Eklat um Uwe Tellkamp
Suhrkamp wechselt ins Lager der Gesinnungsprüfer

Der preisgekrönte Autor Uwe Tellkamp provoziert mit Äußerungen über Flüchtlinge. Bei einer Diskussion in Dresden sprach er davon, dass „Flüchtlinge ins Sozialsystem einwandern wollen“. Sein Verlag distanzierte sich.
Der Suhrkamp Verlag distanziert sich von seinem Autor Uwe Tellkamp. Der hatte sich gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung ausgesprochen. Wenn das so weitergeht, ist es mit der Meinungsfreiheit bald vorbei.
Nun hat sich der Verlag also von Uwe Tellkamp distanziert. Man sah es kommen. Denn der Verfasser des mit Abstand bedeutendsten (und im besten Sinne kritischen!) DDR-Romans, den wir seit der Wende gelesen haben („Der Turm“), notabene auch eines der bestsellenden Pferde im Suhrkamp-Stall, Uwe Tellkamp also hat sich nach den Übergriffen auf rechte Verlage im Rahmen der Frankfurter Buchmesse im vergangenen Herbst bei den Unterzeichnern einer sogenannten „Charta 2017“ eingereiht.

Die erhoben Einspruch gegen den Umgang mit dem rechten Buchspektrum. Und sie warnten auch vor einer „Gesinnungsdiktatur“ von links. Das ist vielleicht ein wenig alarmistisch formuliert, wie die Rechten halt so sind. Aber die politisch Korrekten stehen ihnen ja wahrlich in nichts nach, was das Schwelgen in apokalyptischen Szenarien angeht. Wir sind schließlich in Deutschland, und da wird man seiner „Lust am Untergang“ ja wohl noch frönen dürfen, wenn man sonst schon keine Quellen der Lust mehr kennt, die einen auf Touren bringen.


Seit Tellkamp sich also auf die Seite der „Charta 2017“ schlug, dachte man schon: Au weia, das kann nicht lange gut gehen. Und nun ist es am Donnerstag auch prompt passiert. Der Autor wiederholte bei einem Streitgespräch mit dem gleichfalls bei Suhrkamp veröffentlichenden Dichter und Essayisten Durs Grünbein seine Position.
https://www.welt.de/debatte/kommenta...gspruefer.html

Das war passiert:

Tellkamp und der Dichter Durs Grünbein hatten sich einen verbalen Schlagabtausch um die Flüchtlingspolitik und Meinungsfreiheit geliefert. Bei der Debatte vor mehreren Hundert Zuschauern im Dresdner Kulturpalast sagte der 49-jährige Tellkamp zu den Motiven von Flüchtlingen unter anderem: „Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern, über 95 Prozent.“
Grünbein verteidigt Flüchtlingspolitik

Ein Ausgangspunkt der Debatte war die „Charta 2017“, die von einer Dresdner Buchhändlerin ins Leben gerufen wurde. Damit reagierte sie auf den Umgang der Frankfurter Buchmesse mit rechten Verlagen 2017. Im Kampf gegen rechts habe sich die Gesellschaft „nicht mehr weit von einer Gesinnungsdiktatur entfernt“, heißt es in dem Appell. Tellkamp hatte ihn unterzeichnet, Grünbein nicht.
Grünbein (55), wie Tellkamp in Dresden geboren, warb für einen Wandel in der politischen Debatte und verteidigte die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Tellkamp bemängelte, dass die Grenzöffnung am Bundestag vorbei erfolgt sei. Den Medien unterstellte er, in der politischen Auseinandersetzung mit zweierlei Maß zu messen.
In seinem Roman „Der Turm“ (2008) hatte Tellkamp die letzten Jahre der DDR von 1982 bis 1989 im bürgerlichen Dresdner Milieu aufgearbeitet. Dafür erhielt er den Deutschen Buchpreis und weitere Auszeichnungen.
Regisseur Christian Schwochow verfilmte den Roman mit Jan Josef Liefers und Claudia Michelsen in den Hauptrollen. Der von der ARD im Oktober 2012 erstmals ausgestrahlte Zweiteiler wurde mehrfach preisgekrönt. Das Werk wurde auch auf die Bühne gebracht.
https://www.welt.de/kultur/article17...zuwandern.html