Klartext - die Kolumne von Ahmad MansourIm Umgang mit dem Islam machen deutsche Politiker immer denselben arroganten Fehler
Die Islampolitik, egal ob von linken oder konservativen Parteien geführt, stärkt undemokratische und rückwärtsgerichtete Islam-Vertreter. Die Macher dieser Politik zeigen damit nicht nur Ignoranz gegenüber der Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime, sondern handeln teilweise fahrlässig. Und gefährden damit unseren Zusammenhalt, unsere Werte und unsere Demokratie.

Mit Befremdung musste man die Meldung der nordrhein-westfälischen Bildungsministerin (FDP) vor einigen Wochen aufnehmen, wonach DITIB, die Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion e.V., künftig einer der Partner für den Islamunterricht an staatlichen Schulen sein soll.
Ein Verband, der in den letzten zehn Jahren immer wieder durch fehlende Distanz zu antisemitischen und homophoben Einstellungen aufgefallen ist und häufig zeigte, dass sie als türkische Organisation mehr auf Seiten Erdogans als auf der des Grundgesetztes steht. Er steht unter Verdacht, seine Moschee- und Vereinsstrukturen mehrfach nicht nur dafür genutzt zu haben, um für den türkischen Präsidenten Propaganda zu machen, sondern auch Erdogans Gegner hier in Deutschland auszuspionieren, einzuschüchtern und unter Moscheebesuchern gegen sie Stimmung gemacht zu haben.)

Was die Regierungen in Hamburg und Berlin machen, irritiert mich

Irritierend auch, dass die jetzige rot-rote Koalition Hamburgs das Erbe von Olaf Scholz weiterführt, indem sie am Staatsvertrag mit der Schura, dem Rat der Islamischen Gemeinschafen in Hamburg e.V., festhält. Damit erhält die Hamburger Koalition eine Dialogplattform zwischen der Regierung und Hamburger Muslimen aufrecht, zu denen das Islamische Zentrum Hamburg gehört. Laut Verfassungsschutz ein weisungsgebundener Außenposten des Iran, der Antisemitismus und Hass gegen Israel, Schwule und alles verbreitet, das den islamistischen Werten des iranischen Regimes passt.
Auch in Berlin beruft der Senat mehr als zweifelhafte Experten in eine Kommission gegen antimuslimischen Rassismus. Am Beispiel Mohamad Hajjaj zeigt sich, wie wenig Verantwortung in einer Landesregierung übernommen wird. Anders lässt sich die Berufung einer Figur wie Hajjaj nicht erklären, da er in durch den Verfassungsschutz als islamistisch eingestuften Vereinen aktiv war, und dessen eigener Verein Inssan e.V. sowie einige seiner Mitglieder nachweislich Bezüge zu islamistischen Organisationen aufweisen und zeitweise vom Verfassungsschutz beobachtet wurden oder es derzeit noch werden.

Im Januar dieses Jahres fand der "Tagesspiegel" heraus, dass die Berliner Hotline für muslimische Seelensorge, die auch in Zeiten von Corona Muslimen Halt und seelische Hilfe anbieten soll, von „Islamic Relief Deutschland“ betrieben wird. Ebenso wie Inssan e.V. ein Verein, der laut Bundesregierung ernstzunehmende Verbindungen zur „Muslimbruderschaft“ oder ihr nahestehende Organisationen“ hat, deren Ideologie als verfassungsfeindlich einzustufen ist.
Bereits 2018 offenbart Seehofer den großen Fehler in der deutschen Islam-Politik

Auch auf Bundesebene sieht die Lage nicht anders aus, obwohl man meinen sollte, ein CSU-geführtes Innenministerium sollte eine andere Islampolitik betreiben, eine Alternative schaffen und jenseits von konservativen Verbänden nach Partnern suchen. Schließlich kündigte Herr Seehofer schon am Anfang seiner Zeit als Bundesinnenminister an, einen deutschen Islam schaffen zu wollen. Doch von Seehofers großen Worten bleibt kurz vor seiner politischen Rente nicht viel übrig. In Erinnerung bleibt seine Rede in der deutschen Islamkonferenz 2018.
Denn schon da bemerkte man sein Unwissen, seine Überforderung mit dem Islam. Immer wieder fragte er, warum Muslime sich nicht auf einen Ansprechpartner einigen können und klagte mehrfach, wie schwierig es für seine Protokollführer sei, den richtigen Muslim für das Sommerfest einzuladen. Und hier offenbart sich der zentrale Fehler unserer Islampolitik: Immer wieder versuchen wir dem Islam die kirchlichen Strukturen aufzuzwingen, gerne wollen wir ein, zwei muslimische Organisationen haben, mit denen wir die Islamfragen verhandeln können.
Doch der Islam kennt solche Strukturen nicht, er ist nicht hierarchisch organsiert, er ist sogar überhaupt nicht organsiert. Und anstatt neuer Wege, landen die Politiker, ihre Berater und die vielen Beamten, vor allem im Innenministerium, bei den muslimischen Verbänden, die alle zusammen nicht einmal 25% der Muslime in Deutschland repräsentieren, obwohl die meisten von ihnen konservative und problematische Inhalte predigen, die Integration von Muslimen erschweren, teilweise Verbindungen zu Regimes und Auslandsregierungen und Organisationen aufweisen, bleibt man stur und führt mit ihnen Dialoge, Projekte, Gespräche.

Damit gibt man ihnen die Legitimation im Namen DER Muslime zu sprechen, wie einen Halal-Stempel mit dem sie bei staatlichen Organisationen, Medien und Politikern hausieren gehen. Schließlich braucht jeder interkulturelle und interreligöse Bilder, um seine Toleranz, Vielfalt und Moral sichtbar zu machen. Die Tatsache, dass man in den Fall der muslimischen Verbände eigentlich intolerante, einfältige und teilweise demokratiefeindliche Organisationen fördert, scheint die meisten weniger zu interessieren. Und hier kann man nicht mehr von Naivität sprechen, denn die Informationen über die Inhalte, die Verbindungen solcher Organisationen sind bekannt, für alle, die es sehen wollen.
75 Prozent der der Muslime in Deutschland sind nicht organisiert - Die Politik ignoriert das

Geopfert für diese Politik werden die Muslime, besonders die 75% der nicht organisierten Mehrheit der Muslime, unsere Nachbarn, Kollegen, Freunde, die mit solchen Vereinen kaum etwas zu tun haben, die in dieser Debatte von Politik, Medien und Kirchen ignoriert werden. Geopfert werden ebenso die liberalen Kräfte der Muslime in Deutschland, diejenigen die als Mahner auftreten, die ihre Religion hier in Deutschland ohne Wenn und Aber mit demokratischen Grundprinzipien vereinbaren wollen, auf die problematischen Inhalte der konservativen Islamverständnisse aufmerksam machen, ihr Leben gefährden und teilweise unter Personenschutz leben müssen.
Denn zunehmend werden sie in diesem Dialog als Störfaktor, als Krawallmacher wahrgenommen. Diejenigen, die die von der Politik erzeugte künstliche Harmonie stören. Denn diese Politik hat kein Interesse daran, etwas zu verändern, sie hat kein Interesse daran, Alternativen zu schaffen, Antworten auf die tatsächlichen Herausforderungen des Islam in Europa zu schaffen. Warum auch so eine anstrengende Politik betreiben, wenn man mit wenigen Bildern Symbolpolitik betreiben kann, hier und da ein paar Arbeitskreise, hier und da ein paar Pressetermine und Sonntagsreden.
Deutsche Politiker müssen endlich jenseits der Religion denken

Um tatsächliche Veränderungen zu initiieren, muss die Integration von Muslimen jenseits ihrer Religion gedacht werden, pädagogisch, menschenrechtsorientiert, professionell, um daraus Demokratie und echte Vielfalt zu fördern. Das bedeutet eine innerislamische Auseinandersetzung voranzubringen, eine, die in der Lage ist, eine Theologie zu schaffen, die Muslimen endlich den Widerspruch zwischen Religion und Menschenrechte auflöst, Radikalisierung und Parallelgesellschaften bekämpft und mehr Integration fordert, durch mehr Gleichberechtigung, mehr Meinungsfreiheit und mehr echter Teilhabe
Eine offene, tabufreie Debatte wird zu Lösungen führen, zum Nachdenken und zu besserer Prävention. Und sie wird sowohl Rechtsradikale als auch Islamisten schwächen. Dazu muss allen klar werden, dass Muslime nicht für die „Opferrolle“ oder für die „ich bin für Vielfalt“-Politik gecastet werden wollen, sondern als gleichberechtigte Bürger gleiche Rechte und Pflichten wahrnehmen wollen.


Bei Islam-Politik machen deutsche Politiker immer denselben arroganten Fehler - FOCUS Online