Erstmal wird aber Weihnachten gefeiert

Auf Herbergssuche: Eine syrische Familie sucht ein neues Zuhause - wieder einmal




Im alten Pfarrheim in Holzkirchen hat Jangien Muslim mit seiner Familie ein neues Zuhause gefunden. Weil das Haus aber bald abgerissen werden soll, müssen die fünf umziehen. Eine Familie auf Herbergssuche.


Holzkirchen – Jangien Muslim fühlt sich inzwischen wie ein Holzkirchner. Der Syrer kam vor vier Jahren in die Marktgemeinde. Nach vielen schlimmen Jahren in der Heimat fühlt er sich seit seiner Ankunft in Deutschland sicher und respektiert. Er konnte seine Frau und seine zwei Kinder nach Holzkirchen holen. Vor 20 Monaten haben er und seine Frau Sherin ein weiteres Kind bekommen. Das Glück der Familie ist perfekt. Fast perfekt. Momentan wohnen sie in der Wohnung im alten Pfarrheim St. Josef. Bald müssen sie umziehen. Das Haus soll abgerissen werden. Noch ist unklar, wann die Bagger anrollen. Die gute Nachricht: „Unser Mietvertrag wurde gerade bis Ende 2019 verlängert“, sagt der 35-Jährige, „Das gibt uns Sicherheit.“ Und Zeit, sich eine neue Herberge zu suchen. Wieder einmal.




Muslims Flucht aus Syrien dauerte 111 Tage. Er habe seine Heimat verlassen müssen, erzählt er, weil er seinem Bruder geholfen hatte, den Militärdienst zu desertieren. „Meine Familie war in großer Gefahr, das wäre nicht mehr lange gut gegangen. Wir mussten weg“, erinnert er sich. Über Kobane an der syrisch-türkischen Grenze, floh er weiter über die Türkei, Griechenland, Serbien und Ungarn, schließlich gelangte er nach Deutschland.

In Holzkirchen wohnte er in der Flüchtlingsunterkunft an der Rosenheimer Straße. Rund ein Jahr nach seiner Ankunft erhielt er die Aufenthaltsgenehmigung. Die Unterkunft sollte er deswegen so schnell wie möglich verlassen. Eine Wohnung musste her. Kein leichtes Unterfangen. Oder wie es Muslim ausdrückt: „Undenkbar, keiner wollte mir eine Wohnung geben.“


Maria Korell, damals noch Holzkirchens Integrationsbeauftragte, konnte helfen. Sie besorgte Muslim zusammen mit dem Pastoralreferenten Richard Siebler die Wohnung im Pfarrhaus. „Das war unglaublich, so ein schönes Haus. Wir wohnen hier unheimlich gerne“, schwärmt der Syrer heute.


Mittlerweile hat der 35-Jährige Sprachkurse absolviert und arbeitet seit einem Jahr bei der Firma Zeppelin in Garching, als Sachbearbeiter im Öllabor in Vollzeit. „Ein guter Job, der mir sehr viel Spaß macht“, sagt er. Mit seinem ehemaligen Beruf in Syrien hat das nichts mehr zu tun. Dort besaß er einen kleinen Handy-Laden und reparierte Telefone. „Aber ich lerne gerne etwas Neues.“ Für den neuen Job habe er ein dickes Buch durchgearbeitet. „Nicht immer einfach, aber ich habe es bis zur letzten Seite geschafft“, erzählt Muslim.


Er und seine Familie haben es geschafft, ein neues Zuhause zu finden. Sie sind angekommen, in Holzkirchen und ihrem Heim im Pfarrheim. Jetzt freuen sie sich auf Weihnachten. Seine Frau Sherin wird einen Truthahn zubereiten, die Kinder Jansair, Delva und Zainab, sieben, sechs und ein Jahr alt, fiebern der Bescherung entgegen. Muslim und seine Familie sind zwar Moslems, dennoch wird das große Fest zu Jesu Geburt bei ihnen gefeiert. „Das mag ungewöhnlich sein, aber es steht doch nirgends, dass Moslems nicht Weihnachten feiern dürfen“, sagt der Familienvater schulterzuckend. In seiner Heimat sei es nicht unüblich, dass einige Moslemische Familien Weihnachten feiern. „Warum auch nicht.“


Eigentlich bleiben bei Muslim und seiner Familie keine Wünsche offen. „Wir haben alles, wir sind sehr glücklich, alles soll so weitergehen“, sagt er. Nur die Wohnungssuche ist immerzu im Hinterkopf. Aber Muslim hat sich etwas vorgenommen: „Wenn wir in einem Jahr die Wohnung verlassen müssen, will ich eine neue Unterkunft für uns haben.“


Auch Maria Korell ist wieder auf der Suche nach einer Wohnung. Sie ist zu einer Freundin der Familie geworden. „Natürlich unterstütze ich sie“, sagt sie. „Es fasziniert mich immer wieder, wie gut die Integration hier funktioniert hat.“ Und damit die Syrer auch weiterhin Holzkirchner bleiben können, klopft sie fleißig an Türen. In der Hoffnung, dass ein Vermieter aufmacht.

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