Grömitz ist ein kleiner Ort in Ostholstein, direkt an der Ostsee gelegen. Wie in fast allen Orten dieser Größenordnung existiert keine Berufsfeuerwehr. Die freiwillige Feuerwehr ist in ländlichen Gegenden wie ein Verein. Hier treffen sich jung und alt, es wird geübt, gefeiert und auch mal ein Einsatz erledigt. Aufgrund des demografischen Wandels gehen den Feuerwehren nun aber die Mitglieder aus. Zuwanderer engagieren sich höchst selten für ihren Aufnahmestaat. In Grömitz geht man nun drastische Wege. Bürger werden auf 12 Jahre! zwangsverpflichtet...……..

Das Ostseebad Grömitz hat seit Kurzem nicht nur eine freiwillige, sondern eine auch unfreiwillige Feuerwehr: Die Gemeinde hat einen Teil ihrer Bürger zwangsverpflichtet, weil zu wenige ehrenamtlich mitmachen wollten. Arne Puck, 44, arbeitet im Rathaus und erzählt, wie die Zwangsrekrutierungen abliefen.SZ: Herr Puck, warum wollen bei Ihnen so wenige Leute dabei helfen, Brände zu löschen?
Arne Puck: Schwer zu sagen. Das war über die Jahre ein schleichender Prozess, bis wir in der Ortswehr Grömitz nur noch 30 aktive Mitglieder hatten. Nach dem Brandschutzgesetz Schleswig-Holstein sind aber 63 gefordert. Damit war der Brandschutz gefährdet.
Jetzt hat Ihre Gemeinde Einzelne zwangsverpflichtet. Ist das nicht ein bisschen hart?Sie können mir glauben, wir wollten das in dieser Form überhaupt nicht. Die Pflichtfeuerwehr ist in Deutschland die absolute Ausnahme, das ist ein Eingriff in die Rechte eines Bürgers. Das war wirklich der letzte Schritt.
Was waren denn die Schritte vorher?
Die Mitglieder der Feuerwehr haben einiges auf die Beine gestellt. Sie haben zum Beispiel regelmäßig einen Mettwurstverkauf zugunsten der Jugendfeuerwehr organisiert und dort ihre Arbeit und Einsatzfahrzeuge vorgestellt. Sie haben Plakate in Gewerbebetrieben aufgehängt: "Wir suchen dich." Der Bürgermeister selbst hat sich reingekniet, Gespräche geführt, Briefe verschickt und zu Infoveranstaltungen eingeladen. Aber am Ende waren diese Bemühungen ziemlich für die Katz.
Keiner, der mitmachen wollte. Eine Handvoll - mehr nicht.
Zum Glück gibt es das schleswig-holsteinische Feuerwehrgesetz.
Da steht drin: Die Gemeinde hat eine Pflichtfeuerwehr aufzustellen, wenn der Brandschutz nicht mehr ausreichend erfüllt werden kann. Alle Bürgerinnen und Bürger vom vollendeten 18. bis zum vollendeten 50. Lebensjahr können verpflichtet werden, einen Dienst in einer Pflichtfeuerwehr als ehrenamtliche Tätigkeit zu übernehmen.
Grömitz hat etwa 5000 Einwohner, wie viele kamen damit in Frage? 1728.
Und daraus lost man dann einfach 30 Feuerwehrmänner und -frauen aus?
Nein. Wir haben nach dem Zufallsprinzip 100 Personen ausgewählt und sie zu Einzelgesprächen ins Rathaus gebeten. Neben mir waren noch der Bürgermeister und der Gemeindewehrführer dabei. Das zog sich über Monate. Wer schon öffentliche Ehrenämter übernommen hat oder beispielsweise alleinerziehend ist, kann nicht herangezogen werden. Am Ende der Gespräche haben sich sieben freiwillig gemeldet und 14 wurden verpflichtet, darunter eine Frau. Von denen wiederum sind erst mal nur acht übrig geblieben.
Wieso "übrig geblieben"?
Die anderen sechs haben Widerspruch eingelegt. Vielleicht sollte ich einmal erwähnen: Die Verpflichtung geht über zwölf Jahre. Wir haben etwa 130 Einsätze im Jahr, man wird also schon öfter alarmiert. Gesundheitliche Gründe können gegen eine Verpflichtung sprechen, darauf haben sich ein paar berufen. Da reicht aber kein Attest vom Hausarzt, die müssen dann zu einem arbeitsmedizinischen Dienst.
Im September hat die Ausbildung begonnen. Wie läuft bislang der Zusammenschluss von freiwilliger und unfreiwilliger Feuerwehr?
Ich habe noch nicht gehört, dass sich jemand absolut sträubt. Ein paar simulierte kleinere Brände wurden schon gelöscht.
Hätte man Sie selbst eigentlich auch einteilen können für den Dienst am Schlauch?Ich bin bereits aktiv in einer Nachbarwehr, seit 24 Jahren.
Gerne und freiwillig?
Ja, aber am Anfang nicht ganz: Um dem Wehrdienst zu entkommen, habe ich mich für zehn Jahre bei der Feuerwehr verpflichtet. Das haben damals viele gemacht.
https://www.sueddeutsche.de/panorama/feuerwehr-groemitz-1.4642015