Zuwanderung: Zahlen aus Chemnitz

Peter Grimm

Als in den letzten Wochen viele besorgte Journalisten an ihren Redaktionsschreibtischen die aufgeregten Nachrichten aus Chemnitz lasen, erklärten sie ihrem Publikum, wie irrational und unverständlich das abnorme Verhalten vieler Ostdeutscher, insbesondere vieler Sachsen sei. Schließlich könne sie doch nur irgendeine Störung oder tiefempfundener Fremdenhass dazu treiben, wegen der paar Zuwanderer zu protestieren und ein Problem darin zu sehen, wenn manche Migranten ihre tradierten Kontaktanbahnungs- und Konfliktaustragungsgepflogenheiten ausleben.


Gerade in Sachsen, so konnte man doch in den passenden Statistiken lesen, gebe es ja noch gar nicht so viele Ausländer, auch nicht so viele Muslime, wie in den bunteren Teilen der Bundesrepublik. Ist das bei den „besorgten Bürgern“ also nur Einbildung, fragten die besorgten Journalisten und empfahlen den besorgten Politikern, sie sollten doch die zahlreichen Organisationen und Vereine mit zusätzlichen Fördermittelmillionen bedenken, die den Sachsen immer wieder erklären, dass die Probleme, die sie sehen, gar keine sind und alles, was geschieht, letztlich auch ihr Leben irgendwie bereichern werde.


Das gab es zwar alles schon, kam nur bei den zu Bekehrenden nicht an. Vielleicht hilft es ja, wenn man mehr vom bislang Erfolglosen anbietet. Möglicherweise bleibt es aber auch erfolglos. Eventuell sogar kontraproduktiv, weil sich die Sachsen ihre Probleme gar nicht alle einbilden. Ein ketzerischer Gedanke für manch wohlmeinenden Meinungsbildner. Zur Beruhigung dieser sei angemerkt, dass es keineswegs irgendwie „rechts“ ist, wenn man auch beunruhigende Zahlen und Fakten zur Kenntnis nimmt.
Worüber muss man sich wirklich wundern?

Doch begeben wir uns nach Chemnitz. Nein, lassen Sie uns darauf verzichten, die Geschichten der Tötung eines Chemnitzers durch Asylbewerber, der anschließenden Demonstrationen und Gegenveranstaltungen, der Hitlergrüße und vermeintlichen Hetzjagd, des Antifa-Videoclips und der Staatsaffäre noch einmal zu erzählen. Kommen wir lieber zu der Frage, ob der normale Chemnitzer vielleicht einen Grund haben könnte, die Zuwanderung der letzten Jahre als problematisch zu empfinden.


Und da gibt es in der Statistik ein paar beunruhigende Zahlen, trotz des doch so geringen Ausländeranteils. Insbesondere bei jungen Männern bestimmter Altersgruppen sieht man nämlich eine dramatische Verschiebung. Bild berichtete dieser Tage von konkreten statistischen Zahlen aus Chemnitz für die Altersgruppe von 18 bis 29  Jahren. Bei Männern in diesem Alter lag der Ausländeranteil vor zehn Jahren noch bei 4,2  Prozent. Heute sind es stolze 28,1  Prozent, ihre Zahl hat sich also binnen weniger Jahre versechsfacht. Wenn jeder vierte junge Mann dieser Altersgruppe in Chemnitz ein Zuwanderer ist, dann verändert das eine Stadt dramatisch, auch wenn der Blick auf die Gesamtbevölkerung lediglich einen Ausländeranteil von acht Prozent ausweist.


Es kommen vor allem Männer und kaum Frauen, gleichzeitig ist die Zahl der deutschen Frauen in der Altersgruppe 18-29  Jahre in den letzten zehn Jahren um 31  Prozent zurückgegangen. Dass das Fragen aufwirft, dass da Spannungen entstehen, dürfte eigentlich niemanden verwundern. Was bedeutet das, wenn 28 Prozent der jungen Männer in einer Stadt mehrheitlich geprägt sind von einer Kultur, in der Gewalt bei der Konfliktklärung eine größere Rolle spielt als hierzulande und von einer Religionsideologie, die ihnen gottgegebene Überlegenheit zuspricht? Die integrieren sich nicht einfach so.


Wie reagieren einheimische junge Männer, wenn sie sehen, dass ihre Bedeutung daheim immer mehr schwindet und die von Fremden immer stärker zunimmt? Können die besorgten Politiker und die besorgten Journalisten nicht verstehen, dass es auch für viele Bürger angesichts solcher Zahlen und Aussichten Gründe gibt, besorgt zu sein? Und dass Unmut entsteht und gärt, wenn berechtigte Sorgen nicht ernst genommen werden, liegt eben nicht zwingend an einer unanständigen Gesinnung der Beunruhigten. Es liegt vor allem an Verantwortungsträgern, die einen dringenden Handlungsbedarf ignorieren und weginterpretieren wollen, weil er ihnen gerade nicht ins Weltbild passt.


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