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    Flüchtlinge im Altenheim: „Angst haben eher die Schüler“

    Stuhrer Einrichtungsleiter im Interview

    Flüchtlinge im Altenheim: „Angst haben eher die Schüler“



    Stuhr – Johannes Oltmanns ist seit 2017 Einrichtungsleiter der Seniorenresidenz Haus am Deichfluss an der Pablo-Picasso-Straße in Moordeich. Im Kurz-Interview erklärt er, warum er auch Flüchtlinge wie Tatenda Manaka einstellt und welche Hürden es auf dem Weg dahin gibt.


    Herr Oltmanns, einen Flüchtling ohne Aufenthaltstitel einzustellen: Ist das so schwierig, wie es sich anhört?


    Grundsätzlich ist es immer so, dass behördlich alles sicher sein muss. Wir haben in diesem Fall über die Zukunftswerkstatt, eine Arbeitsplatzinitiative für Flüchtlinge, von Tatenda Manaka gehört. Darüber haben wir schon ganz, ganz viele Flüchtlinge in Arbeit gebracht – auch in der Pflege. Zuerst führen wir dabei immer ein Bewerbungsgespräch. Und dann ist es so, dass es wichtig ist, dass vorab Praktika gemacht werden. Aber dafür braucht man immer eine Arbeitserlaubnis. Und das muss über die Ausländerbehörde laufen, was immer ein bisschen dauert. Dann ist auch die Frage, ob die Schule damit einverstanden ist. Tatenda Manaka hat ja zum Beispiel ein B1-Niveau. (Anm. d. Red.: Mit den Stufen A1 bis C2 sind im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen feste Kenntnisse definiert.) Das war dann eine Ausnahmeregelung.

    Normalerweise müssen sie ein B2-Niveau haben. Grundsätzlich ist es auf gar keinen Fall so, dass wir irgendwelche Einwände haben. Im Gegenteil: Wir freuen uns, weil wir glauben, das sind besonders motivierte und sehr dankbare Mitarbeiter. Das hat sich tatsächlich bei uns bewährt.


    Hatten Sie anfangs Bedenken?


    Natürlich stellt man sich immer erst mal die Frage: Schaffen sie es in Wort und Schrift? Wie die Sprache sich entwickelt, das sieht man ja im Praktikum. Aber wie gut kommen sie mit dem Schriftlichen zurecht? Da hat man natürlich am Anfang immer Bedenken. Das muss man tatsächlich sagen. Aber bislang hat das immer geklappt.


    Hat das Beispiel Tatenda Manaka für Sie Modellcharakter?

    Definitiv! Es geht natürlich immer nur ein gewisses Kontingent. Ich würde gerne die Tür für alle öffnen, aber das geht nicht. Je nach Hausgröße und Mitarbeiteranzahl kann man pro Ausbildungsjahr vielleicht zwei Auszubildende mit sprachlichen Schwierigkeiten aufnehmen und sinnvoll anleiten. Sie brauchen oft eine zwei- bis dreimal längere Einarbeitungszeit. Es ist auch so, dass die Bewohner eigentlich gar keine Schwierigkeiten damit haben, wenn unsere Schüler mit Fluchthintergrund in die Pflege gehen. Es sind eher die Schüler selber, die Angst haben, ihnen entgegenzutreten. Die wissen nie, was die Bewohner schon so an Erfahrungen gemacht haben. Und sie wissen ja vielleicht auch, mit welcher Generation sie es da zu tun haben.


    Haben die Bewohner denn andersherum auch Vorurteile gegenüber den Flüchtlingen?
    Ich habe das tatsächlich vor zwei Jahren so wahrgenommen. Am Anfang, wo wir mit den ersten angefangen haben, da haben wir starke Widerstände gehabt. Die Bewohner selber können sich nicht mehr dran erinnern, aber auf den Heimbeirats-Versammlungen, da kann ich mich noch gut dran erinnern, war das auch Thema. Da wurde gesagt: Hier sind jetzt so viele, die kann man gar nicht mehr verstehen, was soll das und wo führt das hin? Mittlerweile hat sich das aber alles etabliert. Es schleicht sich eine Toleranz ein. Letztlich zählt in diesem Bereich, dass man freundlich ist und das Herz am rechten Fleck hat.
    Die Stimmen der Bewohner

    Madame, sagt er immer
    Ingeborg Döpkens, Bewohnerin im Haus am Deichfluss und Heimbeirats-Vorsitzende: „Wenn Tatenda Manaka mich abgeholt hat, war er immer sehr nett und freundlich. Madame, sagt er immer. Und sprachlich? Ach Gott, das gibt sich ja mit der Zeit, dass er auch besser Deutsch spricht. Das Einzige ist: Wenn man sich noch fertig macht, duscht und so weiter, da habe ich immer noch so ein bisschen Scheu. Da habe ich von Anfang an gesagt, dass ich gerne von einer Pflegerin geduscht werden möchte. Das liegt eben so in der Natur von früher. Aber allgemein auf Männer bezogen. Mit Tatenda bin ich sonst bislang, immer wenn wir uns gesehen haben, ganz nett ausgekommen.“


    Hauptsache, sie versorgen mich gut
    Herta Hornscheidt, Bewohnerin im Haus am Deichfluss und Heimbeirats-Mitglied: „Mir ist es egal, ob Ausländer oder Deutsche mich versorgen. Hauptsache, sie versorgen mich gut. Was ausschlaggebend ist, ist die Sprache. Wir haben auch viele, die sich damit sehr schwertun. Beziehungsweise: Die verstehen uns zwar, können aber nicht antworten. Sie sind jedoch alle freundlich, nett und hilfsbereit.“

    https://www.kreiszeitung.de/lokales/...-12282105.html


    Der Link im Text verweist auf einen Artikel der Zeitung über diesen Flüchtling ohne Aufenthaltstitel:



    Herzliche Hilfe ohne Aufenthaltstitel
    Ein Flüchtling im Seniorenheim: Das neue Leben des Herrn Tatenda


    In Zimmer 119 im Haus am Deichfluss liegt Heinrich Sudmann. Tatenda Manaka schaut regelmäßig, wie es dem Senior geht. Die beiden verstehen sich. Neulich haben sie noch über der, die und das gesprochen. Artikel, wie es sie in Tatenda Manakas Muttersprache Englisch nicht gibt


    Tatenda Manaka kam vor rund zweieinhalb Jahren als Flüchtling nach Deutschland. Er floh vor den politischen Konflikten in seiner Heimat Simbabwe. In Stuhr fand der heute 20-Jährige nicht nur ein neues Zuhause, er startete auch eine Ausbildung zum Pflegefachmann. Auch wenn er damit dem Fachkräftemangel entgegenwirkt: Gesichert ist seine Zukunft in Deutschland nicht.


    Stuhr – „Es ist schwer, aber machbar.“ Dieser Satz von Tatenda Manakas Mutter stand am Anfang einer langen Reise. Sie begann vor fast zweieinhalb Jahren im Süden Afrikas. Genauer: in Simbabwe. Und sie führte Tatenda, seine Mutter und seine kleine Schwester, die damals noch ein Baby war, nach Deutschland. Dort fanden sie nicht nur Ruhe vor den schwelenden politischen Konflikten in ihrem Heimatland. In Stuhr fand Tatenda auch einen neuen Arbeitsplatz. Der 20-jährige Flüchtling steckt mitten in einer Ausbildung zur Pflegefachkraft in einem Altenheim. Und die Bewohner dort mögen ihn außerordentlich.


    „Guten Morgen! Hallo! Moin!“ Johannes Oltmanns geht mit schnellen Schritten und einem freundlichen Lächeln durch das Haus am Deichfluss. Laut, damit ihn auch alle verstehen, grüßt er die Bewohner des Altenheims an der Pablo-Picasso-Straße in Moordeich. Oltmanns – grau-kariertes modernes Jackett, gepflegter Dreitagebart – ist der Leiter der Seniorenresidenz, die zur Specht- und Tegeler-Gruppe gehört. Als er von seinem Büro über eine Treppe in den ersten Stock führt, ist laute irische Musik zu vernehmen.


    Eine kleine Gruppe Senioren hat dort gerade „Tanzunterricht“. Sie rudern mit den Armen. Leichte, bunte Tücher fliegen durch die Luft. So gut die Gesundheit das eben noch mitmacht. Im Dienstzimmer dahinter steht Tatenda Manaka und lächelt sein warmes, entspanntes Lächeln, dass er eigentlich meistens bei seiner Arbeit vor sich herträgt.


    Politische Konflikte in Simbabwe

    Seit August 2018 macht er im Haus am Deichfluss eine dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft. Eigentlich wollte Tatenda Manaka Arzt werden. Doch sein Abitur aus Simbabwe wurde in Deutschland nicht anerkannt. Als ihm eine Tante, die in Kanada als Altenpflegerin arbeitet, sagte, „Probier das mal“, war er am Anfang noch unsicher. „Es ist nicht meine Sprache“, sagte Manaka.


    Nach zwei Praktika im Haus am Deichfluss waren sich aber sowohl die Einrichtungsleitung als auch er sicher: Wir versuchen es mal. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Tatenda an der BBS in Syke in einer Sprint-Klasse bereits auf seine B1-Sprachprüfung hin.


    Dass die Entscheidung damals eine richtige war, zeigt sich heute. Der junge Mann mit der Brille und dem Stirnband um die Haare spricht nicht nur sehr gut Deutsch, er ist in seiner Klasse an der Pflegeschule in Delmenhorst auch einer der Besten. Seine letzte Note: eine Eins in Englisch. Zugegeben, hier hat Tatenda Manaka einen kleinen Vorteil. Englisch ist seine Muttersprache. In Simbabwe werden bis zu vier verschiedene Sprachen gesprochen. Bei seiner Mutter und seiner kleinen Schwester, die heute in Sulingen wohnen, ist er der Ansprechpartner, wenn es um die deutsche Sprache geht.

    Positive Sonderrolle im Seniorenheim

    Seine Sonderrolle im Seniorenheim wird klar, wenn man zuhört, wie andere dort über ihn sprechen. Bei vielen heißt er Herr Tatenda oder auch mal Herr Darlington – nach seinem zweiten Vornamen. Dass beides nicht seine Nachnamen sind, scheinen nur die wenigsten zu wissen. Herr Manaka hört man eher selten. Aber das stört den Azubi nicht. Während er davon spricht, lächelt er nur sein herzliches, leicht amüsiertes Lächeln.


    Das ist es auch, was Heinrich Sudmann schätzt. Der 84-jährige Groß-Mackenstedter klagt an diesem Tag über Schmerzen. Als Tatenda Manaka in sein Zimmer mit der Nummer 119 kommt, kann Sudmann schon wieder lächeln. „Das klappt gut mit ihm“, findet er. Als Oltmanns den Senior fragt: „Was mögen Sie am liebsten an Herr Tatenda?“, antwortet dieser, ohne zu zögern: „Alles!“

    Lesen Sie auch:
    „Angst haben eher die Schüler“



    Bei den Bewohnern ist heute keine Abneigung gegenüber Manakas Herkunft oder Vergangenheit zu spüren. Das war nicht immer so (siehe Interview unten). Nachdem jedoch immer wieder auch Personal und Auszubildende mit Migrationshintergrund eingestellt wurden, änderte sich die Meinung. Heute haben von den 48 Mitarbeitern des Hauses 25 einen Migrationshintergrund. Von den zwölf Azubis die Hälfte.

    Nur geduldet, kein festes Aufenthaltsrecht

    Tatenda Manaka arbeitet gerne in dem Stuhrer Altenheim und kann sich auch vorstellen, in dem Beruf zu bleiben. Auf Oltmanns Frage, wo er sich in 20 Jahren sehe, antwortet Tatenda, dass er sich auch eine Position als Heimleitung gut vorstellen könne.


    Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Trotz Arbeitsplatz und gesicherter Ausbildung: Manaka bleibt in Deutschland ein Flüchtling. Er ist hier nur geduldet und hat keinen Aufenthaltstitel. Daher lebt er auch noch in einer Flüchtlingsunterkunft in Brinkum. Zusammen mit Oltmanns sucht er derzeit nach einer eigenen Wohnung.



    Auch wenn Manaka schon vieles erreicht hat: Für seinen 21. Geburtstag, den er in Kürze feiert, dürfte der Wunschzettel nicht leer sein. Sein größter Traum sei es, in Deutschland bleiben zu dürfen. „Alles, was ich brauche, ist doch hier“, sagt Manaka und lächelt.
    Kommentar zum Thema

    Von Luka Spahr



    Hinter der Geschichte
    Es gibt Situationen, in denen weiß ich gar nicht, warum alle so ein Bohei machen. Der Besuch bei Tatenda Manaka im Haus am Deichfluss gehörte dazu. Ein junger Mann, der nicht in Deutschland geboren ist und der eine Ausbildung zum Pflegefachmann macht. Aha! Und wo ist jetzt das Besondere an der Geschichte?
    Ich fand es, als ich mich Tatenda unterhielt. Als ich den Bewohnern zuhörte und mit Tatendas Chef sprach. Es sind die Details, die diese Geschichte zu etwas Besonderem machen. Da wäre zum Beispiel der Fakt, wie unglaublich schnell sich Tatenda in Deutschland eingelebt und unsere Sprache gelernt hat. Zweieinhalb Jahre ist er gerade einmal hier.


    Dann: Der junge Simbabwer arbeitet nicht irgendwo. Er hat sich entschieden, die Menschen zu pflegen, deren Generationsvertreter vielleicht vor einigen Jahren nicht mal mit „jemandem wie ihm“ gesprochen hätten. Und am Ende das Faszinierendste: Es gibt so viele, denen Tatendas Herkunftsland einfach egal ist.


    Seien es die Ehrenamtlichen der Zukunftswerkstatt, sein Chef, seine Kollegen und ja, auch die Bewohner des Altenheims. Sie sehen in dem 20-Jährigen das, was er ist: ein junger, herzlicher Mensch, der in Deutschland eine Zukunft sucht und der das auf sich genommen hat, was wohl nur die Wenigsten von uns leichtfertig tun würden – die eigene Heimat verlassen und in einem weit entfernten Land ganz von vorne anzufangen.

    https://www.kreiszeitung.de/lokales/...-12282104.html
    Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.
    Gustav von Rochow (1792 - 1847), preußischer Innenminister und Staatsminister

  2. #2
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    AW: Flüchtlinge im Altenheim: „Angst haben eher die Schüler“

    Tatenda Manaka kam vor rund zweieinhalb Jahren als Flüchtling nach Deutschland. Er floh vor den politischen Konflikten in seiner Heimat Simbabwe.
    Welche Konflikte? Es ist doch wohl eher so, dass da jemand die Chance ergreift im allgemeinen Flüchtlings-Chaos hier reinzukommen. In Simbabwe werden die Weißen drangsaliert, da ist es sehr unpassend, dass ein Angehöriger der Unterdrücker in ein Land der Weißen kommt.
    Alle Texte, die keine Quellenangaben haben, stammen von mir.

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