei einer Senatsanhörung:

    „Reiche Kinder und arme Kinder wachsen jetzt in getrennten Amerikas auf ...“ Mit zwei Elternteilen aufzuwachsen, ist in der Arbeiterklasse inzwischen ungewöhnlich, während in der oberen Mittelschicht Zwei-Eltern-Familien normal sind und immer häufiger vorkommen. Vor allem in den 1960er Jahren setzten sich die Menschen der Oberschicht für die sexuelle Freiheit ein. Lockere sexuelle Normen verbreiteten sich in der übrigen Gesellschaft. Die Oberschicht hat aber immer noch intakte Familien. Sie experimentieren im College und gründen später einen Hausstand. Die Familien der Unterschicht brechen auseinander. Heute gehören die Wohlhabenden zu denjenigen, die am ehesten die Luxusüberzeugungen über sexuelle Freiheit vorzeigen, obwohl sie am meisten heiraten und am wenigsten geschieden werden.

    Der Pöbel und die Reichen

    Dieser Aspekt der Luxusüberzeugungen ist besorgniserregend. Wie ich in meinem ursprünglichen Aufsatz über Luxusüberzeugungen festgestellt habe, sind materielle Güter erschwinglicher geworden und damit weniger zuverlässige Indikatoren für die soziale Klasse. Der Status hat sich auf die Überzeugungen verlagert, die wir zum Ausdruck bringen. Und Überzeugungen sind billiger als Waren, weil jeder sie sich aneignen kann. Sie sind finanziell nicht kostspielig. Und laut Veblen und anderen Beobachtern wie Paul Fussell versuchen gewöhnliche Menschen, der Oberschicht nachzueifern. Die Elite will sich mit ihren sichtbaren Luxuszeichen vom Pöbel abgrenzen. Aber dann versucht die Klasse darunter, der Elite nachzueifern, und ebenso die Schicht darunter, bis der Stil auf den Rest der Gesellschaft heruntergebrochen ist. Und weil Luxusüberzeugungen keine finanziellen Kosten haben, rieselt die „Mode“ bei Überzeugungen schneller nach unten.


    Im Laufe der Zeit werden Luxusüberzeugungen auf der sozialen Leiter nach unten immer weiter angenommen – sodass die Oberschicht ihre alten Luxusüberzeugungen an einem Punkt aufgibt und sich neue zu eigen macht. Das erklärt, warum sich die Überzeugungen der Oberschicht ständig ändern. Es ist leicht zu erkennen, wie das funktioniert, wenn wir uns die tatsächliche Mode ansehen. Der Autor Quentin Bell schrieb in On Human Finery: „Versuchen Sie, wie die Leute über Ihnen auszusehen; wenn Sie an der Spitze stehen, versuchen Sie, anders auszusehen als die Leute unter Ihnen.“ Die auffällige Zurschaustellung der Luxusüberzeugungen der Elite fällt in dieses Muster. Ihre Überzeugungen werden von anderen nachgeahmt, was sie auf die Suche nach neuen Überzeugungen schickt, die sie zur Schau stellen können. Die Wohlhabenden können es schließlich nicht riskieren, auszusehen wie das gemeine Volk.


    Oder betrachten Sie die Kunst. Der Psychologe Steven Pinker schreibt in How the Mind Works: „In einem Zeitalter, in dem jeder Hinz und Kunz CDs, Gemälde und Romane kaufen kann, machen Künstler ihre Karriere, indem sie Wege finden, das Abgedroschene zu vermeiden, abgestumpfte Geschmäcker herauszufordern, die Kenner von den Dilettanten zu unterscheiden.“ Künstler wollen sich von dem unterscheiden, was schon einmal gemacht wurde und was andere zur gleichen Zeit tun. Und das wollen auch die Wohlhabenden. Aus dem gleichen Grund ändern sich die moralischen Moden im Laufe der Zeit. Moralische Moden können sich schnell in eine Spirale verwandeln, da immer mehr Mitglieder der schwatzhaften Klassen eine bestimmte Ansicht vertreten. Sobald die Ansicht passé wird, aktualisiert die Oberschicht, die sich abgrenzen will, ihre moralischen Bestände. Veblens Verhaltensmuster beherrschen immer noch die oberen Schichten, aber heute eben auf eine andere Art und Weise.

    Beschleunigung des Statuszyklus‘

    Er drückt es so aus: „Das Gewöhnliche liegt in der (finanziellen) Reichweite vieler Menschen ... Daher ist der Konsum oder sogar der Anblick solcher Güter untrennbar verbunden mit einem widerwärtigen Verweis auf niederen Ebenen des menschlichen Lebens.“ Die Wohlhabenden wollen nicht mit „gewöhnlichen“ Gütern gesehen werden. Sie betrachten sie als geschmacklos. Heute sind es nicht nur die gewöhnlichen Güter, die sie als geschmacklos empfinden, sondern auch gewöhnliche Überzeugungen. Die Wohlhabenden, die eine „widerwärtige“ Brandmarkung fürchten, wehren sich dagegen, allgemeine, gewöhnliche Überzeugungen und Anschauungen zu zeigen. Diese Überzeugungen sind für die kleinen Leute. Stattdessen will die Oberschicht mit luxuriösen Überzeugungen wahrgenommen werden.


    Die modernen Neurowissenschaften gab es im neunzehnten Jahrhundert nicht. Aber Veblen wäre vielleicht amüsiert, wenn er erführe, dass dieselben Gehirnregionen, die bei „Belohnungen“ wie Schokolade essen oder Geld gewinnen beteiligt sind, auch aktiviert werden, wenn wir Komplimente von Fremden erhalten oder erfahren, dass Menschen, die wir nie treffen werden, uns attraktiv finden.


    Veblen schrieb: „Immaterielle Nachweise genossener Muße und Freizeit sind quasi-wissenschaftliche oder quasi-künstlerische Fähigkeiten und ein Wissen um Prozesse und Vorfälle, die nicht direkt zur Bewältigung des menschlichen Lebens beitragen.“ Zu seiner Zeit verbrachte die „Freizeitklasse“ (leisure class) viel Zeit damit, nutzloses Wissen anzusammeln und an Aktivitäten teilzunehmen, die den Anschein von Intellekt und Kunstfertigkeit, aber keinen funktionalen Nutzen hatten. Diese Aktivitäten halfen niemandem, aber sie ließen die darin engagierten Enthusiasten gut aussehen. Was hätte Veblen angesichts dieser Beobachtungen wohl von Twitter gehalten?


    Der Wirtschaftswissenschaftler und Sozialtheoretiker Thomas Sowell sagte einmal, dass Aktivismus „eine Möglichkeit für nutzlose Menschen ist, sich wichtig zu fühlen, auch wenn die Folgen ihres Aktivismus kontraproduktiv für diejenigen sind, denen sie zu helfen behaupten und dem Gefüge der Gesellschaft als Ganzes schaden.“ Dasselbe könnte man auch über Luxusüberzeugungen sagen. Sie sind Luxusgütern ähnlich, ergeben aber neue Probleme. Als man Luxusgütern oder der finanziellen Ausstattung einen Status zuschrieb, gab es Grenzen dessen, was die Freizeitklasse mit ihren auffälligen Zurschaustellungen an Schaden anrichten konnte. So wird die Mode beispielsweise durch die Geschwindigkeit eingeschränkt, mit der die Menschen ein neues Aussehen annehmen können. Aber mit den Überzeugungen beschleunigt sich der Statuszyklus. Eine reiche Person stellt ihre neuen Überzeugungen zur Schau. Sie kommt dann unter Gleichaltrigen in Mode, also gibt sie sie wieder auf. Dann entsteht eine neue stylische Überzeugung, während die Luxusüberzeugung die soziale Hierarchie hinunterrieselt und Verwüstungen anrichtet.


    Dieser Artikel erschien zuerst bei
    Quillette und wurde für Achgut.com aus dem Englischen übersetzt.


    Rob Henderson ist Doktorand an der Universität Cambridge. Er hat einen BS in Psychologie von der Universität Yale und ist ein Veteran der U.S. Air Force. Sie können ihm auf Twitter folgen unter @robkhenderson.

    https://www.achgut.com/artikel/luxus...er_feine_leute
    Geändert von Turmfalke (10.03.2020 um 12:30 Uhr)
    Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.
    Gustav von Rochow (1792 - 1847), preußischer Innenminister und Staatsminister

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