Seit vier Jahren wurden mindestens 3 Millionen nichtzahlende Flüchtlinge und Resettlement-Flüchtlinge, Flüchtlinge aus humanitären Gründen, deren Kinder und Familien in das deutsche Gesundheitswesen übernommen als nichtzahlende Kassenpatienten. Die sind aber natürlich nicht schuld am Minus in der Kasse und auch nicht an den verstopften Notaufnahmen der Krankenhäuser.

Die Flüchtlingskrise und die offenen Grenzen tragen keine Schuld. Die wird in dem Zusammenhang noch nicht einmal erwähnt, ganz so, als ob kein Transfer in die Sozialsysteme stattfinden würde.

Krankenkassen rutschen erstmals seit vier Jahren ins Minus

Zum ersten mal seit vier Jahren haben die Krankenkassen wieder einen Verlust gemacht. Dafür gibt es gleich drei Gründe.

Erstmals seit drei Jahren müssen gesetzliche Krankenkassen wieder in großem Stil Reserven anzapfen, um die Ausgaben für die Behandlung ihrer Versicherten zu bezahlen. Denn die Zuweisungen des Gesundheitsfonds reichen nicht mehr aus. In den ersten drei Monaten verbuchten die Krankenkassen deshalb nach F.A.Z.-Recherchen ein Minus von 112 Millionen Euro. Im Vorjahr hatten sie nach dem ersten Quartal noch einen Überschuss von 416 Millionen Euro genannt. Im Jahr 2018 hatten die 109 Kassen noch zwei Milliarden Euro Überschuss erzielt – alle hatten positiv abgeschlossen.

Das hat sich geändert. Ersatz-, Betriebs- und Innungskassen weisen Fehlbeträge aus, die Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK) und die Knappschaft haben ihre Überschüsse im Jahresvergleich halbiert. Die Ersatzkassen, die mit 28 Millionen Versicherten Marktführer knapp vor den AOK sind, standen Ende März mit 151 Millionen Euro in den Miesen, die Betriebskrankenkassen mit 60 Millionen, die Innungskassen mit 16 Millionen Euro. Die AOK weisen noch einen Überschuss von 89 Millionen Euro aus, doch das ist weniger als die Hälfte der 197 Millionen Euro aus dem Vorjahresquartal.


Die Zahlen sind interpretationsbedürftig. In der Analyse müssen mindestens drei Faktoren berücksichtigt werden: Beitragssatzsenkungen, Leistungsausweitungen sowie die Berechnung der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds.
Ausgaben stark gestiegen

Von den elf Ortskrankenkassen hatten fünf zum Jahreswechsel ihre Zusatzbeiträge gesenkt und damit sinkende Einnahmen einkalkuliert. Unter den Ersatzkassen fällt auf, dass das Defizit aller, zahlenmäßig dem der größten und vermögendsten Kasse, der Techniker Krankenkasse, mit 151 Millionen Euro entspricht – die anderen Kassen lagen alle nahe der Gewinn- und Verlustschwelle. Die TK hatte – anders als Barmer, DAK oder KKH – ihren Zusatzbeitrag um zwei Zehntel reduziert, auch um Forderungen der Politik nach Abbau ihrer Rücklagen nachzukommen. Ende 2018 verfügten die Kassen – zwar sehr unterschiedlich verteilt – über Rücklagen von 21 Milliarden Euro. Die werden jetzt angezapft. Weitere knapp 10 Milliarden lagen im Gesundheitsfonds.


Der zweite Grund für die Finanzentwicklung sind steigende Ausgaben. Bei den AOK fiel der Anstieg der Leistungsausgaben mit 2,6 Prozent höher aus als im Vorjahr. Bei den Ersatzkassen stiegen die Ausgaben um 4,8 Prozent je Versicherten und damit stärker als die Einnahmen mit 3,6 Prozent. Jens Martin Hoyer, der stellvertretende Bundesvorsitzende der AOK, hält das alles für „noch gut beherrschbar“. Doch merkte er gegenüber der F.A.Z. an: „Aber die finanziellen Aussichten der Gesetzlichen Krankenversicherung trüben sich doch merklich ein, der Kurs der extensiven Ausgabenpolitik muss kritisch hinterfragt werden.“

Ulrike Elsner, die Vorsitzende des Ersatzkassenverbands sagt: „Die Zeit der Überschüsse in der GKV geht vorbei.“ Kostenintensive Gesetze wie das für mehr Pflegepersonal und für die zügigere Vergabe von Arztterminen würden erst im Laufe des Jahres ihre Wirkung entfalten. Das werde den Wettbewerbsdruck unter den Kassen spürbar erhöhen. Umso wichtiger sei es deshalb, „dass nun wirklich faire Wettbewerbsbedingungen hergestellt werden“. Die Politik müsse die geplante Finanzreform wie geplant umsetzen, sagte Elsner.

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