Claus Kleber lehrt die Österreicher das Fürchten

Henryk M. Broder

Warum heißt das heute-journal im ZDF heute-journal, wenn es von Claus Kleber moderiert wird? Müsste es dann nicht wenigstens „Klebers heute-journal“ heißen, besser noch: „Klebers Welt heute“?


Gestern zum Beispiel gab der österreichische Vize-Kanzler bekannt, dass sein Land den UN-Migrationspakt nicht unterzeichnen wird. Ohne Kleber, ersatzweise Dunya Hajali, vorher konsultiert zu haben. Worauf Kleber zu einer Attacke auf Österreich ansetzte, als hätte man ihm im „Weißen Rössl“ am Wolfgangsee Kutteln statt Powidltascherln serviert.


Kaum habe die Welt eingesehen, klagte er, dass es Probleme gibt, „die so gewaltig gross sind, dass man sie nur gemeinsam lösen kann“ – den Klimawandel, die Verschmutzung der Ozeane, die Abrüstung „und aktuell die Not von Flüchtlingen“ – komme dieses „Nur-gemeinsam-sind -wir-stark-Denken unter die Räder“. Denn: „An allen Enden der Welt kommen Anführer an die Macht, die ‚Mein Land First‘ rufen und auf internationale Lösungen pfeifen. Auch in Europa.“ Hier, ab 15:24
Entschuldige Claus, in welchem europäischen Land hat es neulich einen Putsch gegeben, bei dem „Anführer an die Macht“ gekommen sind? Meinst du jetzt Polen, Ungarn oder Bayern? Nach meinem Verständnis handelte es sich um Wahlen, an denen nicht einmal die OSCE etwas auszusetzen hatte. Und natürlich ist es die Aufgabe einer jeden Regierung „Mein Land First“ zu rufen, dafür wurde sie ja schließlich gewählt, und nicht „Mein Land Last“. Oder hast du es so in der Staatsbürgerkunde gelernt?


Der UN-Migrationspakt, sagt Kleber, „war auf gutem Weg, weltweite erstmal unverbindliche Regeln für den Umgang mit Flüchtligen aufzustellen“. Jetzt will Österreich nicht mitmachen. „Die USA des Donald Trump und Orban’s Ungarn sind schon raus.“ Ein „großes Projekt“ stehe vor der Gefahr des Scheiterns.
Wohin soll die Lava fließen?

Weltweite Regeln für den Umgang mit Flüchtligen aufzustellen, käme einem Vesuch gleich, Vulkanen vorzuschreiben, wann sie ausbrechen sollen und wohin die Lava fließen soll. Er entspringt dem gleichen Größenwahn wie die Vorstellung, man könnte dem Klima Auflagen machen. Ob der Pakt rechtlich verbindlich ist oder nicht, ist eine Frage der Auslegung, ebenso wie das Pariser Klimaabkommen. Es ist in jedem Fall absurd, Regeln festzulegen, die für mehr als 190 Staaten gelten sollen, wenn sehr viele Menschen aus Aghanistan und Pakistan nach Europa „flüchten“ und nur sehr wenige Menschen aus Europa nach Afghanistan und Pakistan.


Fast alle bi- und multirateralen Abkommen (von Kapitulationen am Ende eines Krieges abgesehen) beruhen auf dem Prinzip der Reziprozität. Zum Beispiel: Deutsche Airlines bekommen Landerechte in den USA, amerikanische in Deutschland.


Solche Überlegungen in einer 55 Sekunden kurzen Moderation unterzubringen, ist nicht einfach. Deswegen fällt auch unter den Tisch der Moderation, was den Kern des UN-Migrationspakates ausmacht: Dass die Flüchtlinge sich de facto das Land bzw. die Länder aussuchen können, in denen sie leben möchten. Kaum anzunehmen, das Afghanen in Somalia um Aufnahme bitten werden und Somalier in Pakistan. Rheinland-Pfalz wäre in jedem Fall die bessere Wahl. Im Gästehaus des ZDF am Lerchenberg sind noch ein paar Feldbetten frei. Und was wäre schöner, als spätabends von Claus Kleber in den Schlaf gewiegt zu werden.

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