Nie wurde eine so schlechte deutsche Außenpolitik betrieben.



Besuch in Harvard Merkels Anti-Trump-Rede mit vielen Botschaften


Angela Merkel bekam von der US-Eliteuniversität Harvard die Ehrendoktorwürde verliehen. Ein Treffen mit Donald Trump gab es nicht. Doch ein Teil ihrer Rede richtete sich an den US-Präsidenten. #

An der Harvard-Universität hat Kanzlerin Merkel für internationale Zusammenarbeit und gegenseitigen Respekt geworben.

  • In ihrer Rede grenzte sie sich scharf von US-Präsident Trump ab, ohne ihn namentlich zu erwähnen, und erntete Applaus.
  • Mehrere Botschaften klingen so, als habe Merkel sie direkt für das Weiße Haus formuliert, etwa zu Klima und Handel.





Manchmal wirkt es so, als warteten die meisten der gut 20.000 Zuhörer nur auf ihre nächste Chance: endlich wieder applaudieren, jubeln, stehend Ovationen aufbieten. Knapp 30 Mal spendet das Auditorium Angela Merkel während ihrer halbstündigen Rede Beifall. Während einiger Passagen applaudieren sie nach jedem Satz. Damit verbinden sich die Aussagen der Festrednerin und die Reaktion des Publikums zu einer gemeinsamen Botschaft – gerichtet gegen die Politik des amerikanischen Präsidenten, gegen die Art und Weise, mit der Donald Trump agiert.


Donnerstagnachmittag auf dem Yard der Harvard-Universität, der bekanntesten Hochschule der Welt. Schon mehrere Stunden hält sich die promovierte Physikerin bei der diesjährigen Absolventenfeier („368. Harvard Commencement“) auf. Angela Dorothea Merkel, wie sie genannt wird, hat bereits die juristische Ehrendoktorwürde erhalten. Sie hat vielen Reden, allerhand Musik und einigen Gebeten zugehört. Es sind – neben Professoren und Mitarbeitern – mitnichten nur die jungen Absolventen des Jahres 2019 zugegen, sondern auch die vieler, vieler Jahre zuvor.

https://www.welt.de/politik/ausland/...-Ovations.html


Reaktionen auf Merkel-Rede in Harvard „Attacke auf Trumps
Politik der Täuschung“


Warum dem US-Präsidenten der Auftritt gar nicht gefallen haben dürfte

Boston – Sie ist, sofern nichts Ungewöhnliches geschieht, noch bis 2021 im Amt. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel (64) gestern an der renommierten Harvard University in Cambridge (Boston) vor dem Absolventen-Jahrgang sprach, hielt sie eine Art Vermächtnis-Rede. Eine Rede, die von den Studenten, Professoren und vielen ehemaligen Harvard-Abgängern, die heute die Geschicke der USA bestimmen, teilweise mit Standing Ovations gefeiert wurde.

Schon am Morgen waren die Straßen von Cambridge mit jungen Menschen in schwarzen Roben und Doktor-Hüten gefüllt. Die meisten von ihnen wurden von stolzen Eltern begleitet. Um 14 Uhr zerrissen dann die Trommeln der Harvard-Band die Ruhe auf dem berühmtesten Campus der USA. Der Auftakt zum Einmarsch in das „Tercentenary Theater“ im Park der 382 Jahre alten Hochschule.

Dann nahm Angela Merkel auf dem Podium Platz. Hellblauer Blazer, schwarze Hose. Die Hände natürlich zur Raute geformt.



Als die Präsidentin der Harvard-Studentenvereinigung Margaret M. Wang sie wenig später vorstellte, sagte sie: „Sie gilt als die Führerin Europas. Sie hat die Grenzen für Hunderttausende Flüchtlinge geöffnet.“ Wang erwähnte zudem ihren Einsatz für die Homo-Ehe und den Kampf gegen den Klimawandel. Allerdings: Merkel hatte zwar den Weg für die Abstimmung zur Homo-Ehe im Bundestag geebnet und die Abgeordneten vom Fraktionszwang enthoben, selbst aber gegen die „Ehe für Alle“ gestimmt.

▶︎ Bei ihren Worten brach lauter Jubel aus. Yeah-Rufe hallten über das Gelände. Ein traumhafter Empfang für die Kanzlerin, die in ihrer Heimat inzwischen so oft angefeindet wird.

Die Deutsche blieb sich ihrer trockenen Art treu. „Dann beginnen wir mal“, sagte sie. Überraschung: Sie sprach auf Englisch. Doch nur zur Begrüßung. Anschließend wechselte sie in die deutsche Sprache und wurde von einer Dolmetscherin übersetzt.

Sie redete über ihre Eltern und die Zeit im Zweiten Weltkrieg. Über den Holocaust, „das Leid und die Schrecken, die Deutschland über die Welt gebracht“ habe. Über den Marshall Plan, der es nach dem Krieg möglich machte, dass Europa und Deutschland aus den Trümmern aufstehen konnten.

Und über ihre Jugend in der DDR. „Da war die Mauer, die in meinem Weg war“, sagte sie.
Für US-Medien ist Merkel der Anti-Trump

Obwohl sie Präsident Donald Trump (72) nicht namentlich erwähnte, machte sie im Laufe ihrer Rede immer wieder deutlich, wie anders sie tickt als er. Klima, Handel, Migration, internationale Zusammenarbeit: Kaum ein Politikfeld, in dem sie nicht im Gegensatz zu Trump steht.


So fasste auch die US-Presse Merkels Rede auf: „Merkel nutzt Harvard-Rede für Seitenhieb auf Trump“, titelte anschließend die Online-Ausgabe des Trump-nahen Fernsehsenders Fox News. „Harvard jubelt Merkel zu – Attacke auf Trumps Politik der Täuschung“, schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg. „Merkel weist Trumps Weltbild zurück“, titelte die „New York Times“.


Während Merkel vor der Elite an der US-Ostküste sprach, hielt der US-Präsident gute 2300 Kilometer westlich seine eigene Abschluss-Rede vor Studenten der US Air Force Academy in Colorado Springs.
Sie sprach von transatlantischer Freundschaft – er von „America first“: Die USA würden ihre Interessen nicht mehr für ausländische Mächte opfern, sagte er. „Wir machen das nicht mehr und dafür ist es Zeit.“

Einige ihrer Kernsätze:

▶︎ „Die transatlantische Freundschaft hat mehr als 70 Jahre Frieden möglich gemacht.“

▶︎ „Protektionismus und Handelskriege gefährden den Wohlstand in der Welt.“

▶ ︎„Der Klimawandel wird auch von Menschen verursacht. Wir müssen deshalb alles tun, um diese Herausforderung an die Menschheit zu meistern.“



▶ ︎„Mehr denn je müssen wir heute multilateral, nicht unilateral handeln. Global statt national. Weltoffen statt isolierend. Zusammen, nicht in Alleingängen.“

▶ ︎Sie mahnte vor den vielen Falschinformationen und Manipulationen, die heute durch das Internet auf dem Vormarsch sind. Und vor den „alternativen Fakten“. „Wir dürfen Lügen nicht Wahrheiten nennen. Und Wahrheiten nicht Lügen.“

Bei diesen Worten sprangen die Studenten (und Professoren und Eltern) von ihren Stühlen auf und gaben der Bundeskanzlerin erneut stehende Ovationen.

▶︎ „Was könnte uns stoppen?“, fragte sie. „Mauern … Demokratie, Frieden, Wohlstand sind nicht selbstverständlich … aber, wenn wir Mauern einreißen, dann ist alles möglich.“

▶ ︎Sie gab den Studenten eine Reihe von Ratschlägen mit auf den Weg. Darunter, dass die Digitalisierung nicht nur gute Seiten hat. „Ihr Smartphone hat vermutlich weit mehr Kapazitäten als der von der Sowjetunion kopierte IBM-Großcomputer, den ich damals als Studentin für meine Arbeit benutzen durfte …. aber wir müssen uns fragen, ob wir die Technologie bestimmen oder die Technologie uns.“ Auch hierfür erntete sie Beifall.


Angela Merkel lachte oft bei ihrer Rede und genoss die Sympathien, die ihr an der Harvard Universität entgegengebracht wurden, in vollen Zügen. Und sie dachte über sich selbst hinaus. „Es gibt keinen neuen Anfang ohne ein Ende. Kein Leben ohne Tod.“ Bald werde auch ihre Zeit als Politikerin enden. „Wer weiß, was dann kommt.“

Sicher sei jedoch, dass junge Menschen wie die Harvard-Absolventen dann den Lauf der Welt bestimmen würden.

Angela Merkel hat gestern bei vielen dieser Studenten einen tiefen Eindruck hinterlassen und ihnen dargestellt, woran sie in ihren vier Amtszeiten als Bundeskanzlerin gearbeitet hat und was sie sich für die Zukunft wünscht. Die sonst so spröde Frau wirkte dabei ungewohnt locker und zeigte, dass sie nicht nur eine Pragmatikerin ist, sondern auch eine leidenschaftliche Visionärin sein kann.





Und die Harvard-Absolventen schienen tief von der Deutschen beeindruckt. Einige Beispiele: 

Simi Shah (21, studierte Wirtschaft): „Jemanden hier zu haben, der global so viel Einfluss hat, war aufregend. Für mich natürlich auch deshalb, weil sie eine Frau ist. Es war inspirierend zu hören, woher sie kommt und wie sie es schaffte, zu einer internationalen Spitzenpolitikerin zu werden. Ich fand gut, dass sie ohne Donald Trump je zu erwähnen, so viele seiner politischen Themen angesprochen hat.“ 



Theo Motzkin (25, studierte Kunst): „Eine inspirierende Rede. Vor allem einen so mächtigen Weltpolitiker zu hören, der so moralisch ist. Sie hat uns darauf aufmerksam gemacht, was wir heute tun müssen. Und dies in einer so hoffnungsvollen Art. Sie hat gesagt: ‚Dies sind die schweren Herausforderungen, die auf euch warten – wie der Klimawandel.‘ Aber sie sagte auch: ‚Ich glaube, ihr könnt das schaffen.‘

Was mich aber am meisten beeindruckt hat, ist, dass die Kanzlerin Deutschlands nicht einmal 100 Jahre nach dem Holocaust hier sprechen kann und als moralische und globale Führungsperson gesehen wird. Das zeigt, wie wichtig es war, dass sie die Flüchtlinge ins Land gelassen hat. Sie wollte das Richtige tun. Und die Welt sieht dies.“

Rose Huang (22, studierte Bio-Statistik): „Es war eine sehr inspirierende Rede, die mir viel für die Zukunft auf den Weg gegeben hat. Ich fand beeindruckend, dass sie bereit war, neue Wege zu gehen und offen zu sein. Natürlich sehen viele von uns auch zu ihr auf, weil sie es als Frau geschafft hat, eine so einflussreiche Politikerin zu werden.“ 


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