Fast eine Schiesserei pro Tag im Durchschnitt und mehr als 40 Tote als Folge: Das ist, in den Worten von Schwedens sozialdemokratischem Ministerpräsidenten Stefan Löfven, die bedenkliche Bilanz des Jahres 2017 in Schweden. Nicht weniger dramatisch äussert sich der Oppositionsführer Ulf Kristersson. Er spricht von Angriffen auf Polizeiautos, Sprengstoffanschlägen auf Polizeiposten, Schüssen gegen die Wohnung eines Polizisten. Einig sind sich Polizei, Politiker und Sicherheitsexperten, dass es sich bei vielen der beobachteten Vorfälle um Auswüchse eines Bandenwesens handelt, das sich nicht nur stetig auszubreiten scheint, sondern auch zunehmend in den öffentlichen Raum drängt. Es ist das Letztere, was in der Bevölkerung besondere Unruhe schürt.


Denn in den nach schwedischer Sprachregelung «sozial besonders stark exponierten Vororten», von welchen es in Stockholm, Göteborg und Malmö insgesamt rund zwei Dutzend gibt, fühlen sich viele nicht mehr sicher auf der Strasse. Die Zeitung «Aftonbladet» schrieb, seit 2011 hätten von 131 tödlichen Schiessereien in den drei Grossstadtregionen mindestens 100 im öffentlichen Raum stattgefunden.


Für die Politik besteht unmittelbarer Handlungsbedarf; umso mehr, als im September ein neues Parlament gewählt wird und Sicherheit zu einem der zentralen Themen des Wahlkampfs werden dürfte. Die rechtsnationalen Schwedendemokraten verlangten bereits, in den Problemquartieren das Militär einzusetzen, wenn die Polizei überfordert sei. Der Vorschlag wirbelte viel Staub auf; Sicherheitsexperten konterten, dass das Militär für solche Aufgaben gar nicht ausgebildet sei.
https://www.nzz.ch/international/sch...aum-ld.1362803