Wer seit Ende Juni 2016, anfangs vielleicht nur sporadisch, seit Mitte 2018 intensiv, Sky News schaut und die in meinen Brexit-Artikeln verlinkten Medien liest, um auf dem laufenden zu sein über den Stand des Betruges an den britischen Wählern, dem fällt auf, daß auf Sky News und in den verlinkten Medien kaum etwas bis nichts über die militärische Komponente des Brexits gebracht wird. Es ging in 90% der Debatten um die Iren beider Seiten der Grenze, um den Backstop. Das war spektakulär, obgleich es seit langem EU-Regelungen in deren Verhältnis zu angrenzenden Nicht-EU-Staaten gibt. Es handelt sich um technische Fragen und Probleme.


Dem Figaro, im Besitz des Rüstungskonzerns Dassault, sowie dem Auftritt BREXITcentral ist es zu danken, daß die wichtigste Komponente des Brexit an die Öffentlichkeit kommt: Die Rolle Großbritanniens im westlichen Verteidigungssystem. Der Artikel des damaligen Brüssel-Korrespondenten Jean-Jacques Mével, Le Figaro, 14. November 2016, gab die Richtung vor, die nicht weiter verfolgt wurde. Aber seit der Zeit hätte man wissen können, warum Abgeordnete wie die ehemalige Verteidigungsministerin Anna Soubry so eifrig für den Verbleib in der EU eintreten. Es ist verständlich, daß sie ihre eigenen Interessen über die ihres Heimatlandes stellen, diese Haltung ist nicht allein ihnen eigen, aber man wüßte doch gern die Gründe. Der ehemalige Berlin-Korrespondent Nicolas Barotte liefert sie, hier nachzulesen:


Heute gibt es von ihm Nachschlag. Während auf den Seiten 2 und 3 die immer wiederkehrenden Brexit-Argumente gewälzt werden, die man zügig überblättert, steht auf Seite 4, worum es geht:

"Die französisch-britische militärische Zusammenarbeit in der Stunde des Brexit"
La coopération militaire franco-britannique à l'heure du Brexit. Par Nicolas Barotte,
Le Figaro, 17 octobre 2019

Das Manöver Griffin Strike, an dem, in Schottland, seit dem 7. Oktober 2019, 2 000 Soldaten der britischen und französischen Marine sowie der britischen Royal Air Force teilnehmen, findet statt auf der Grundlage des bilateralen Lancaster House Vertrages, von 2010. Nicolas Barotte berichtet über schwere budgetäre Restriktionen, denen die britische Armee unterworfen gewesen wäre; sie müßte nun ihre Kompetenzen reaktivieren. Bei manchmal unterschiedlicher Ausrüstung wären doch "die militärischen Kulturen der beiden europäischen [Nuklear-] Hauptmächte einander sehr nahe."

Die gemeinsame Streitmacht könnte demnächst eingesetzt werden. "Wo und wann?" Dazu interviewt der Journalist vor Ort, im EU-begeisterten Schottland, den französischen Marine-Stabschef Admiral Christophe Prazuck und seinen britischen Kollegen, den Ersten Seelord Tony Radakin. "In internationalen Krisen". Man müsse sich über die Ziele einig werden. Zusammenarbeit wäre keine Möglichkeit, sondern eine Notwendigkeit, meint der Franzose. Sein Kollege antwortet darauf: "Wenn auch Großbritannien aus der EU austritt, die Konstante britischer Verteidigung, das ist die NATO."

Eine klare Absage an die von Frankreich dominierte "Europäische Verteidigungsgemeinschaft"! Der Brexit führe zur Veränderung der Gewohnheiten, womit wohl solche Manöver gemeint sind wie Griffin Strike. Die Wahl der Ausrüstung für die Luft- und Raumfahrt werde sich verändern. Frankreich und Großbritannien seien Konkurrenten, wobei Frankreich noch vom deutschen Bundestag gehindert wird, zur vollen Form aufzulaufen. Mit dem Grünen Dr. Robert Habeck als Kanzler wird das anders!

Großbritannien entwickele Tempest, bei dem das EU-Mitglied Schweden bereits Partner sei, Paris, Berlin und Madrid entwickelten Scaf. So erfährt man nebenbei, daß Spanien an Scaf beteiligt ist, was in dem Artikel über das deutsch-französische Treffen in Toulouse nicht erwähnt wurde. Wer noch Zweifel hatte an der Bedeutungslosigkeit der 26 EU-Mitgliedsstaaten für die französisch-deutsche Politik, Betonung auf französisch, dem sind sie spätestens jetzt vergangen.

Die Briten, die angeblich nicht wußten, was sie sich, am 23. Juni 2016, mit ihrem Kreuzchen für den Brexit eingehandelt haben, scheinen besser informiert zu sein, als gedacht.

Affaire à suivre ...



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