Ländle zittert - Furcht vor allmählicher Deindustralisierung

Baden-Württemberg gilt als deutsches Musterländle: wirtschaftlich stark mit einer wohlhabenden Bevölkerung. Doch die Automobilbranche bricht ein, Daimler macht Verluste, streicht tausende Arbeitsplätze. Wird der Südwesten bald das neue Ruhrgebiet?

Der Mercedes-Stern im Daimler-Stammhaus Untertürkheim verdunkelt sich. 1,4 Milliarden Euro müssen eingespart, zigtausende Stellen gestrichen werden. ...

Der größte Arbeitgeber in Rietheim-Weilheim ist die Marquardt GmbH. Im vergangenen Sommer erst wurde der über 30 Millionen Euro teure Neubau am Stammsitz des Unternehmens eröffnet. Jetzt aber sollen 200 Stellen in der Produktion ins kostengünstigere Ausland verlagert werden. Das wird die Kommune schmerzhaft spüren.

Mischung aus Konjunkturschwäche und Strukturkrise

Der Mechatronikspezialist in Familienbesitz wird von Harald Marquardt geleitet. Er ist auch Vorstandsmitglied beim baden-wüttembergischen Arbeitgeberverband Südwestmetall.

...Weil aber die schwäbischen Maschinenbauer vor allem für die Automobilbranche produzieren, sind sie von deren Krise auch stark infiziert.

Daimler streicht zigtausende Stellen

Dass Daimler 1.4 Milliarden Euro einsparen will und ab dem Frühjahr im fünfstelligen Bereich Stellen abbaut, trifft Baden-Württemberg ins Mark. Mitte Februar hatte Konzernchef Ola Källenius einen dramatischen Gewinneinbruch bekannt geben müssen. Im Vergleich zum Vorjahr ging der Gewinn 2019 um fast zwei Drittel auf 2,7 Milliarden Euro zurück. Das wird sich auf das ganze Land auswirken. Die Stimmung bei der Belegschaft schwanke zwischen Wut und Enttäuschung, berichten Betriebsräte. Über 20.000 Beschäftigte arbeiten allein im Mercedes Benz Werk Untertürkheim, davon viele Arbeiter, die bislang bis zu 70.000 Euro im Jahr verdient haben ...

"Detroit am Neckar" ist das Schreckgespenst

Es brodelt jetzt in Baden-Württemberg. Ein Ingenieur bei Bosch, der anonym bleiben möchte, sagt, dass er und viele seiner Kollegen immer schlechter schlafen. Ingenieure, aber auch viele Facharbeiter sind davon überzeugt, dass die einseitige Fokussierung auf Elektromotoren bei der Transformation falsch sei. Sie geben der grün-schwarzen Landesregierung die Schuld. Der Ingenieur von Bosch meint bitter: "Detroit am Neckar, wenn die Politik meint, den Verbrennungsmotor kaputt machen zu wollen, dann erntet sie genau diese Arbeitslosenquote."



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