Je weniger Wähler, umso mehr Staatsknete für die Parteien

Ist der Ruf erst ruiniert, bedienen sich die Parteien ungeniert. Zur Gewohnheit wird der Griff in die Staatskasse. Professionell organisiert mutiert Diebstahl zum politischen Geschäft. Das Recht bleibt auf der Strecke. Weil sie Usus ist, wird die Plünderung der öffentlichen Haushalte hingenommen. Nicht einmal den Bürger, um dessen Steuergroschen es geht, vermag das aus der Ruhe zu bringen. Lieber, als dass er sich aufregt, zieht er sich die sprichwörtliche Schlafmütze über die Ohren: Was soll’s. Die da oben tun doch ohnehin, was sie wollen.


Das machen sie in der Tat und immer dreister, solange sie damit durchkommen. Kaum an die Regierung gelangt, noch vor Ablauf der ersten hundert Tage ihrer Regentschaft, schleusten die Partner der Großen Koalition, CDU/CSU und SPD, eine Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung um 25 Millionen Euro durch den Bundestag. Lag die absolute Obergrenze für den jährlichen Zuwachs bis dahin bei 2,5 Prozent, schnellte sie nun um das Sechsfache auf rund 15 Prozent nach oben, von 165 auf 190 Millionen. Wenige Tage hatten genügt, um Beute zu machen, ohne großes Palaver im Parlament.

Der nächste Handstreich folgt auf dem Fuß

Zwar erregte der Fall draußen im Land, bei den Menschen, spontan einiges Aufsehen, doch war die Sache dann wieder so schnell vergessen, dass der nächste Handstreich auf dem Fuß folgte. Noch rechtzeitig vor der Sommerpause gönnten sich die Fraktionen des Bundestages eine Aufstockung der staatlichen Zuschüsse um 30 Prozent. Mit einer Zulage von 9 Prozent hatten sie in den letzten fünf Jahren auskommen müssen. Aber wie alles, das mit der Wiederholung seinen Schrecken verliert, wurde diese neuerliche Abschöpfung des Volksvermögens inzwischen kaum mehr bemerkt. Außerdem, wer macht sich schon gern bewusst, dass ihm andere in die Tasche greifen, weil sie ihm keinen ernsthaften Widerstand zutrauen.


Nicht zuletzt diese Angst vor der Kränkung erleichtert es den Volksparteien, nach Belieben in den Steuertopf des Volkes zu langen. Sie tun das umso ungehemmter, je mehr ihnen die Wähler davonlaufen. Rette sich, wer kann! Auf dem hohen Ross, auf dem wir sie noch vermuten sollen, reiten die etablierten Parteien schon lange nicht mehr. Eher dürfte ihren Granden die Angst im Genick sitzen, wenigstens insgeheim.


Kämen doch selbst CDU und CSU – so das Ergebnis der jüngsten Emnid-Umfrage – heute bestenfalls auf einen Stimmenanteil von 29 Prozent. Bei einer Wahlbeteiligung 71,5 Prozent, gleich der von 2017, stünden keine 13 Millionen der Wähler weiterhin zu den Christdemokraten. Bei der SPD wären es knapp acht, bei den Grünen schlappe sechs Millionen. Wer wollte da länger von „Volksparteien“ sprechen?

Denn sie wissen, was sie tun

Für so realitätsfern möchte man nicht einmal die Parteistrategen halten. Vielmehr ist ihnen zuzutrauen, dass sie wissen: Sie müssen sich beeilen, wenn sie ihr Scherflein ins Trockene bringen, etwas auf die hohe Kante legen wollen. Für die Abwägung von Recht und Gesetz bleibt dabei wenig Zeit. Notfalls muss der Nagel so lange gebogen werden, bis man ihn auf den Kopf trifft und die Richtlinien der staatlichen Parteienfinanzierung dem eigenen Bedarf entsprechen. Was denn sonst!


Um dieses Vorgehen zu rechtfertigen, werden Gefahren heraufbeschworen, vor denen die Parteien den Bürger nachher zu schützen versprechen, vorausgesetzt, er trägt mit seiner Steuerzahlung großzügiger zu ihrer Finanzierung bei. Ebenso wie das Flüchtlingsproblem und die Vielzahl unnötiger Bildungsreformen (erst G8, dann wieder G9) haben die Energiewende und die Eurokrise geholfen, die Kassen der Parteien zu füllen. Um den Bürger zu beruhigen, genügte es allemal, ihm zu versichern, es werde beim Bestand des Bestehenden bleiben. Niemandem werde etwas weggenommen.


Das klassische Geschäftsmodell einer Schutzgelderpressung, über die selbst die Opfer Stillschweigen bewahren, damit nicht herauskommt, wie sie sich als Volk, als der Souverän der Demokratie, vom parteilich organisierten Kartell ihrer Angestellten haben einschüchtern lassen.

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