Baden-Württemberg
Minister soll Gartenschau-Zusage an Flüchtlingshilfe gekoppelt haben



Die Stadt Ellwangen hat den Zuschlag für eine Landesgartenschau erhalten. Doch angeblich hat die Entscheidung mit dem Betrieb einer Flüchtlingsunterkunft zu tun. Das zuständige Ministerium spricht von einem Ausdruck der Dankbarkeit.


Eine Landesgartenschau als Belohnung für gute Flüchtlingsarbeit? Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) sieht sich in der Kritik, weil er die Vergabe der Blumenschau 2026 nach Ellwangen an den Verbleib der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) dort geknüpft haben soll. Das eine habe mit dem anderen gar nichts zu tun, kritisierte Ellwangens Oberbürgermeister Karl Hilsenbek (parteilos) einen entsprechenden Brief des Ministers. Hauk habe ihm am 3. Juli geschrieben, der Zuschlag für die Ausstellung ergehe „mit der Maßgabe“, dass die Kommune den Betrieb der LEA über 2020 hinaus verlängere. „Dafür habe ich gar kein Verständnis“, betonte Hilsenbek.
Zwar wird in der 24.000-Einwohner-Stadt gerade darüber diskutiert, ob die LEA dort bleiben darf. Aber unter Druck setzen lassen wollen sich die Ellwanger nicht. „Es darf in diesem Zusammenhang keine Kompensationsgeschäfte geben“, sagte Hilsenbek. Er erwarte, dass Hauk die Formulierung zurücknehme. Andernfalls werde er sich bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) beschweren. Wie andere Bewerber um Landesgartenschauen habe sich Ellwangen mit einer guten Bewerbung dem Wettbewerb gestellt.
„Fassungslos“ wegen des Vorgehens des Ministers zeigte sich SPD-Landeschefin Leni Breymaier. „Dies ist kein Deal, wie das neuerdings in den USA Sitte ist. Die Stadt hat ein herausragendes Konzept für die Ausgestaltung der Gartenschau vorgelegt. Das muss Grundlage für eine Entscheidung sein“, sagte Breymaier. Der Gemeinderat müsse seine Entscheidung – laut Stadt nach den Sommerferien – über die LEA frei treffen können. Der Minister dürfe die Stadt nicht erpressen.
„Land kann Zustimmung zum Weiterbetrieb nicht erzwingen“

Eine „Politik nach Gutsherrenart“ warf die AfD dem Minister vor. Der AfD-Landtagsabgeordnete Udo Stein forderte von Hauk eine Entschuldigung. Auch der CDU-Landtagsabgeordnete Winfried Mack meinte, dass eine „sachfremde Erwägung“ unzulässig sei. Ellwangen habe sich in einem fairen Bewertungsverfahren durchgesetzt. Eine besondere Leistung einer Stadt könne zwar in die objektive Bewertung einfließen. „Aber das Land kann nicht eine bestimmte kommunale Entscheidung zugunsten des Landes – in diesem Fall die Zustimmung zu einem Weiterbetrieb der LEA – erzwingen“, betonte Mack. „Dies würde das kommunale Entscheidungsrecht aushebeln und das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik beeinträchtigen.“
Der Minister ließ dazu am Freitag auf Anfrage mitteilen: Dank sei „die stärkste Form der Bitte“, die LEA weiterzuführen. Das sei die Erwartungshaltung der Landesregierung, hieß es in einer Mitteilung von Hauks Ministerium. Es sei richtig, die Erfahrungen und bestehenden Strukturen in Ellwangen weiterhin zu nutzen. Zudem sei die Zahl der Flüchtlinge und somit der Druck auf die LEA gesunken. „Der Zuschlag an die Stadt Ellwangen ist ein Dankeschön an die Bevölkerung“, sagte Hauk der Mitteilung zufolge.
Die Bürger in Ellwangen hätten viel Einsatz und Engagement in der Flüchtlingsarbeit gezeigt. „Deshalb war es dem Land ein besonderes Anliegen, nicht nur das gute Konzept, das die Stadt eingereicht hat, sondern auch dieses große bürgerschaftliche Engagement zu würdigen“, sagte der Minister. Ellwangen hatte am Dienstag den Zuschlag für die vom Land geförderten Blumenschauen bekommen. Das Land beteiligt sich an den Investitionskosten.

Die Erstaufnahmeeinrichtung in Ellwangen wurde durch eine missglückte Abschiebung bundesweit bekannt. Dort verhinderten im Mai zahlreiche Bewohner der Unterkunft die Abschiebung eines 23-jährigen Togolesen. Die Polizei musste abrücken und mit Verstärkung wiederkommen.
https://www.welt.de/politik/deutschl...elt-haben.html

Ein Kommentar zum Artikel über die Lea:

vor 2 Tagen
„Seit April 2015 kam es zu über 1000 Polizeieinsätzen in der Landeserstaufnahmestelle. Das ist mehr als ein Einsatz pro Tag.“ Diese Zahlen zur Ellwanger LEA hat der AfD-Landtagsabgeordnete Udo Stein in einer Pressemitteilung veröffentlicht. Stimmt, bestätigt Polizeisprecher Bernhard Kohn vom Aalener Präsidium. Ein Sicherheitsproblem für die Bevölkerung lasse sich daraus aber nicht ableiten. In einer kleinen Anfrage an die Landesregierung über die Kosten der LEA hatte Stein unter anderem die Frage nach den Polizeieinsätzen seit der Inbetriebnahme der Einrichtung gestellt und darauf hingewiesen: „Die Kosten dafür trägt natürlich der Steuerzahler.“ Worauf das Polizeipräsidium Aalen sich ans Zählen machte. Genau 1032 Einsätze in 672 Tagen kamen dabei heraus, hat Kohn ermittelt.