Politische Bildungsarbeit, d.h. moderne Staatsbürgerkunde, anschließend ausgewertet:
Lohrer Gymnasiasten siezen sich und führen fiktiv Wahlkampf

Heute sind sie Familienvater, Diakon oder Flüchtling. Die Schüler der zehnten Jahrgangsstufe des Lohrer Gymnasiums sind für ein kommunalpolitisches Wahlspiel am Donnerstag in andere Rollen geschlüpft. In der fiktiven Stadt Wahlburg dürfen die Jugendlichen selbst politisch aktiv werden: Verteilt auf Presse, Parteien und Bürgerinitiativen tauchen die knapp 60 Mädchen und Jungen in das kommunalpolitische Geschehen der Stadt ein.

An echte Parteien angelehnt

Dabei vertreten sie nicht ihre persönliche Meinung, sondern versetzen sich ganz in ihre Rolle hinein. Aus Jonas Kolbe wird Lisa Müller, die sich politisch in der Partei PSD (Partei Solidarisches Deutschland) engagiert. Persönlich beschäftige er sich nicht wirklich viel mit Politik, räumt Jonas ein. In dem Planspiel sieht er die Möglichkeit, mehr über die Abläufe in der Kommunalpolitik zu erfahren.


Die sieben fiktiven Parteien, die in Wahlburg antreten, sind alle an die echten Parteien in Deutschland angelehnt. Schülerin Clara Exner ist Kandidatin der PfD, die in Wahlburg ähnliche Ansichten wie die AfD vertritt. Durch das Planspiel kann sich Exner mehr in die Politiker dieser Partei hereinversetzen. »Die Begründung ihrer Sichtweisen ist schon da, aber sinnvoll finde ich sie nicht«, so die Schülerin.


In ihren Parteizentralen entwerfen die Planspiel-Politiker Plakate mit ihren Zielen und bereiten sich auf eine Podiumsdiskussion mit den gegnerischen Parteien vor. Sie beschäftigten sich dabei mit den Themen öffentlicher Nahverkehr, Naturschutz, Migration und Digitalisierung. Ihre Positionen dabei sind durch die Rollenkarten, die sie zu Beginn per Zufall bekommen haben, festgelegt. Um das Spiel realer zu gestalten, siezen sich die Schüler gegenseitig und sprechen sich mit ihrem Rollen-Namen an.

Wahl spielerisch testen

»Das Projekt ist für die Schüler eine Möglichkeit, die Kommunalwahlen spielerisch kennenzulernen«, erläutert Lehrer Sebastian Krahn. »Das soll ihnen auch zeigen, wie wichtig es ist, an den Wahlen teilzunehmen.« Krahn selbst hält sich heute aber im Hintergrund, die Lehrerrolle gebe es schließlich im Spiel nicht.


Das Projekt sei eine zusätzliche Komponente zum Unterricht, in dem besonders der Ablauf der Wahlen thematisiert werde, so Krahn. Angeleitet werden die Schüler beim Spiel von vier freien Mitarbeitern der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (BLZ). Am Ende des Planspiels wählen die fiktiven Bürger ihren Stadtrat, ehe sie das Erlebte reflektieren und besprechen.



Marian Hummel ist einer der vier Mitarbeiter und hat das Planspiel schon mehrere Male begleitet. »Wir machen gute Erfahrungen damit. Die Schüler lernen Empathiefähigkeit und verstehen, dass es andere Ansichten als die eigenen gibt«, berichtet der Student. Das politische Interesse der Schüler werde dadurch ebenfalls geweckt.


Auch wenn die Jugendlichen bei der Wahl am 15. März nicht selbst ihre Stimme abgeben dürfen, haben sie doch einen guten Einblick in die Vorbereitung und Ablauf der Kommunalwahl bekommen.


Planspiel Wahlburg
Das Planspiel ist ein Pilotprojekt in Unterfranken und wird von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (BLZ) organisiert.
Vorgabe ist laut BLZ, dass die Teilnehmer am Beispiel des fiktiven Städtchens Wahlburg in die Kommunalpolitik eintauchen. Ob als Mitglied einer Partei oder Bürgerinitiative, als Listenkandidat oder Lokaljournalist – in unterschiedlichen Rollen gestalten die Teilnehmer einen Wahlkampf. Dabei vergleichen sie verschiedene Positionen zu exemplarischen Problemen der Kommunalpolitik und lernen, Argumente zu beurteilen.
Höhepunkt bildet eine Probewahl. Eine gemeinsame Auswertung und Reflexion bilden den Abschluss des Planspiels


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