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    Die Geschichte von Mohammed

    Flüchtlingshilfe in Jena: „Die Erfahrung hat mein Leben verändert“

    Susanne Kirchmeyer hat bei ihrer Arbeit mit Flüchtlingen in Jena enge Freunde gewonnen und ihr politisches Interesse wiederentdeckt


    Jena. Als in der Turnhalle in der Schrödingerstraße in Winzerla im September 2015 Flüchtlinge untergebracht wurden, berührte Susanne Kirchmeyer die Lebenssituation der Menschen. Sie wohnt in der Nachbarschaft und wollte sofort helfen. Seitdem ist sie in der Flüchtlingshilfe aktiv.
    Aus Nachbarschaftshilfe ist politisches Engagement geworden und noch viel mehr: Freundschaften mit anderen Helfern und mit geflüchteten Menschen. Von ihren sechs syrischen Freunden, die 2015 in Jena ankamen, habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) fünf einen Flüchtlingsstatus zugesprochen. Sie haben ihre Familien inzwischen nachgeholt. Der Sechste ist Mohammad (Name von der Redaktion geändert).
    Susanne Kirchmeyer möchte uns sein Schicksal erzählen, um nahezubringen, wie einzelne geflüchtete Menschen von der aktuellen Regelung für subsidiär Schutzbedürftige betroffen sind. Wir konnten nicht mit Mohammad persönlich sprechen, weil er sich zum Zeitpunkt des Interviews in der psychiatrischen Klinik befand.
    Als Mohammad erfuhr, dass sich SPD und Union in den Sondierungsgesprächen geeinigt haben, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzbedürftigen weiter zu verzögern, habe es ihm den Boden unter den Füßen weggezogen, erzählt Kirchmeyer. Er sei zusammengebrochen und verzweifelt gewesen. Sie ging mit ihm zum Hausarzt, der ihm geraten habe, sich in die psychiatrische Klinik einweisen zu lassen. Es bestehe Suizidgefahr und er stehe unter Medikamenten.
    Kirchmeyer ist wütend und traurig, als sie von Mohammad erzählt. Wütend, weil der Familiennachzug ausgesetzt wird, ohne dass eine klare Perspektive für die Betroffenen geschaffen werde. Und traurig, weil Mohammad ein guter Freund von ihr sei, mit dem sie schon viel durchgemacht habe. Beispielsweise hat sie ihn zu seinem Interview beim Bamf nach Berlin begleitet. Das Bamf entschied, dass er einen subsidiären Schutzstatus erhält. Mohammad hat dagegen beim Verwaltungsgericht Widerspruch eingelegt.
    Das Bamf bearbeitete Mohammads Asylantrag im Frühling 2016, nachdem zwei neue Regelungen in Kraft traten: Zum einen wurde der Familiennachzug für Angehörige subsidiär Schutzbedürftiger zwei Jahre vom 17. März 2016 bis 16. März 2018 ausgesetzt. Zum anderen wurde syrischen Flüchtlingen zunehmend subsidiärer Schutz zugesprochen statt eines Flüchtlingsstatus. Das Bamf stufte Mohammad als subsidiär schutzberechtigt ein. Für Kirchmeyer sei es schlimm, keinen Trost spenden zu können. Die Regelung zum Familiennachzug sei, bis ein Gesetz ausgestaltet wurde, undurchschaubar.
    Handykontakte sind für Betroffene wichtig

    Ihre Kritik an der Entscheidung, Mohammad subsidiären Schutz zu gewähren, äußerte Kirchmeyer in E-Mails an das Kanzleramt, das Bundespräsidialamt und führende Politiker. Sie erhielt Antwort vom Koordinierungsstab Flüchtlingspolitik des Bundeskanzleramts, in der die Mitarbeiterin schreibt: „Ich rege an, das weitere Vorgehen mit Ihrem Anwalt zu besprechen.“ Die vom Gesetz Betroffenen seien 30- bis 40-jährige Männer, die ihre Familie aus den Krisengebieten nachholen wollten. Kirchmeyer fragt sich, wie die vaterlosen Familien überleben sollen.

    Mohammads Familie sei über die Berge von Syrien in die Türkei geflohen. Sie halten Kontakt über Whatsapp und Facebook. Der Kontakt per Smartphone sei genauso wichtig wie Essen oder Unterkunft. Die Verbindung baue einen ungeheuren Druck auf die Verwandten in Deutschland auf, gibt Kirchmeyer zu Bedenken.
    „Viele Familien geben ihnen die Schuld und denken, sie würden sich nicht ausreichend bemühen, ihren Nachzug zu organisieren.“ Ihrer Erfahrung nach herrsche auf dem türkischen Arbeitsmarkt Willkür gegenüber Geflüchteten. „Sie werden als Tagelöhner ausgenutzt, bekommen niedrige oder keine Löhne“, sagt Kirchmeyer. „Zudem steigen die Mieten in Städten in der Türkei und Syrien, in denen viele Flüchtlinge wohnen.“ Nicht alle bekommen einen Platz in den Unterkünften des UNHCR oder anderer Hilfsorganisationen.
    und ihre Familie sind viel politischer geworden, seit 2015 viele Menschen vor dem syrischen Bürgerkrieg nach Deutschland flohen. Deutsche Politik wie die neue Regelung zum Familiennachzug verfolge und diskutiere sie seither intensiv. „Die Erfahrung in der Flüchtlingshilfe hat mein Leben verändert. Ich habe mein Land und meine Mitmenschen neu kennengelernt“, sagt Kirchmeyer. Sie habe viele wertvolle Freundschaften gewonnen und tolle Speisen entdeckt. Es sei schön, Erfolge zu sehen, etwa wenn sie für eine Familie eine Wohnung finde. „Leider ist es, wenn kein Deutscher dabei ist, fast unmöglich, eine Wohnung zu bekommen“, sagt sie.
    In 2015 hielt Kirchmeyer mit weiteren Helfern in der Übergangsunterkunft in der Turnhalle in Winzerla einen rudimentären Deutschunterricht ab. Die Idee des „Weltraumes“, Räumlichkeiten in der Innenstadt zum Lernen und Zusammensitzen, kam auf. Viele junge und ältere Jenaer setzten sich ein, ein Teil der Leute ist bis heute aktiv. Dass Deutschkenntnisse wichtig sind, sei ihr, die den Großteil ihres Berufslebens Deutsch als Fremdsprache unterrichtete, besonders bewusst. Kirchmeyer ist Leiterin des Sprachenzentrums der Bauhaus-Universität Weimar.
    „Meine Kinder sind inzwischen aus dem Haus und ich habe mehr Zeit“, erzählt Kirchmeyer. „Sechs Syrer, ihre Familien und befreundete Ehrenamtliche sind quasi meine Ersatzfamilie.“ Sie treffen sich zu Gartenfesten oder zu Weihnachten. Ihre Freunde haben unterschiedlich gute Deutschkenntnisse und sie helfe manchen etwa bei behördlichen Schreiben. „Viele helfen in der Weise wie ich und mir ist wichtig, dass der Einsatz aller gewürdigt wird“, sagt sie.
    http://jena.otz.de/web/jena/startsei...ndert-63988141
    Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.
    Gustav von Rochow (1792 - 1847), preußischer Innenminister und Staatsminister

  2. #2
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    AW: Die Geschichte von Mohammed

    Hauptsache das I-Net/Handy funktioniert in den "Krisengebieten".

    Jetzt weiß ich auch , warum hier in unserem Kaff obwohl angekündigt, dann doch keine Neubürger angesiedelt wurden: der Handyempfang ist schlecht und das I-Net hat auch nicht die gewünschte Bandbreite...

  3. #3
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    AW: Die Geschichte von Mohammed

    „Meine Kinder sind inzwischen aus dem Haus und ich habe mehr Zeit“, erzählt Kirchmeyer. „Sechs Syrer, ihre Familien und befreundete Ehrenamtliche sind quasi meine Ersatzfamilie.“
    Aha, von wegen uneigennützig.
    Alle Texte, die keine Quellenangaben haben, stammen von mir.

  4. #4
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    AW: Die Geschichte von Mohammed

    Zitat Zitat von Realist59 Beitrag anzeigen
    Aha, von wegen uneigennützig.

    Hoffen wir mal, dass die Ersatzfamilie nicht zum Erben eingesetzt wird. Das nämlich würde ihre Familie nicht so sehr freuen, aber manchmal zahlt man den eigenen Kindern auch heim, dass sie sich nicht so kümmern, wie man hätte, während andere doch vor Ort und immer da sind: Die Ersatzfamilie.
    Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.
    Gustav von Rochow (1792 - 1847), preußischer Innenminister und Staatsminister

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