Die Flüchtlinge schon, die Probleme nicht eigentlich, wie man liest. Entweder werden sie im politisch korrekten Sinne gefaktencheckt oder sie bekommen den Stempel der Vorübergehenheit: Es geht vorüber und es ist alles halb so schlimm und außerdem: Es ist ja gar nicht wahr!

Cottbus. Beim Bürgerdialog in Schmellwitz wurde lebhaft, streitbar und sachlich debattiert. Von Andrea Hilscher



Voll war es in der Aula der Schmellwitzer Pestalozzi-Schule, überraschend voll. Zum vierten Cottbuser Bürgerdialog waren deutlich über 120 Gäste gekommen, dazu die komplette Rathausspitze und die wichtigsten Fachbereichsleiter. Sie alle stellten sich, ebenso wie Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) und Reinhard Drogla (SPD) den kritischen Fragen und Anmerkungen der Schmellwitzer Anwohner. Um Flüchtlinge ging es dabei ebenso wie um wucherndes Unkraut, die Zukunft der Demokratie und individuelle Problemlagen. Deutlich wurde vor allem eines: abgesehen von den auf Provokation angelegten Einwürfen der AfD-Landtagsabgeordneten Birgit Bessin wollten die meisten Besucher des Dialogs tatsächlich einfach nur reden und zuhören, jenseits aller Klischees.
Es geht vorüber und es ist nicht halb so schlimm:

Die wichtigsten Probleme:


Lärm in der Nachbarschaft.Ich fühle mich völlig überfahren“, sagt der Rentner Manfred Kühlisch. Die Flüchtlinge in der Nachbarschaft seien laut bis tief in die Nacht, niemand fühle sich zuständig und helfe bei Konflikten. GWC-Chef Dr. Torsten Kunze bat um Verständnis: „Ähnliche Probleme hatten wir auch mit Russlanddeutschen und Jugoslawen. Die neu Zugezogenen brauchen Zeit, um sich an unsere Gepflogenheiten zu gewöhnen.“ Wohnungswirtschaft, Stadtteilmanagement und Sozialdezernat sagten zu, wo immer möglich für ein störungsarmes Miteinander zu sorgen.
Es ist nicht wahr! (Nebenbei: Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Laufstrecken, auf denen Müll wie nebenbei zu Boden fällt, in anderen Wohnbezirken liegen und nur zufällig auf den begangenen Routen. So manche Plastiktüte landet dann im Garten und auf der privaten Grünfläche)

Müll auf den Grundstücken. Der Saspower Christian Fünfgeld beklagte die vielen wilden Müllplätze in Schmellwitz, andere Anwohner vermuteten Zusammenhänge zwischen Flüchtlingszuzug und Müllablagerung. Letzteres wurde schnell wiederlegt: Die größten Kippen liegen vor Häusern, die nicht von Flüchtlingen bewohnt werden. Ersteres ist ein schwer zu begreifendes Phänomen. Ordnungsdezernent Thomas Bergner: „In Cottbus sind wir in der glücklichen Lage, dass wir einfach nur die Alba anrufen müssen, wenn wir Sperrmüll loswerden wollen. Wilder Müll muss nicht sein.“
Das stimmt alles nicht und Ihr Büger müßt erst einmal belegen können, was Ihr niemals belegen können werdet:

Schwarzfahren und kostenlos telefonieren. Das Gerücht, Zugewanderte könnten kostenfrei Bus und Bahn nutzen, kriegten auch fürs Telefonieren Geld von der Stadt, hält sich hartnäckig. Sozialdezernentin Maren Dieckmann: „Flüchtlinge haben wie Hartz VI-Empfänger Anrecht auf ein verbilligtes Mobilitätsticket. Das zeigen sie bei Kontrollen vor. Extra Fahrscheine müssen sie daher nicht lösen. Fürs Telefonieren bekommen sie kein Geld.“
Ja, und hier wird an die Empathie appelliert, wo es nicht mehr gelingt, die freiwilligen Ausreisen von Rotationseuropäern, die auf diese Weise die Zusicherung erhalten, in absehbarer Zeit wieder einreisen zu dürfen, als Erfolg zu verbuchen.
(Die Ausreisenden bekommen für ihren Heimaturlaub viel Geld von der Bundesregierung in die Hand gedrückt): Wer einmal eine Abschiebung erlebt hat....

Abschiebungen und Ausreisen. Viele Anwesende sorgen sich, dass abgelehnte Asylbewerber dauerhaft in der Stadt bleiben. Carsten Konzack, zuständig für die Ausländerbehörde Cottbus/Spree-Neiße: „Wir können erst dann tätig werden, wenn eine bestandskräftige Entscheidung vorliegt. Dann sind wir sehr konsequent.“ Erst versuche die Behörde, eine freiwillige Ausreise zu arrangieren, wenn das nicht klappt, wird abgeschoben. In den vergangenen drei Jahren reisten rund 360 Menschen freiwillig aus, ebenso viele wurden abgeschoben. OB Holger Kelch: „Wer jemals bei einer Abschiebung dabei war, der weiß: Das ist ein schlimmer Job.“
https://www.lr-online.de/lausitz/cot...n_aid-23387467