So will NRW Flüchtlinge bis 25 zur Schule schicken

Erst wollte NRW eine Schulpflicht für Flüchtlinge bis 25 Jahre. Aber dieser Plan ist gescheitert. Nun soll es eine „Schulberechtigung“ geben.



Die NRW-Landesregierung ringt darum, Flüchtlingen zwischen 18 und 25 Jahren die Chance zu geben, einen Schulabschluss nachzuholen. Arbeitsmarktexperten, Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände haben immer wieder betont, wie wichtig solche Chancen für junge Asylbewerber seien. Die im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP versprochene „Schulpflicht für nicht mehr schulpflichtige Flüchtlinge“ ist aber gescheitert. Das NRW-Schulministerium hat hier „verfassungsrechtliche Bedenken“.

Nach Informationen dieser Redaktion arbeitet Schwarz-Gelb daher an einer Alternative, die zu einer „Schulberechtigung“ für Geflüchtete führen soll. In Kürze soll das Konzept vorgestellt werden.

Schulpflicht bis 25 ist wohl rechtlich nicht möglich

Eigentlich wollte die schwarz-gelbe Landesregierung schon im Herbst 2018 die im Koalitionsvertrag versprochene „Schulpflicht für nicht mehr schulpflichtige Flüchtlinge“ einführen. Aber daraus wurde nichts. „Rechtlich nicht möglich“, signalisiert das Schulministerium. Jetzt arbeiten gleich zwei Ministerien – das für Flüchtlinge und das für Arbeit – daran, in NRW keine Schulpflicht, sondern eine „Schulberechtigung“ einzuführen für junge Flüchtlinge bis 25 Jahre, die einen Schulabschluss nachholen wollen.

Nach Informationen dieser Zeitung plant die Landesregierung zusammen mit etwa 75 Kommunen in NRW ein neues Schul-Angebot für Flüchtlinge zwischen 18 und 25 oder sogar 27 Jahren. Dahinter steht die im vergangenen Jahr gegründete Landes-Initiative „Gemeinsam klappt’s“. Dieser Umweg zum Ziel ist nötig, weil, die Schulpflicht, die mit 18 Jahren endet, wohl nicht einfach so für bestimmte Menschen ausgedehnt werden kann.

„Gescheiterte Bildungsbiografien auch bei Deutschen“

Aus dem NRW-Schulministerium heißt es zur Begründung: „Auch bei Deutschen kommen abgebrochene, gescheiterte Bildungsbiografien vor. Für diese Inländer besteht jedoch keine weitergehende Schulpflicht über die derzeit geltende Rechtslage hinaus. Es wäre verfassungsrechtlich nicht begründbar, weshalb Flüchtlingen diese Pflicht gesetzlich auferlegt werden kann, Inländern dagegen nicht.“



Laut Ausländerzentralregister lebten Mitte 2018 rund 69.000 Flüchtlinge zwischen 18 und 25 Jahren in NRW. Aus Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin aus dem Jahr 2016 geht hervor, dass 55 Prozent dieser jungen Flüchtlinge in Deutschland mindestens zehn Jahre lang in ihren Heimatländern eine Schule besucht haben.
Studie: 26 Prozent haben keinen Schulabschluss

Zehn Prozent haben demnach nur eine Grundschule besucht, 26 Prozent besitzen keinen Schulabschluss und weitere 9 Prozent haben keine Schule besucht. Birgit Naujoks vom Flüchtlingsrat NRW schätzt, dass in NRW mindestens 10.000 junge erwachsene Flüchtlinge von einer Ausweitung der Schulpflicht oder einer „Schulberechtigung“ profitieren würden.
Modellprojekte zur Beschulung dieser Flüchtlinge in NRW haben gezeigt, dass in vielen Fällen ein Jahr zu kurz ist, um Flüchtlingen ohne Schulabschluss zu einem Hauptschulabschluss zu verhelfen, wie ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit erklärte. Zu groß sind offenbar die sprachlichen Hindernisse. Der gut gemeinte Versuch, diese Schulzeit auf zwei Jahre an diversen Berufskollegs auszuweiten, scheiterte offenbar an der Intervention des NRW-Schulministeriums.
Gibt es genügend Schul-Plätze und Lehrer?

Christiane Schönefeld, die Chefin der NRW-Arbeitsagentur, hat wiederholt daran erinnert, wie wichtig es in einer Zeit des zunehmenden Fachkräftemangels sei, die jungen Zugewanderten auch schulisch zu qualifizieren. Birgit Naujoks vom Flüchtlingsrat NRW hält viel davon, eine Schulpflicht für Ältere einzuführen. Die „Light“-Variante, also eine „Schulberechtigung“, wirft aus Naujoks Sicht Fragen auf. Denn das Recht zum Schulbesuch bedeute nicht, dass dann tatsächlich genügend Personal und freie Plätze zu Verfügung stünden.

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