Syrischer Reifenhändler hat in Herne Traum verwirklicht



Der Reifenhändler Ali Ibrahim Mustafa floh vor dem Krieg aus Syrien nach Herne. Hier hat er seinen Traumjob gefunden – per Zufall.




Es ist wenige Wochen her, als im Saal der Kreishandwerkerschaft ein ungewöhnliches Speeddating stattfand: Unternehmen kamen ins Gespräch mit Geflüchteten und Zuwanderern mit guter Bleibeperspektive - späterer Arbeitsvertrag nicht ausgeschlossen. Ein schnelles Bewerbungs-Rendezvous hat Reifen Stiebling und Ali Ibrahim Mustafa zwar nicht zusammengebracht, dafür aber ein Praktikum. Und dieses Beispiel zeigt, dass Zuwanderung helfen kann, dem Fachkräftemangel in manchen Branchen zu begegnen.


Der heute 30-Jährige stammt aus der syrischen Stadt Kobane, die an der türkischen Grenze liegt. Im September 2014 griff der so genannte Islamische Staat die Stadt an, die im Verlauf der Kämpfe in weiten Teilen in Schutt und Asche gelegt wurde. Mustafa konnte sich und seine Frau in der Türkei in Sicherheit bringen, allerdings nur mit den Sachen, die sie am Leib trugen und etwas Geld. Als klar wurde, dass eine Rückkehr ausgeschlossen war, entschloss sich das Paar zur Flucht. Nach drei Monaten war es in Deutschland angekommen, von Bielefeld wurde es Herne zugewiesen.


Reifenhandel in dritter Generation geführt

Der Zufall führte den Syrer und Stiebling zusammen. Als Mustafas Ehefrau im Marien Hospital am Hölkeskampring ein Kind zur Welt brachte, habe er von dort das Unternehmen an der Jean-Vogel-Straße gesehen. Für ihn sei es ein Traum, dort zu arbeiten, erzählt er im Gespräch mit der WAZ-Redaktion.

Dazu muss man wissen: Bereits in Kobane führte Mustafa einen Reifenhandel - in der dritten Generation. Er erzählte einer Mitarbeiterin der Gesellschaft zur Förderung der Integrationsarbeit von seinem Traum, die kannte Iris Stiebling, die Ehefrau von Firmen-Chef Christian Stiebling - und wenig später konnte Ali Ibrahim Mustafa ein Praktikum beim Reifenhandel absolvieren.




Er kann Reifen ohne Maschinen montieren

Dort seien die Kollegen sofort begeistert gewesen, so Christian Stiebling, weil sie gesehen hätten, dass er ein Gefühl für Reifen habe. Er könne Reifen ohne Hilfe von Maschinen montieren. „Mit seinem Können ist er prädestiniert als Montagewagenfahrer“, so Stiebling. Die rücken zu den Kunden aus, zum Beispiel, wenn sie eine Panne haben. Mustafa könne reparieren und improvisieren. Beste Voraussetzung für diesen Job.


Eine andere Voraussetzung war noch nicht gegeben. Nein, Deutsch kann Mustafa inzwischen recht gut, aber ihm fehlte der Lkw-Führerschein. Nachdem er seinen Pkw-Schein auf eigene Faust bestanden hatte - seine syrische Fahrerlaubnis wurde in Deutschland nicht anerkannt -, finanzierten Stiebling und die Agentur für Arbeit den Lkw-Schein. Neben seiner Arbeit lernte er Regeln und Paragrafen. Nach nur drei Monaten legte er die Prüfung ab. Fehlerpunkte im theoretischen Teil: null. In ein paar Tagen kann er mit dem Montagewagen losfahren.

Chancen auf Bleiberecht möglicherweise erhöht

Christian Stiebling ist begeistert. Ali Mustafa sehe Arbeit, er kenne alle Produktgruppen genau und gehe mit Maschinen und Material so pfleglich um wie kaum ein anderer. Logische Konsequenz: Mustafa hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag, was seine Chancen auf ein unbefristetes Bleiberecht erhöhen dürfte. Für Stiebling steht fest: „Wir brauchen Zuwanderung, um Fachkräfte zu bekommen.“

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